Der ewige Held 03 - Das ewige Schwert
Wald eingedrungen, als wir hinter einem breit gefächerten Strahl dunstigen Sonnenlichts eine hochgewachsene, gepanzerte Gestalt stehen sahen. Sie war von Kopf bis Fuß in schwarzes und gelbes Eisenzeug gehüllt.
Zuerst war ich erleichtert, Sepiriz hier zu treffen. Aber dann kam mir der Gedanke, daß auch er ein Trugbild sein konnte. Ich blieb stehen. Von Bek und Alisaard folgten meinem Beispiel.
»Seid Ihr es, Herr Ritter in Schwarz und Gold?« fragte ich ihn und faltete die Hände über dem Actorios. »Wie kommt es, daß wir Euch im Reich des Chaos finden? Oder dient Ihr jetzt dem Chaos?«
Der gepanzerte Mann trat in den Lichtschein. Seine glänzende Rüstung schien aus sich heraus zu leuchten. Er lüftete den Helm und enthüllte die beeindruckenden ebenholzschwarzen Züge, die keinem anderen gehören konnten als Sepiriz, dem Diener des Gleichgewichts. Er
war über mein Mißtrauen belustigt, aber auch voller Anerkennung.
»Ihr tut recht daran, alles in diesem Reich in Frage zu stellen«, sagte er. Er gähnte und reckte sich in seiner Metallhülle. »Vergebt mir, ich habe geschlafen, während ich auf Euch wartete. Ich bin froh, daß Ihr den Eingang gefunden habt. Ich bin froh, daß Ihr den Mut hattet, ihn zu durchschreiten. Aber nun müßt Ihr größeren Mut beweisen als jemals zuvor. Hier in den Alptraum-Marken könnt Ihr unvorstellbaren Schrecken oder auch ein Mittel zur Rettung der Sechs Reiche finden - und mehr! Aber das Chaos hat mannigfaltige Waffen in seinem Arsenal, und nicht alle sind leicht zu erkennen. Eben jetzt bereitet Sharadim ihr Geschöpf darauf vor, Eure Seele aufzunehmen, Held. Begreift Ihr, was das zu bedeuten hat?«
Er konnte sehen, daß ich es nicht begriff.
Er zögerte und fuhr dann fort: »Der Leichnam, den sie wiederbelebt hat, wird in der Lage sein, das Drachenschwert zu ergreifen - wenn er im Besitz Eurer Lebenskraft ist, John Daker. Sharadim kontrolliert diesen Schein-Flamadin, und damit ist er ihr willenloses Werkzeug. Sie riskiert weitaus weniger, als wenn sie selbst das Schwert in Besitz nehmen würde.«
»Dann versucht sie also, ihren Verbündeten, Erzherzog Balarizaaf, zu hintergehen, der glaubt, daß sie das Schwert für ihn führen wird?«
»Ihm ist es gleich, wer schließlich das Schwert beansprucht - solange es in seinem Sinne geführt wird. Deshalb sähe er Euch lieber als Verbündeten, denn als Feind, Held. Das ist wert, sich daran zu erinnern. Und bedenkt auch dies - nicht der Tod ist es, den man in den Alptraum-Marken zu fürchten hat. Der Tod als solcher existiert hier kaum. Aber in dieser Welt unsterblich zu sein ist das furchtbarste Los von allen! Und Ihr müßt gleichfalls bedenken, daß Ihr hier Verbündete habt. Ein Hase wird Euch zu einer Schale führen. Die Schale wird Euch den Weg zu einem gehörnten Pferd weisen. Das gehörnte Pferd wird Euch zu einer Mauer bringen. Und in dieser Mauer werdet Ihr das Schwert finden.«
»Wie können solche Geschöpfe in einer Welt leben, die von der Tyrannei des Chaos beherrscht wird?« verwunderte sich Lady Alisaard.
Sepiriz schaute auf sie herab, und sein Lächeln war sanft. »Selbst im
Reich des Chaos gibt es einige Wesen von so vollkommener Reinheit und Lauterkeit, daß nichts sie berühren kann. Oft ist es gerade das Herz des Chaos, das die mit der größten Kraft, ihm zu widerstehen, sich als Aufenthaltsort erwählen. Ein Widerspruch, der den Lords des Chaos durchaus Vergnügen bereitet. Eine Ironie, an der selbst die ernsten Lords der Ordnung ihre Freude haben.«
»Und weil Ihr diese Reinheit besitzt, seid Ihr fähig, in den AlptraumMarken zu kommen und zu gehen, Lord Sepiriz?« erkundigte sich von Bek.
»Ihr habt recht, mich das zu fragen, Graf von Bek. Nein, meine Zeit in diesem Reich ist begrenzt. Wäre es anders, würde ich mich zweifellos selbst auf die Suche nach dem Drachenschwert begeben!« Er lächelte wieder. »Als einem Abgesandten des Gleichgewichts wird mir mehr Bewegungsfreiheit zugestanden als anderen Geschöpfen. Aber sie ist keineswegs unbegrenzt, diese Freiheit. Meine Zeit hier läuft ab. Auf keinen Fall möchte ich Balarizaafs Aufmerksamkeit auf euch lenken. Noch nicht.«
»Wird Sharadim eine Möglichkeit finden, dem Chaosherrscher mitzuteilen, daß wir uns in seinem Reich aufhalten?« fragte ich.
»Sie kann nicht nach Belieben mit ihrem Verbündeten sprechen«, teilte Sepiriz mir mit. »Aber sie könnte sich entschließen, selbst die Alptraum-Marken zu betreten. Das würde euch in die
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