Der ewige Held 03 - Das ewige Schwert
immer wieder vor Augen, daß ich John Daker war. Ich war ein Maler von einigem Ansehen gewesen, glaubte ich mich erinnern zu können, mit einem Atelier, von dem aus man über die Themse blicken konnte.
Flamadin spürte meine Gegenwart, als ich mich eben auf ihn herabfallen lassen wollte. Seine Totenaugen richteten sich in die Höhe. Er machte den Eindruck eines verstörten Kindes, dem man sein neues Spielzeug wegnehmen wollte.
»Bitte«, sagte er leise. »Laß es mir noch eine kleine Weile. Sharadim möchte das auch.«
»Es ist nicht genug Zeit«, erwiderte ich.
Ich ließ mich fallen und kam neben ihm auf. Den Actorios vor mich haltend, streckte ich die Hand nach dem Drachenschwert aus. Ich konnte die gelbe Flamme in seinem Herzen tanzen sehen, unter der Runenschrift.
»Bitte«, sagte Flamadin.
»Im Namen dessen, was Ihr einmal gewesen seid, Prinz Flamadin, gebt mir das Schwert«, befahl ich.
Er zuckte vor dem Actorios zurück.
Unten entstand Tumult. Es war Armiad. »Es sind zwei. Zwei dieselben! Welcher ist der unsere?«
Meine Hand schloß sich um sein Gelenk. Er war jetzt viel schwächer als zuvor. Die Kraft des Schwertes hatte ihn nicht nur verlassen, sondern schien auch noch mitzunehmen, was von Flamadin übrig war.
»Dieses Schwert ist nicht böse«, bettelte er. »Sharadim hat mir gesagt, es ist nicht böse. Es kann Gutes tun .«
»Es ist ein Schwert«, erklärte ich ihm. »Eine Waffe. Es wurde geschmiedet, um zu töten.«
Ein verschlagenes, elendes Lächeln kroch über seine verwesenden Züge. »Wie kann es dann jemals Gutes tun ...«
»Wenn es zerbrochen ist«, antwortete ich. Und ich drehte sein Handgelenk.
Das Drachenschwert fiel zu Boden.
Armiad und seine Männer erkletterten die Takelage. Alle waren sie schwer bewaffnet. Ich glaube, sie begriffen allmählich, was vor sich ging. Ich warf einen Blick in die Höhle. Sharadim hatte das Schiff beinahe erreicht, und eine Armee folgte ihr.
Ein merkwürdiges, schluchzendes Geräusch drang aus Flamadins Kehle, als er zusah, wie ich das Drachenschwert an mich nahm. »Sie versprach mir meine Seele, wenn ich das Schwert für die Sache des Chaos ergreifen würde. Aber es war nicht meine Seele, oder?«
»Nein«, sagte ich, »es war die meine. Deshalb hat sie Euch am Leben erhalten. Auf diese Art gelang es Euch, das Drachenschwert zu überlisten.«
»Kann ich jetzt sterben?«
»Bald«, versprach ich.
Ich wirbelte herum. Armiads Männer hatten die Plattform erreicht. Das Drachenschwert tönte in meinen beiden Händen. Trotz allem, was ich durchgemacht, all den Vorsätzen, die ich gefaßt hatte, merkte ich, daß ich in seinen Gesang einstimmte, daß eine wunderbare, wilde Freude mich erfüllte.
Ich hob die Klinge. Sie traf die beiden ersten Angreifer. Ihre Leiber stürzten auf die ihnen Nachfolgenden, und alle zusammen polterten sie in einem Knäuel zuckender Glieder auf das tief unter ihnen liegende Deck.
Das Schwert in einer Hand griff ich nach einem herabhängenden Seil und schwang mich über meine Gegner hinweg, nicht ohne sie dabei nochmals das Schwert kosten zu lassen. Ich rutschte auf das Deck hinab, im Rücken Armiads, der als letzter in die Rahen gestiegen war.
»Ich glaube, Ihr wolltet noch eine Rechnung mit mir begleichen«, erinnerte ich ihn lachend.
Entsetzt schaute er auf das Schwert, dann in mein Gesicht. Seine Lippen formten irgendwelche Worte, während er an den Mast zurückwich. Ich trat vor und stemmte die Spitze der Klinge auf die Decksplanken. »Ich bin hier, Kapitänbaron. Die Rechnung ist fällig, wie Ihr wohl zugeben werdet.«
Widerstrebend, angstvoll durch seinen Schweinsrüssel schnaufend, kletterte er auf das Deck zurück. Alle seine Männer beobachteten uns. Ihre viehischen Gesichter waren gespannt.
Plötzlich ertönte hinter mir ein ohrenbetäubendes Gebrüll. Ich warf einen Blick über die Schulter. Das rote Licht strahlte immer noch heller. Die Öffnung weitete sich. Etwas bewegte sich dahinter: riesige, groteske Gestalten im Sattel noch absonderlicherer Reittiere. Dann mußte ich meine Aufmerksamkeit wieder Armiad zuwenden.
Sein Schwert in der Hand, kam er zögernd heran. Ich glaubte eine Art Wimmern aus seinem bebenden Rüssel vernehmen zu können.
»Ich werde Euch rasch töten«, versicherte ich ihm. »Aber töten muß ich Euch, mein Herr.«
Und dann landete ein schweres Gewicht auf meinem Rücken. Ich stürzte längelang auf das Deck, das Drachenschwert entglitt meiner Hand. Ich versuchte mich hochzustemmen.
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