Der ewige Held 03 - Das ewige Schwert
ich darum, von ihm loszukommen.
Flamadins totes Fleisch glühte mit meiner Lebenskraft. Mein Blick wurde trüb. Flüchtig erblickte ich mich selbst mit Flamadins Augen.
»Ich bin John Daker!« schrie ich. »Ich bin John Daker!«
Das half mir, ein wenig von mir selbst zurückzugewinnen. Aber wo immer Alisaard in ihrer Ratlosigkeit Flamadin mit dem Actorios berührte, empfand ich einen brennenden Schmerz.
Schließlich sank ich zu Boden, völlig erschöpft. Meine Freunde machten Anstalten, mich von den Geschöpfen des Chaos wegzuziehen, aber ich bat sie, Flamadin aufzuhalten. Schon preßte er sich gegen die Kristallmauer, nahe der Stelle, wo das Schwert eingebettet lag. Ich konnte sehen, wie er Millimeter für Millimeter von dem Fels aufgenommen wurde. Dann befand er sich zur Gänze darinnen. Ich hatte das Gefühl, selbst durch den roten Kristall zu waten. Ich sah meine eigene Hand sich nach dem Knauf des riesigen grünen und schwarzen Schwertes ausstrecken, mit seiner runenbedeckten Klinge, der flak- kernden gelben Flamme.
Gleichzeitig sah ich mit John Dakers Augen Balarizaafs Lächeln. Er war zufrieden mit dem Verlauf der Dinge und machte keine Anstalten einzugreifen.
Nur Sharadim war unsicher. Sie konnte nicht beurteilen, wie viel von mir in meinen Doppelgänger eingeströmt war. Mein eigener Blickwinkel verschob sich hin und her. Zum Teil war ich Flamadin, der nach der gewaltigen Klinge griff. Zum Teil war ich John Daker, dem seine Freunde aufzustehen halfen, während sie verzweifelt nach einer Fluchtmöglichkeit Ausschau hielten oder wenigstens nach einer Waffe, um sich zu verteidigen. Wir hatten den Actorios. Mir kam es vor, als hätten weder Sharadim noch Balarizaaf große Lust, sich uns zu nähern, solange wir diesen Stein besaßen.
Schritt für Schritt watete Flamadin durch den roten Kristall. Ich wand mich in grausamen Qualen. Immer und immer wieder murmelte ich vor mich hin, daß ich John Daker war, und nur John Daker. Und doch griffen meine verdorrten Finger nach dem Schwert und machten mir klar, daß ich auch in Flamadin lebte. Ich stöhnte. Ich hatte das Gefühl, mich übergeben zu müssen. In meinem Kopf tönte eine Art flüsterndes Echo, von dem ich glaubte, daß es Flamadins Bewußtsein war, das um Leben rang und sich einiger Worte erinnerte, die ihm vielleicht seine Schwester einzuprägen versucht hatte, bevor sie Zuflucht zu einem Mord nahm.
Das Schwert kann das Böse mit der Wurzel ausrotten . Das Schwert kann Eintracht bringen . Das Schwert ist eine segensreiche Waffe . Aber nicht in den falschen Händen . Das Schwert, wenn zur Verteidigung gebraucht, tut Gutes .
»Nein!« rief ich, ansprechend, was immer von dem ursprünglichen Flamadin noch vorhanden sein mochte. »Das ist eine Täuschung. Das Schwert ist immer noch ein Schwert. Das Schwert, Flamadin, ist immer noch ein Schwert! Berühre diese Klinge, Prinz Flamadin von den Vala- dek, und du bist für immer zum Limbus verdammt .«
Ich hörte, wie Sharadim ihn anfeuerte. Ich sah, mit John Dakers Augen, wie sie einen Schritt auf die Kristallwand zutat. Flamadins Hände lagen jetzt beinahe um den Griff des Schwertes.
Im Innern dieses gräßlichen Körpers kämpfte ich darum, diese Hand zurückzuhalten. Aber ich traf auf einen verzweifelten Willen. Was einmal Flamadin gewesen war, hungerte nach Leben, nach den Belohnungen, die man ihm versprochen hatte.
Ich war eingehüllt von dem glühenden, roten Licht. Überall um mich herum waren Splitter, Bruchstücke, Reflektionen. Ich hatte das Gefühl, mich selbst in tausendfacher Gestalt zu erblicken.
Ich wurde schwächer.
»Ich bin John Daker«, stöhnte ich. »Ich bin nur John Daker ...«
Flamadin berührte das Schwert. Die Klinge seufzte leise, als erkenne sie einen alten Freund. Er umfaßte den Griff, der sich nicht gegen ihn sträubte. Er strafte ihn nicht mit Schmerz für die Berührung. Jetzt war ich beinahe gänzlich Flamadin, frohlockend über diese Macht, diese merkwürdige Art von Leben, die mich erfüllte.
Ich hob das Schwert. Ich zeigte es jenen, die in den Kristall schauten und mich beobachteten.
Als John Daker starb ich langsam, während meine Seele mit der Fla- madins verschmolz.
Ich riß mich los von diesem Bewußtsein. Wimmernd und weinend griff ich nach dem Actorios, den Alisaard immer noch hielt. »Ich bin John Daker. Dies ist meine Wirklichkeit.« Dieselbe Hand, die das Drachenschwert umfaßte, umfaßte jetzt auch den Actorios. Ich vernahm Schreie. Es waren meine
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