Der ewige Held 03 - Das ewige Schwert
daß ich nichts von den Verbrechen weiß, die man mir zur Last legt?«
»Ihr habt nicht die Art von jemandem, der leichthin seine Pflichten von sich wirft oder versuchen würde, seine eigene Schwester zu ermorden«, meinte Bellanda nachdenklich. Sie schaute zu mir auf. »Andererseits hätte man aus Euch nicht einen Volkshelden gemacht, würdet Ihr nicht den Eindruck vermitteln, ehrlich und aufrecht zu sein. Es ist schwer, das Herz hinter einem schönen Gesicht zu erkennen, wie wir auf der Grimmiger Schild sagen. Bei einem häßlichen ist es leichter ...« Für eine Sekunde wandte sie die Augen ab, aber als sie mich wieder ansah, war ihr Blick offen. »Trotz allem, Prinz Flamadin - oder müßte es heißen Ex-Prinz? - glaube ich, sind wir uns alle einig, Euch die Gunst des Zweifels zu gewähren. Wir müssen unserem eigenen Gefühl vertrauen. Das ist besser, als entweder den Erfindungen in den Romanen Glauben zu schenken oder den Verordnungen unseres guten Kapitänbarons Armiad!« Sie lachte. »Aber warum sollte es Euch bekümmern, Held oder Schurke, was wir für eine Meinung haben? Wir können Euch weder helfen noch schaden. Hier auf der Grimmiger Schild befinden wir uns in einer Position vollständiger Ohnmacht.«
»Ich glaube, es ist Eure Freundschaft, an der Prinz Flamadin liegt«, sagte Ulrich von Bek leise. »Denn das wäre zumindest eine kleine Bestätigung, daß das, was wir hochschätzen, von echtem Wert ist ...«
»Seid Ihr ein Schmeichler, mein Herr Graf?« Sie lächelte meinen Gefährten an. Jetzt war er es, der ein bißchen verwirrt aussah.
Bei einem Blick hinauf in die Salingen, sah ich Jurgin mit seinem Fernglas eines der anderen Schiffe beobachten. Nach einer kurzen Unterhaltung mit den anderen, stieg ich in die Takelage, bis ich neben Jurgin auf der Rahnock saß. »Irgendwas besonderes?« fragte ich.
Er schüttelte den Kopf. »Ich habe nur die anderen Schiffe beneidet. Wir sind das schmutzigste, ungepflegteste, ärmlichste Boot von allen. Und wir waren einmal so stolz auf unser Aussehen. Was ich nicht begreife, ist, warum Armiad nicht merkt, was mit unserem Schiff geschehen ist, seit er den alten Kapitänbaron tötete. Was hoffte er dadurch zu gewinnen?«
»Die Unzufriedenen glauben oft, daß es der Besitz von Macht um ihrer selbst willen ist, der anderen Zufriedenheit beschert hat. Sie verschaffen sich solche Macht auf viele verschiedene Arten und wundern sich dann, warum sie noch genauso unzufrieden sind wie vorher. Ar- miad mordete für etwas, von dem er glaubte, es würde ihn glücklich machen. Jetzt wahrscheinlich besteht seine einzige Befriedigung noch darin, daß er andere ebenso unglücklich machen kann, wie er selbst es ist!«
»Eine etwas komplizierte Theorie, Prinz Flamadin. Müssen wir Euch immer noch so anreden? Ich habe Euch mit Bellanda gesehen, und ich glaubte, die anderen so verstanden zu haben, daß sie einig sind, Eure Freunde zu bleiben. Aber da Ihr Euch selbst enterbt habt .«
»Nennt mich einfach Flamadin, wenn Ihr wollt. Ich bin heraufgekommen, um zu fragen, ob ich Euer Glas ausleihen kann. Besonders gerne möchte ich etwas über das große, schmucklose Schiff erfahren, und über die Leute in Weiß. Könnt Ihr mir etwas sagen?«
»Das große Schiff ist das einzige seiner Art im Besitz der Bärenprinzen. Sie kommen erst zum Vorschein, wenn das Große Treffen beginnt. Von den Frauen in Weiß behauptet man, sie wären Kannibalen. Sie sind nicht wie andere menschliche Wesen. Wenn sie Kinder bekommen, sind es Mädchen, was bedeutet, daß sie Männer von anderen Reichen kaufen oder rauben müssen. Wir nennen sie Geisterfrauen. Sie kleiden sich vom Scheitel bis zur Sohle in Rüstungen aus Elfenbein, und ihre Gesichter bekommt man nur selten zu sehen. Man lehrt uns, sie zu fürchten und ihren Schiffen fernzubleiben. Manchmal unternehmen sie Jagdzüge in andere Reiche, um Männer zu fangen. Während des Großen Treffens nehmen sie natürlich nur, was ihnen zum Kauf angeboten wird. Euer Volk treibt Handel mit ihnen, und ich glaube, auch Armiad würde davor nicht zurückschrecken, wenn er nicht befürchten müßte, von den anderen Kapitänbaronen endgültig ausgestoßen zu werden. Es ist mehrere Jahrhunderte her, daß eines unserer Schiffe mit Sklaven gehandelt hat.«
»Mein eigenes Volk, das Volk von Draachenheem, befaßt sich also mit dem Kauf und Verkauf von Menschen.«
»Wußtet Ihr das nicht, Prinz? Wir dachten, das sei allgemein bekannt. Oder beschränkt sich Euer Volk mit
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