Der ewige Held 03 - Das ewige Schwert
einmal in den Sinn gekommen, sie könnten so vertieft sein in ihr Spiel, ihre kosmische Politik, daß sie ihr ursprüngliches Ziel längst aus den Augen verloren haben.«
»Dann könnt Ihr nur wenig Respekt vor Göttern und Halbgöttern haben«, sagte Alisaard mit einer raschen Handbewegung zu ihrem Gesicht, als hätte sie vergessen, daß sie unter der Kapuze des Umhangs ihren Helm trug. »Ich muß gestehen, daß auch wir in Gheestenheem nicht viel von solchen Geschöpfen halten. Zu oft klingt das, was wir von ihnen hören, wie das Gezänk kleiner Jungen beim Spiel!«
»Leider«, entgegnete ihr von Bek, »streben diese kleinen Jungen verbissener nach Macht als die meisten von uns. Und sobald sie sie in Händen haben, können sie all jene vernichten, die bei ihren Spielen nicht mitmachen wollen.«
Alverid von Prucca schob sich den Umhang von den Schultern zurück. Er war schweigsamer als die übrigen. Sein Herrschaftsbereich lag fern im Westen, wo man den Leuten nachsagte, sie redeten wenig und dächten viel. »Sei dem, wie es wolle«, ermahnte er uns. »Wir sollten nicht länger zögern. Es ist bald Mittag. Erinnern wir uns noch alle an den Plan?«
»Er ist ja nicht kompliziert«, antwortete von Bek. Er hob die Zügel seines Pferdes. »Machen wir also weiter.«
Langsam bahnten wir uns durch die fröhliche Menge einen Weg zur Brücke. Auch das diesseitige Ende wurde von abgesessenen Echsenreitern bewacht, die grüßten, als wir herankamen.
»Wir sind die geladene Abordnung der Sechs Reiche«, sagte Alisaard. »Gekommen, um eurer neuen Kaiserin zu huldigen.«
Einer der Wächter runzelte die Stirn. »Geladen, Madame?«
»Geladen. Von eurer Prinzessin Sharadim. Sollen wir hier warten wie die Lumpensammler, oder den Dienstboteneingang benutzen? Ich hatte mit einem herzlicheren Empfang von einer Schwester gerechnet...«
Die Männer wechselten ratlose Blicke und ließen uns ziehen. Und weil die erste Wache uns hatte passieren lassen, wurden wir auch von keinem der folgenden Posten angehalten.
»Jetzt folgt mir«, sagte Ottro und ritt voraus. Er war vertraut mit dem Palast und dem Protokoll. Er spornte sein Pferd durch einen Torbogen aus massivem Granit, der mindestens fünf Meter weit und drei Meter dick war. Dem folgte ein schöner Innenhof mit Rasenflächen und Kieswegen. Ich schaute mich um. An allen Seiten ragten die hohen Mauern des Palastes auf, gekrönt von herrlichen, fast unwirklichen Spitzen. Trotzdem hatte ich das Gefühl, in eine Falle gegangen zu sein, aus der es kein Entrinnen gab.
Ein zweiter Torbogen, dann noch einer, bis wir einer Gruppe junger Männer in grün-brauner Livree begegneten, die Ottro erkannte. »Knappen«, rief er. »Nehmt unsere Pferde. Wir kommen verspätet zu der Zeremonie.«
Die Knappen beeilten sich, seinem Befehl zu gehorchen. Wir stiegen ab, und Ottro schritt jetzt, ohne zu zögern, durch eine Tür in offenbar private Gemächer, die allerdings unbewohnt waren. »Ich kannte die Dame, deren Zimmer dies sind«, sagte er erklärend. »Beeilt euch, meine Freunde. Bis jetzt ist das Glück mit uns gewesen.«
Er öffnete die Tür, und wir standen in einem kühlen Gang mit hoher Decke und weiteren farbenfrohen Wandbehängen, wie dieses Volk sie liebte. Ein paar Knaben in derselben grünbrauen Livree, eine junge Frau in einem weißen und roten Gewand und ein alter Mann in pelzverbrämtem Wolltuch betrachteten uns mit flüchtiger Neugier, als wir zielbewußt in Ottros Gefolge dahinmarschierten, um eine Ecke, eine zweite, eine marmorne Treppenflucht hinauf, bis zu einer schweren Holztür, die er vorsichtig öffnete. Nach einem prüfenden Blick winkte er uns, ihm zu folgen.
Dieses Zimmer war dunkel und verlassen. An allen Fenstern waren die Vorhänge zugezogen. Erstickender Weihrauchduft hing zwischen den Wänden. Große, dickblättrige Pflanzen machten sich üppig breit und verliehen dem Raum die Atmosphäre eines Gewächshauses. Es herrschte eine stickige Feuchtigkeit, die an die Tropen erinnerte.
»Was ist das für ein Zimmer?« fragte von Bek schaudernd. »Es paßt überhaupt nicht zu dem, was wir bisher vom Palast gesehen haben.«
»Es ist der Raum, in dem Prinz Flamadin starb«, antwortete einer der Knappen. »Auf der Ruhebank dort drüben.« Er deutete mit dem Finger. »Es ist das Böse, was Ihr riechen könnt, Herr.« »Warum ist es denn so abgedunkelt?« wollte ich wissen.
»Weil man sagt, daß Prinzessin Sharadim immer noch Verbindung zu der Seele ihres toten Bruders
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