Der ewige Held 03 - Das ewige Schwert
an unseren Plan.
»Wir müssen morgen mittag in Rhetalik sein, wenn Sharadim, wie Ihr uns berichtet habt, sich zur Kaiserin krönen läßt.« Rhetalik war die Hauptstadt von Valadeka.
»Natürlich, junger Quasi-Prinz«, versicherte er mir. »Ich bin mir der Dringlichkeit wohl bewußt. Aber man denkt und handelt klüger, wenn man satt und ausgeruht ist.«
Alisaard und ich hüllten uns in Umhänge, damit wir nicht unnötig die Neugierde der Dörfler erregten, und dann gingen wir in den Ort, wo wir eine Taverne fanden, die groß genug war, uns allen Raum zu bieten. Der Wirt war sogar hocherfreut über diesen unerwarteten Verdienst. Wir führten eine ausreichende Menge von Münzen der hier gültigen Währung mit und gingen freigiebig damit um. Abendessen und Zimmer waren vom Feinsten, und am Morgen konnten wir unter den besten Pferden wählen. Dann machten wir uns wieder auf den Weg nach Rhetalik.
Wir müssen den Valadekern einen seltsamen Anblick geboten haben, ich selbst in der Lederkleidung eines Marsch-Jägers, von Bek in Hemd, Jacken und Hose, die im großen und ganzen den Sachen nachgearbeitet waren, in denen ich ihn zum erstenmal gesehen hatte (angefertigt von unseren Gastgeberinnen, die ihn auch noch mit Handschuhen, Stiefeln und einem breitkrempigen Hut ausgerüstet hatten), zwei Draachenheemern in ihrer vollständigen Tracht aus vielfarbiger Seide und Wolle, vier anderen in geliehener Elfenbeinrüstung, und dreien, die sich in eine bunte Mischung von Kleidungsstücken aus den Vorräten der Alten gewandet hatten. Ich ritt an der Spitze dieses merkwürdigen kleinen Trupps, von Bek an einer Seite, Alisaard zur anderen. Sie trug ihren Helm schon aus Gewohnheit. Die Alten vermieden es, Bewohnern anderer Reiche ihr Gesicht zu zeigen. Sie hatten für mich ein Banner angefertigt, das ich an der Lanze tragen konnte, aber jetzt war es noch zusammengerollt und verpackt. Außerdem achtete ich darauf, mir die Kapuze meines Umhangs über den Kopf zu ziehen, wenn wir mit anderen Reisenden zusammentrafen. Ich wollte nicht zu diesem Zeitpunkt schon erkannt werden.
Nach und nach verbreiterte sich der ungepflasterte Weg. Ein Stück weiter war er gepflastert, mit großen Steinplatten. Mehr und mehr
Leute gesellten sich zu uns, die alle in derselben Richtung unterwegs waren. Sie schienen in Feiertagsstimmung zu sein und stammten aus allen Bereichen des Lebens. Ich sah Männer und Frauen, die sich offenbar dem Klosterleben geweiht hatten, und andere, die ebenso offensichtlich dem Weltlichen zuneigten. Männer, Frauen, Kinder, alle in ihrem besten Staat, alle in bunt gemischten Farben. Diese Draachen- heemer liebten leuchtende Karos und Flickenstoffe und fanden anscheinend nichts dabei, ein Dutzend verschiedene Farben auf einmal zu tragen. Ich fand ihren Geschmack ansprechend und fühlte mich allmählich wie eine graue Maus in meiner tristen Lederkleidung.
Bald wurde die Straße an beiden Seiten von großen, vergoldeten Statuen gesäumt, zum Teil einzelne Männerund Frauengestalten, aber es gab auch ganze Figurengruppen und Standbilder aller möglichen Tierarten; allerdings herrschten die riesigen Echsen vor, die ich zum ersten Mal bei dem Großen Treffen zu Gesicht bekommen hatte. Diese Geschöpfe konnten freilich nicht sehr verbreitet sein; denn was wir auf der Straße an Last- und Reittieren zu sehen bekamen, waren hauptsächlich Pferde, Ochsen und Esel, obwohl hin und wieder ein großes, schweineähnliches Wesen auftauchte, auf dem man unter Verwendung eines plumpen Holzsattels sowohl reiten als auch Waren transportieren konnte.
»Seht!« sagte Landesprinz Ottro zu mir, nachdem er sein Pferd an meine Seite getrieben hatte. »Wie ich sagte, jetzt ist die beste Zeit, um unbemerkt nach Rhetalik hineinzugelangen.«
Die Stadt war umschlossen von sehr hohen Mauern aus warmem, rötlichem Sandstein, mit einer Krone großer, aus Felsbrocken zusammengefügter Spitzen, ähnlich den Zinnen einer mittelalterlichen Burg, aber von gänzlich anderer Form. Jede dieser Spitzen hatte ein Loch in der Mitte, und ich schätzte, daß man von dort aus recht bequem auf etwaige Feinde schießen konnte, ohne befürchten zu müssen, selbst getroffen zu werden. Die Stadt war für Kriegszeiten gebaut, obwohl Ottro mir versicherte, daß in Draachenheem seit vielen Jahren Frieden herrschte. Im Inneren bestand sie aus ähnlich stark befestigten Gebäuden, reichen Palästen, Verkaufsarkaden, Kanälen, Tempeln, Lagerhäusern und all den anderen
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