Der ewige Krieg 01 - Der ewige Krieg
Moderator ein wenig beschränkt, zu Wiederholungen neigend. Am Abend erfuhr ich, warum.
Marygay und ich saßen mit Mike vor dem Fernseher. Mutter war fortgegangen, um sich ein neues Gebiß verpassen zu lassen (es hieß, die Zahnärzte in Genf seien besser als die amerikanischen). Mein Interview sollte in einem Programm mit dem Titel ›Potpourri‹ ausgestrahlt werden, zwischen einem Dokumentarfilm über Hydrokulturen auf dem Mond und einem Konzert eines Mannes, der behauptete, Telemanns Doppelfantasie in A-Dur auf der Mundharmonika spielen zu können. Ich fragte mich, ob außer uns noch jemand – in Genf oder anderswo – das Programm eingeschaltet haben mochte.
Nun, der Film über die Hydrokulturen war interessant, und der Mundharmonikaspieler war ein Virtuose, aber das Zeug dazwischen war reines Gefasel.
Moderator: »Wie riechen sie?«
Ich (nicht im Bild): »Einfach schrecklich, wie eine Verbindung von fauligem Gemüse und brennendem Schwefel. Der Geruch sickert durch die Abwärmeöffnung des Anzugs, so intensiv ist er.« Er hatte mich zum Reden animiert, um ein breites Spektrum von Geräuschen zu bekommen, aus dem die Toningenieure in Antwort auf seine Fragen jede Art von Unsinn synthetisieren konnten.
»Wie zum Teufel kann er das machen?« fragte ich Mike nach der Sendung. Ich war fuchsteufelswild.
»Sei nicht zu hart mit ihm«, sagte Mike, während er interessiert den Mundharmonikavirtuosen beobachtete. »Alle Medien unterliegen der Zensur durch die UNAS. In den letzten zehn, zwölf Jahren hat es keine objektive Berichterstattung über den Krieg mehr gegeben. Du kannst von Glück sagen, daß sie dich nicht einfach durch einen Schauspieler ersetzten und ihn vorgeschriebene Antworten aufsagen ließen.«
»Ist es bei euch auf dem Mond besser?«
»Nicht, soweit es öffentliche Sendungen betrifft. Aber da wir alle im Dienst der Streitkräfte stehen und Zugang zu internen Informationen haben, ist es nicht allzu schwierig, Lügen auf die Spur zu kommen.«
»Den Teil über die Konditionierung haben sie ganz weggelassen!«
Mike zuckte die Achseln. »Verständlich. Für die Öffentlichkeit brauchen sie Helden, keine Automaten.«
Marygays Interview wurde eine Stunde später ausgestrahlt, und bei ihr hatte man es genauso gemacht. Jedesmal, wenn sie im Originalgespräch etwas gegen den Krieg oder die Streitkräfte gesagt hatte, blendete das holographische Bild zu einer Aufnahme der Moderatorin über, die weise zu nicken pflegte, während eine bemerkenswert gute Imitation von Marygays Stimme heillosen Unsinn von sich gab.
Genf schien so gut wie jeder andere Ort geeignet, mit der Erforschung dieser neuen Erde zu beginnen. Am nächsten Morgen besorgten wir uns einen Stadtplan, der ein zentimeterdickes Buch war, und nahmen einen Lift zum Erdgeschoß, entschlossen, uns bis zum Dach durchzuarbeiten, ohne etwas auszulassen.
Das Erdgeschoß war eine seltsame Mischung von Geschichte und Schwerindustrie. Die Basis des Gebäudes überdeckte einen großen Teil der früheren Stadt Genf, und viele der alten Gebäude waren erhalten.
In den äußeren Bezirken herrschten jedoch Lärm und Geschäftigkeit vor: schwere Lastwagen und Eisenbahnzüge kamen von draußen hereingedonnert, eingehüllt in Schneewolken; beladene Flußschiffe arbeiteten sich mühsam rhoneaufwärts zu den Hafenbecken des Industriegebiets; sogar ein paar kleine Hubschrauber schwirrten hierhin und dorthin, Libellen im Wald der Pfeiler und Verstrebungen, die den grauen Himmel des nächsten Stockwerks trugen, vierzig Meter über dem Erdboden.
Es war ein Wunder und mehr, und wir hätten stundenlang umherwandern und staunen können, aber unsere leichten Umhänge schützten kaum gegen Wind und Kälte, und so beschlossen wir, einen anderen Tag wiederzukommen, wärmer gekleidet.
Das erste Geschoß beherbergte das Gehirn des kommunalen Organismus: die Verwaltung, die öffentlichen Dienste, das Versorgungswesen und dergleichen.
Wir kamen in eine weiträumige, ruhige Vorhalle, die irgendwie nach Glas roch, wenn es das gibt. Eine Wand enthielt einen riesigen Hologrammwürfel, der den Organisationsplan der Stadt Genf darstellte, eine spinnenbeinige Pyramide aus scheinbar unentwirrbaren Verästelungen verschiedenfarbiger Linien, die Zehntausende Namen mit einander verbanden, vom Bürgermeister an der Spitze bis zu den Angehörigen des Entsorgungsdienstes an der Basis. Namen erloschen und wurden durch andere ersetzt, wenn ihre Träger starben oder entlassen oder
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