Der ewige Krieg 01 - Der ewige Krieg
befördert oder versetzt wurden.
Es sah wie das Nervensystem eines fantastischen Fabelwesens aus, und in gewissem Sinne verhielt es sich auch so.
Die Wand gegenüber enthielt ein breites Fenster, das den Blick in eine Art Großraumbüro freigab. Hinter dem Glas saßen Hunderte von Angestellten und Technikern in langen Reihen, jeder mit seiner eigenen Eingabekonsole für irgendeine zentrale EDV-Anlage, vor sich in Augenhöhe einen von Schaltern und Knöpfen umringten holographischen Bildschirm. Es herrschte eine geradezu elektrisch anmutende Geschäftigkeit: Die meisten Beschäftigten hatten eine Kombination von Kopfhörern und Mikrophon umgestülpt und redeten mit irgendwelchen Gesprächspartnern, während sie hastige Notizen kritzelten oder an Schaltern fummelten; andere hatten die Kopfhörer umgehängt und bedienten die Tastaturen der Eingabegeräte. Einige Arbeitsplätze waren verwaist. Ein mechanisiertes und anscheinend beheiztes Tablett mit dampfenden Kaffeetassen glitt auf Laufschienen langsam die Reihen der Arbeitsplätze entlang.
Durch das dicke Glas konnte man ein schwaches Murmeln und Säuseln von etwas hören, was im Inneren des Saals ein höllisches Getöse sein mußte.
In der Eingangshalle waren außer uns nur zwei andere Leute, und wir hörten, wie sie sagten, daß sie gehen und sich das ›Gehirn‹ ansehen wollten. Wir folgten ihnen durch einen langen Korridor zu einer Art Besuchergalerie, durch deren Fenster man auf die Datenbanken und Recheneinheiten hinabblicken konnte, die Genf zusammenhielten. Die einzige Beleuchtung in der Besuchergalerie war das kalte bläuliche Licht aus der EDV-Zentrale.
Diese Zentrale war vergleichsweise klein, etwa von der Größe einer Tennishalle mit zwei Plätzen, und die Bauelemente der Anlage waren wenig inspirierende graue Kästen und Schaltpulte, zwischen denen ein paar Techniker scheinbar ziellos und wie verloren umherwanderten. Doch beeindruckte bei längerem Hinsehen gerade das Fehlen jeder nervösen Aktivität: Sie vermittelte das Gefühl, vor einem Schrein gewaltiger, unbekannter Macht zu stehen, vor einem Tempel der Zweckmäßigkeit, Ordnung und Intelligenz.
Das andere Paar sagte uns, daß es in diesem Geschoß nichts weiter gäbe, was von Interesse sei, lediglich Konferenzzimmer, Büros und geschäftige Behördenangestellte. Wir kehrten zurück zum Aufzug und fuhren zum zweiten Geschoß, wo sich die meisten Einkaufsstraßen der Stadt befanden und dessen Anlage an einen riesigen gedeckten Basar erinnerte.
Hier kam uns der Stadtplan sehr zustatten. Die Einkaufszone bestand aus Hunderten von Läden und offenen Märkten, die in rechtwinkligen Mustern angeordnet waren. Als Fußgängerstraßen gestaltete Korridore umschlossen Blocks, in denen Ladengeschäfte mit verwandten Warengruppen untergebracht waren. Wir gingen zur Mittelachse des Basarviertels und fanden uns unversehens in einer wunderlichen und ein wenig kitschigen Rekonstruktion altertümlicher Dorfarchitektur. Es gab sogar eine barocke Kirche, deren Turm mit Hilfe holographischer Illusionseffekte durch die dritte und vierte Etage aufzuragen schien. Wandmalereien mit Darstellungen religiöser Szenen, Schindeldächer, aus verschiedenfarbigen Kieseln in komplizierten Mustern verlegtes Katzenkopfpflaster, ein Brunnen mit steinernen Ungeheuern, deren Mäuler Wasserstrahlen verspritzten … wir kauften Weintrauben an einem offenen Marktstand (die Illusion bekam einen Knacks, als er eine Kalorientabelle befragte und meine Lebensmittelkarte abstempelte) und schlenderten genießerisch weiter. Ich war froh, daß die Menschen noch immer Zeit und Energie und Mittel für solche Dinge hatten.
Es gab eine verwirrende Vielfalt von Gegenständen und Dienstleistungen zu kaufen, und wir hatten viel Geld, aber wir hatten uns das Einkaufen wohl abgewöhnt, denke ich. Überdies wußten wir nicht, wie lange unser Vermögen würde ausreichen müssen.
(Wir hatten ein Vermögen, ungeachtet dessen, was General Botsford gesagt hatte. Rogers’ Vater war ein prominenter Steueranwalt oder was, und sie hatte uns instruiert und mit den einschlägigen Gesetzesparagraphen gewappnet: Wir brauchten Steuern nur zu dem Satz zu entrichten, der für unser durchschnittliches Jahreseinkommen galt. So blieben mir zweihundertachtzigtausend Dollar.)
Wir übersprangen den dritten Stock, der das gesamte Kommunikationswesen und die Büros, Ateliers und Werkstätten der Massenmedien beherbergte, denn wir waren am Vortag kreuz und quer darin
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