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Der Experte: Thriller (German Edition)

Der Experte: Thriller (German Edition)

Titel: Der Experte: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Allen Smith
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York?«
    »Stimmt.«
    Der Barista grinste über seine Schulter. »Ich rate so etwas gern.«
    »Merde! Je m’en fou, Marcel! Il est foutu de nouveau battu!«
    Es war die Stimme einer Frau, die vor rechtschaffenem Zorn kochte. Harry hatte schon immer gefunden, dass Französisch das Schimpfen zu einer Kunstform machte, und er kannte sich aus. »Scheiße! Mir ist es scheißegal, Marcel! Das Scheißding ist schon wieder kaputt!« , hatte sie gesagt.
    Eine schlanke Frau in einer übergroßen cremefarbenen Bluse und einer Hose mit Bügelfalten marschierte aus einem Hinterzimmer, ein Handy am Ohr. Ihr Haar hatte die gleiche Farbe wie ein Centstück und ruhte in Wellen auf ihren Schultern. Ihr Gesicht hatte bezaubernde breite Flächen. Wer sie einmal gesehen hatte, würde sie nie vergessen.
    » Résoudre le problème, Marcel! – Bring es in Ordnung! Sofort!« Sie beendete den Anruf, setzte sich ans Ende der Theke und knallte die Hand auf den Tresen. Ihre beiden Angestellten zuckten zusammen. »Trou de cul!« , knurrte sie und erhob damit Arschloch ins Reich der Poesie.
    Dann blickte sie auf und entdeckte den sie anstarrenden Harry. Der plötzliche Ausbruch einer Fülle von Gefühlen machte das Gesicht der Frau zu einem unglaublichen Anblick – Erschrecken traf die Stirn und grub drei steife Falten hinein; Erkennen ließ sie die blassblauen Augen aufreißen, während die Pupillen sich weiteten; etwas, das leichter war als Luft, hob die Enden ihrer Lippen um eine Winzigkeit – und alles wurde beherrscht von einem alten Leid, das augenblicklich wieder aufflammte.
    »Hallo, Chris«, sagte Harry.
    Er hatte ihre Regungen immer sofort erkannt, ganz gleich, wie unterschwellig sie waren; doch jetzt nicht. Und sie schien im gleichen Zustand zu sein – gefangen im Strudel ihrer Empfindungen und unsicher, wohin er sie tragen würde. Sie stand auf und ging zu ihm, stellte sich so dicht, dass er den einen Tropfen Chanel No. 5 riechen konnte, den sie stets hinter jedem Ohr auftrug.
    »Hallo, Harry«, sagte sie.
    Der Abstand zwischen ihnen konnte nicht nur in Zentimetern, sondern auch in Jahren gemessen werden. Er konnte an dem langsamen, schleichenden Verebben der Intimität trotz Liebe und Verlangen gemessen werden und an den unaufhaltsamen, seltsamen Wendungen des Lebens – als sei der Winter gekommen, aber nie gegangen und die Kälte und das unausweichliche Erschauern schließlich unerträglich geworden.
    »Das ist sehr merkwürdig, was?«, fragte Harry.
    »Ja, das ist es. Sehr merkwürdig.«
    »Meinst du, dass eine Umarmung möglich wäre?«
    Er breitete die Arme aus. Vielleicht war sie einverstanden, vielleicht benötigte sie auch nur einen Halt im Schwindel des Augenblicks – jedenfalls beugte sie sich zu ihm, und sie schlossen sanft die Arme umeinander. Sie hatte kein bisschen an Gewicht zugelegt.
    Er legte die Lippen an ihr Ohr. »Wie sagt man ›Ich habe dich vermisst‹ auf Französisch?« Er spürte, wie die Muskeln an ihrem Rücken sich unter der Seide anspannten und dann wieder weich wurden.
    »Tu m’avez manqué «, sagte sie und trat einen Schritt zurück. Zu beobachten, wie sich ihr mattes Lächeln einstellte, war, als sehe er einer Erinnerung zu, die wieder zum Leben erwachte. »Du weißt, wie man das sagt. Ich habe es jeden Tag gehört, wenn du nach Hause kamst.«
    Ein träumerisches Schwirren sickerte in die Szene – die Retroatmosphäre des Lokals, die Kellnerin und der Barista in Harrys Sichtfeld, die neugierig herüberblickten, der kühle Jazz, die wackelige Seilbrücke zwischen ihnen, die nicht nur dreizehn Jahre überspannte, sondern auch eine tiefe, von Nebel erfüllte Schlucht, in die Freude und Hoffnung abgestürzt waren.
    Christine wandte sich ihren Angestellten zu. »André … Nicole … Das ist Harry Boddicker. Wir waren einmal verheiratet.«
    Zuerst rissen sie die Augen auf über die Neuigkeit, dass ihre Chefin jemals einen Ehemann gehabt hatte, dann betrachteten sie Harry mit diesem Wissen umso genauer.
    »Ja, ich weiß«, sagte Harry zu ihnen. »Jedes Mal werde ich dann so angeguckt. Es ist ein wenig wie die Schöne und das Biest, nicht?« Der Barista und die Kellnerin schafften es, ein Grinsen aufzusetzen, hinter dem sie ihre Verlegenheit darüber, dass man ihnen so genau ansehen konnte, was sie dachten, zu verbergen versuchten. »Hast du Lust auf einen Spaziergang, Chris?«
    Die einfachste aller Fragen schien sie zu überfordern. Ihr Blick schweifte zum Boden, als ob die Antwort dort

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