Der Experte: Thriller (German Edition)
eine gequälte Miene zog und den Kopf wegdrehte.
»Deinem Führerschein zufolge lautet dein Name Dwayne Brock. Ist das dein Name?«
Der Jones öffnete blinzelnd das rechte Auge und suchte die Schwärze hinter dem Licht ab. »Wer sind Sie?«
»Ich kann am besten arbeiten, wenn ich dich mit deinem Namen anspreche. Nicke, wenn Dwayne dein Name ist.«
Der Jones seufzte, bewegte ruckartig den Kopf und schloss das Auge.
Geigers Finger trommelten an seinen Seiten. Er ging zur Lampe rechts und schaltete sie ebenfalls ein. Die Lampen waren nur einen halben Meter von dem Gefangenen entfernt und verwandelten sein Gesicht in eine bleiche Totenmaske. Das graue, fünf Zentimeter breite Klebeband, mit dem sein Kopf auf Mundhöhe umwickelt war, zeigte einen schmalen dunklen Strich, wo seine Lippen es angefeuchtet hatten. Wo Kiefer und Hals zusammentrafen, hatte er eine große Beule, die an einen rechteckigen Portweinfleck erinnerte.
»Mein Name ist Geiger. Ich weiß nicht, wie viel du über mich und den Mann, der dich engagiert hat, weißt. Sein Name ist Dalton. Dalton und ich haben auf dem Gebiet des Informationsabrufs gearbeitet. Unsere Klienten haben uns engagiert, um Informationen von Menschen zu erlangen, und wir waren beide bewandert darin – auch wenn unsere Methodiken sich stark voneinander unterschieden. Dalton war gewalttätig und aggressiv. Ich war eher psychologisch orientiert – und vielleicht etwas subtil. Sie nannten mich den Inquisitor.«
Geiger beugte sich über eine Lampe und bog ihren Hals – eine Korrektur um fünf Zentimeter.
»Ich erzählte dir davon, weil es wichtig ist, dass du die Natur dieses speziellen Ereignisses begreifst. Punkt eins: Ich arbeite mit sehr wenig Zeit. In unserem Metier bezeichnen wir das als Asap. Punkt zwei: Ich weiß sehr wenig über dich – nur, womit du dein Geld verdienst, und aufgrund deines Tattoos, dass du in Afghanistan gedient hast. Zeitmangel und das Fehlen persönlicher Daten reduzieren den Einsatz von Techniken, derer ich mich normalerweise bedienen würde.«
Geiger hielt inne. Er spürte, dass sein Körper kurz davor stand, etwas sehr Seltenes zu tun, und er gähnte. Der Schlafentzug machte sich bemerkbar. Eine Morpheus-Präsenz zupfte an seinem Ärmel, verhieß Träume, weichte seine Konzentration an den Rändern auf. Geiger ging zur Wand. Er hatte nicht geplant, das Deckenlicht so bald einzuschalten, doch es vertrieb seinen Besucher vielleicht für eine Weile. Er streckte die Hand in die Dunkelheit aus, fand den rauen Beton und fuhr mit der Handfläche darüber wie ein Blinder, bis er den Schalter ertastete. Er legte ihn um.
Dann wandte er sich dem Gefangenen zu, und sie tauschten einen Blick. Der Jones war bis auf die Boxershorts entkleidet. Klebeband hielt ihn an der Brust an seinem Stuhl. Seine Beine waren von den Knöcheln bis zu den Knien mit dem gleichen silbergrauen Band an die Stuhlbeine fixiert, seine Arme hafteten von den Handgelenken bis zu den Ellbogen an den Armlehnen. Auf dem Tisch befanden sich Geigers mit einem Lautsprecherpaar verbundenes iPad, das Messer, die säuberlich zusammengefaltete Kleidung des Jones und ein Haufen von elektronischen Innereien aus dessen Handy, das Geiger zerlegt hatte, um sicherzustellen, dass es nicht geortet werden konnte.
Geiger kehrte zu seinem Gefangenen zurück. »Punkt drei: In dieser Sitzung bin ich nicht nur der Vernehmende, ich bin zugleich der Klient. Ich bin es, der die Information benötigt, und ich habe mich noch nie zuvor in dieser Lage befunden. Berücksichtigt man alle drei Punkte, läuft es darauf hinaus, dass ich eventuell Schritte ergreifen werde, die ich in der Vergangenheit niemals in Betracht gezogen hätte. Ich muss sagen, dass mich das tief und aufrichtig beunruhigt, denn in dieser Sitzung muss ich vielleicht mehr mit Schmerz als mit Angst arbeiten. Nicke, wenn du mich verstanden hast.«
Ein unverständliches Grummeln drang durch das Band über dem Mund des Jones – und Geiger beugte sich vor, versteifte die Finger der rechten Hand, sodass sie ein Paddel bildeten, hob sie und schlug ihm mit einem lauten Knall aufs linke Ohr. Der Hieb löste ein tiefes Knurren aus, während der Jones sich wie in einer Kettenreaktion vom Gesicht abwärts auf ganzer Länge des Körpers versteifte – Muskeln spannten sich, Gummiseile zuckten unter dem Fleisch hoch. Ein Atemstoß, der aus den Nasenlöchern pfiff, schloss das Geräusch ab, und der Jones erschlaffte.
»Nicke, wenn du mich verstanden
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