Der Facebook-Killer: Thriller (German Edition)
seiner melodischen, weit tragenden Stimme fort: „Was mich interessiert, Marie-Ange, mein liebes Engelchen: Wie ist der Sex bei euch beiden? Gigantisch? Unvergleichlich? Hart und rattenscharf?“ Auch er war voll, aber er artikulierte mit der Routine des Bühnenkünstlers.
Marie-Ange zögerte einen Tick zu lange.
„Na komm schon, Engelchen, ich will es wissen.“
„Ach Jerome ... in einer Ehe ist Sex doch nicht alles. Und ich liebe ihn nun mal“, sagte sie dann halblaut.
„Autsch“, sagte er, „das klingt ja nicht gerade, als ob sich auf dem Höhepunkt die Erde unter euch auftut ...“
„Lass mich in Ruhe, Jerome.“
„Du, Marie-Ange ... nur, damit die Fronten hier klar sind: Wenn dein Mann impotent ist, ruf mich an, und ich springe ein ... Du weißt ja, in welchem Hotel ich nächtige. Meine Zimmernummer ist 102. Ich bin auch bereit, deine Hochzeitsnacht zu retten.“
Die Plastikkiste ging zu Boden.
Die Schnapsflaschen zerbarsten lautstark.
Peinlich berührt spritzten die vier auseinander, Marie-Ange kam herüber und half ihm wortlos, die Scherben aufzusammeln.
Er schnitt sich an einer der Glasscherben, und sein Blut mischte sich auf den Knochensteinen des Parkplatzes mit dem Eau de Vie.
Als er vier Jahre später diesem Jerome Delors mit einem Tranchiermesser die Kehle durchschnitt, diesem dreckigen Hahnrei, nachdem er ihn in flagranti mit Marie-Ange im Bett erwischt hatte, war sehr viel mehr Blut geflossen. Er hatte geröchelt, und Luft war pfeifend aus der durchtrennten Luftröhre entwichen.
Der Opernsänger würde nie wieder über ihn lästern. Nie mehr. Über ihn nicht und auch über sonst keinen.
Dann hob er den Kopf und sah Marie-Ange an, die mit angstweiten Augen zu ihm aufstarrte. Das Messer ließ er sinken.
„Keine Angst, mein Engel, ich werde dir nichts tun ... aber von nun an bestimme ich, wie unsere Ehe läuft ... Komm her.“
9
Vexin
18.2.2011, 11:02
Préfecture de Police
Rue de la Cité, Paris
Bis sich die Türen hinter ihm schlossen und er sich damit nicht mehr im Sichtbereich der Medienvertreter befand, hatte Mafro gute Miene zum bösen Spiel gemacht. Kaum aber waren die beiden Türen mit vernehmlichem Klacken zugefallen, stürmte er wie ein wütender Stier in Richtung der Treppe zu seinem Büro und zerrte Dr. Eude ohne jede Rücksicht einfach mit. Sie hatte keine andere Wahl, als auf ihren hohen Hacken so gut sie konnte mit dem Commissaire Schritt zu halten.
Als sie auf der halben Treppe an Fabregas vorbeikamen, hielt Mafro inne. „Fabregas, Sie sind mir dafür verantwortlich, dass bis auf Weiteres kein Reporter und schon gar keine Kamera dieses Gebäude betritt. Wir müssen wenigstens ansatzweise die Kontrolle darüber behalten, wie viel von diesem beschissenen Fall an die Öffentlichkeit gelangt.“
Fabregas setzte sich mit einem knappen Nicken kommentarlos in Richtung Hauptportal in Bewegung.
Ohne ein weiteres Wort zerrte Mafro Dr. Eude dann weiter; bis in sein Büro lockerte er seinen Griff um ihren Arm keine Sekunde lang. Wahrscheinlich tat er ihr weh, aber seine Nerven lagen so blank, dass ihm das vollkommen gleichgültig war. Nur Sekunden nach den beiden trat die Wölfin ein; sie strahlte regelrecht vor Zorn und unterstrich, was sie empfand, indem sie lautstark die Tür hinter sich ins Schloss warf. Dann ließ sie sich in einen von Mafros Besucherstühlen fallen.
„So, jetzt reicht es aber“, knurrte Dr. Eude, deren Gesicht weiß wie die Wand war und deren Augen Funken zu sprühen schienen. „Was ist nur in euch beide gefahren? Wenn ich mit der Presse spreche, habt ihr gefälligst die Füße stillzuhalten ...”
„Wer, bitte, ist gestorben und hat Ihnen das Amt der Pressesprecherin vererbt?“, fiel ihr Mafro ins Wort.
Dr. Eude stand mit offenem Mund da. Dann schloss sie ihn langsam wieder. Es erinnerte
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