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Der Fälscher aus dem Jenseits

Der Fälscher aus dem Jenseits

Titel: Der Fälscher aus dem Jenseits Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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zu grüßen.
    Das Urteil in der Halsband-Affäre wurde am 31. Mai 1786 verkündet. Mit 26 Stimmen gegen 22 wurde Kardinal Rohan »von jeglicher Anschuldigung entlastet«, Cagliostro und Mademoiselle Oliva wurden freigesprochen, Rétaux de Vilette aus dem Königreich verbannt. Jeanne de La Motte-Valois wurde hingegen zu lebenslänglich Gefängnis verurteilt. Davor sollte ihr mit glühenden Eisen ein »V« wie »Voleuse« (Diebin) auf beide Schultern eingebrannt werden. Als sich das Urteil herumsprach, strömte das Volk von Paris auf die Straßen und feierte.
    Die öffentliche Bestrafung von Jeanne de La Motte-Valois am 20. Juni 1786 trug noch zur Unbeliebtheit des Königshauses bei. Die Verurteilte stieß ein fürchterliches Geschrei aus und wehrte sich verzweifelt, weshalb die Henker sie halb nackt ausziehen mussten, und weil sie wohlgestaltet war, verfiel die Menge ihrem Charme. Obwohl die Strafe für eine Zeit, in der man einen Dienstboten wegen eines gestohlenen Groschens gleich aufknüpfte, ziemlich leicht war, erblickte das Volk darin nur einen grausigen Ausdruck der Tyrannei.
    Die falsche Gräfin verbrachte übrigens nur ein paar Monate im Gefängnis. Dank geheimnisvoller Helfer konnte sie entkommen und zu ihrem Mann nach England fliehen, wo sie 1791 starb.
    Marie Antoinette war über Rohans Freispruch zu Recht erbost. Damit hatte man ihr eine regelrechte Ohrfeige verabreicht. Auf ihre Veranlassung hin schickte der König den Kardinal in die Abtei von La Chaise-Dieu ins Exil. Das war eine weitere Ungeschicklichkeit, weil das Urteil dadurch wieder in Frage gestellt wurde. Doch der Schaden war sowieso schon angerichtet. Marie Antoinette war endgültig diskreditiert. Seit Isabeau von Bayern vierhundert Jahre zuvor war sie die erste französische Königin, die ihren Ruf vollständig verloren hatte. Bei ihrem Sturz sollte sie dann die ganze Monarchie mit in den Abgrund reißen.
    Wie Mirabeau zuerst behauptet hat und es von allen späteren Historikern bestätigt wurde, war die Halsband-Affäre das Vorspiel zur Französischen Revolution.
     

Eine ernüchternde Rettung
     
    Frankreich, 1993. Endlich waren Ferien! Joël und Marguerite Menardier freuten sich. Das Wetter war sonnig und warm, und sie wollten an diesem 1. Juli mit ihren drei Kindern Marie, Ambroise und Renaud, dem Jüngsten, der geistig behindert war, zu einem dreiwöchigen Ferienaufenthalt auf die Insel Oléron aufbrechen. Sie hatten nicht geglaubt, dass sie es sich leisten könnten, da Joël seit Monaten arbeitslos war. Doch auf Empfehlung einer freundlichen Cousine hatten sie ein günstiges Quartier gefunden. Alles in allem würden sie die Ferien nicht mehr genießen, als wenn sie zu Hause in Moselle geblieben wären, doch die Luftveränderung würde ihnen allen gut tun. Sie würden neu gestärkt nach Hause zurückkehren. Joël hatte das unbestimmte Gefühl, dass sich ab Herbst alles zum Guten wenden würde, denn dann würde er bestimmt einen interessanten Job finden. Im Augenblick jedoch waren Entspannung und Erholung, Baden und Fischgerichte angesagt.
    Am Tag nach ihrer Ankunft begaben sich Joël und Marguerite auf Entdeckungstour. Neben dem niedrigen Haus, das sie mit ihrer kleinen Familie bewohnten, befanden sich weitere niedrige, weiß getünchte Häuser, die von Bewohnern aus Oléron oder von Städtern bewohnt wurden, die hier ihren Urlaub verbrachten. Im Nachbargarten genehmigte sich ein sympathischer
    Herr auf einer Liege unter einem Sonnenschirm einen Aperitif. Er grüßte sie mit freundlichem Kopfnicken. Joël und Marguerite erwiderten seinen Gruß mit einem Lächeln. Sie wussten ja nicht, was sie erwartete...
    In den nächsten Tagen richtete sich die Familie Menardier häuslich ein. Gustave Lafont, der Nachbar, war wirklich sympathisch. Die beiden fast gleichaltrigen Männer hatten die gleiche Leidenschaft fürs Angeln und Gustave lud die ganze Familie auf einen Drink ein. Ein paar Tage später revanchierten sich die Menardiers mit einer Einladung, bei der sie eine leckere Schollenplatte servierten. Am Ende des Monats tauschten sie aus Höflichkeit ihre Adressen aus und versprachen, sich gegenseitig eine Karte zu schicken. Vielleicht würde man sich ja im nächsten Jahr Wiedersehen.
    Nachdem die Menardiers nach Moselle zurückgekehrt waren, hatte der Alltag, in dem es so viele Fragen ohne Antworten gab, sie schnell wieder eingeholt. Allmählich verloren sie ihre Sommerbräune und Joël klapperte mit mehr oder weniger Erfolg die

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