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Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer: Roman (German Edition)

Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer: Roman (German Edition)

Titel: Der Fälscher, die Spionin und der Bombenbauer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Capus
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las.
    An den Wochenenden fuhr er in die Hügel, stellte den Chevrolet am Windy Hill oder am Palo Alto Foothills Park ab und lief allein in mannshohem Farn zwischen tausendjährigen, gotisch himmelan strebenden Mammutbäumen durch die menschenleeren Hügel, bis der Pazifische Ozean in Sicht kam. Dann packte er sein Käsebrot aus seinem alten Rucksack, den er aus Europa mitgebracht hatte, setzte sich auf einen Stein in Gesellschaft von saphirblauen Hähern, grellbunten Spechten und neugierigen Streifenhörnchen, schaute hinaus aufs Meer und betrachtete lange das Rollen der Wellen und die Schatten der ziehenden Wolken.

Neuntes Kapitel

    Laura d’Oriano traf zur Zeit der Mandelblüte in Südfrankreich ein. Über den Dächern von Marseille kreisten die Schwalben, in den Straßen stellten die Cafébesitzer Tische und Stühle aufs Trottoir, aus den offenen Fenstern der Mietskasernen strömte der Duft von Javelwasser und frisch gewaschenen Gardinen. Ihre Eltern waren überrascht, aber nicht sehr verwundert, als die Tochter allein und ohne Familie mit ihrem alten Koffer am Vieux Port auftauchte. Sie schlossen Laura in die Arme, ohne allzu viele Fragen zu stellen, und gaben ihr wieder das Mädchenzimmer, das sie am Hochzeitstag hinter sich gelassen hatte. Sie zog ihren Ehering aus und legte ihn in eine leere Puderdose, die sie in der hinteren linken Ecke der obersten Schublade ihrer Kommode verstaute. Und dann war ihr für einen Augenblick beinahe, als wäre sie nie fort gewesen.
    Aber natürlich war das nicht so. Kaum war sie in ihrem Zimmer allein und zur Ruhe gekommen, weinte sie bitterlich um ihre beiden Töchter, die sie am Abend zuvor noch zu Bett gebracht hatte, und um Emil Fraunholz, mit dem sie drei Jahre Nacht für Nacht das Bett geteilt hatte und der es mit seiner männlichen Sanftmut immer wieder zustande gebracht hatte, dass sie sich zu Hause fühlte in der Welt. Und dann quälte sie sich durch die Nacht mit der Frage, ob sie wirklich aus Bottighofen hatte fortgehen müssen, ob sie das Recht dazu gehabt hatte und ob es wirklich keinen anderen Weg gegeben hätte.
    Im Morgengrauen beschloss sie schließlich, dass es keinen anderen Weg gegeben haben konnte, weil sie diesen ja sonst gegangen wäre, und dass es an der Zeit war, ihr Leben wieder an die Hand zu nehmen. Klar war, dass sie nun ihren Unterhalt selbst verdienen musste, denn die Eltern lebten kärglich von ihren Ersparnissen. Am liebsten hätte sie wieder die Musikalienhandlung übernommen, aber die Eltern hatten das Geschäft nach Lauras Hochzeit an einen polnischen Juden verkauft, der in Marseille hängengeblieben war, weil die USA polnischen Juden keine Visa mehr ausstellten.
    Also ging Laura zur Anzeigenabteilung der »Liberté« und gab ein Kleininserat auf, in dem sie ihre Dienste als Schreibkraft anbot und darauf hinwies, dass sie Französisch, Italienisch, Türkisch, Griechisch und Russisch in Wort und Schrift beherrschte. Dann klapperte sie die Nachtcafés ab und bot sich als Sängerin mit reichhaltigem Repertoire an.
    Als sie zurückkam, machte sie vor der Musikalienhandlung die Bekanntschaft des Polen, der ein schweigsamer Mann mittleren Alters war, gern arabischen Mokka trank und wie Laura die Angewohnheit hatte, während der stillen Stunden draußen vor der Ladentür in der Nachmittagssonne auf Kundschaft zu warten. Laura holte sich einen Stuhl und setzte sich zu ihm, und im Lauf der folgenden Stunden stellte sie fest, dass der Pole sich mit den gleichen Quartierbewohnern angefreundet hatte wie sie selber damals – mit den Schulbuben und den Nutten, den Austernhändlern und den Kellnern von nebenan. Laura rauchte, trank mit dem Polen Mokka und war froh, wieder zu Hause zu sein.
    Manchmal ging sie am Hafen spazieren. Die morschen alten Holzschiffe aus der Vorkriegszeit waren verschwunden, an den Piers lagen jetzt brandneue, silbern schimmernde Kolosse aus Stahl. Auch die bösen alten Matrosen mit ihren Klappmessern und Unterleibskrankheiten waren nicht mehr da, vermutlich gestorben oder in die Altersasyle zurückgekehrt. Auf den neuen Stahlschiffen taten nun blutjunge, pausbäckige Matrosen in makellos weißen Uniformen Dienst, die beim Landgang nicht einzeln, sondern rudelweise durch die Gassen zogen und nichts Schlimmeres im Schilde führten, als einen Abend lang möglichst viel zu saufen und möglichst viel Spaß zu haben.
    Jeden Morgen ging Laura nach dem Aufstehen zum Briefkasten in der Hoffnung auf ein Stellenangebot, aber es traf nie

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