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Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition)

Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Fälscher: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cay Rademacher
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wirft einem Kameraden das geleerte Glas zu und zieht behutsam am Zügel. Langsam reitet er, tief geduckt über den Hals des Pferdes, aus der Tür wieder hinaus. Eine Szene wie aus einem wirren Traum.
    Gejohle seiner Kameraden, englische Ausrufe, die Stave nicht versteht. Er wirft dem livrierten, älteren Diener einen Blick zu. Der starrt auf den Fußboden: Die Hufe des Pferdes haben tiefe Kratzer im alten Parkett hinterlassen, zwischen zwei Tischen dampft Dreck. Der Oberinspektor beobachtet, wie der Captain im Park dem Hengst die Sporen gibt und im Galopp davonstiebt. Er bemüht sich, keine Regung zu zeigen.
    »Der Name des Captains ist so lang wie ein Offiziersdegen. Alter Adel, großer Sportsmann, das Übliche«, erklärt MacDonald.
    »Ich habe da noch ein Anliegen. Dafür werden Sie garantiert keine Erlaubnis Ihrer Vorgesetzten bekommen«, wechselt Stave das Thema und senkt die Stimme.
    »Ich bin dabei.«
    »Sie haben noch gar nicht gehört, was ich will.«
    »Wenn es verboten ist, dann macht es Spaß. Manche Kameraden traben durch Häuser. Ich ziehe es vor, ausgerechnet mit einem deutschen Polizisten verbotene Dinge zu unternehmen.«
    »Ich möchte bei einem Kollegen einbrechen.«
    MacDonald lässt die Gabel sinken. »In der Kripo-Zentrale oder bei ihm zu Hause?«
    »In der Zentrale. Nachts, in sein Büro.« Stave räuspert sich. »Ich habe so etwas letztes Jahr schon einmal gemacht. Wäre beinahe erwischt worden. Es wäre gut, wenn diesmal jemand Schmiere steht.«
    »Klingt nicht wie das, was ein Offizier und Gentleman tun sollte«, erwidert der Lieutenant lächelnd. »Wann soll es losgehen?«
    »Mitternacht?«
    »Perfekt. Wen besuchen wir?«
    »Oberinspektor Cäsar Dönnecke von der Mordkommission.«
    MacDonald lehnt sich zurück. »Dieser Herr ist meinem Dienst bekannt.«
    »Gestapo-Verbindungen, sagt man. Aber niemand hat ihm je etwas nachweisen können.«
    »Und Sie wollen das ändern?«
    »Nein. Ich will nur wissen, was der Kollege in einem aktuellen Fall ermittelt hat. Oder warum er untätig geblieben ist.« Stave setzt MacDonald über seinen heimlichen dritten Fall ins Bild.
    »Der Bankier Schramm schützte Juden, das hat er selbst gesagt, und Staatsanwalt Ehrlich hat es bestätigt. Schramm hatte zudem eine Etage im Kontorhaus gemietet. Könnte sich dort ein Jude versteckt gehalten haben? Andererseits: Mindestens eines der Kunstwerke, die neben den Überresten eines toten Juden entdeckt wurden, hat zu den Requisiten eines Regisseurs gehört, der Hetzfilme gedreht hat. Veit Harlan wäre ungefähr der Letzte im Dritten Reich, der sich eine Verbindung mit einem Juden hätte nachsagen lassen, wie obskur auch immer diese Verbindung gewesen sein mag. Also denke ich, dass sich Kollege Dönnecke in seinem offiziellen Bericht irrt: der Tote ist kein zufälliges Opfer eines Bombenangriffs. Sondern er hat irgendetwas mit den Kunstwerken zu tun. Und ich möchte wissen, ob Dönnecke etwas, sagen wir: inoffiziell über ihn herausgefunden hat. Oder ob er gar nichts über ihn herausfinden wollte – und falls das so ist, warum.«
    »Klingt nach einem guten Grund, um seine Karriere bei einem Einbruch zu riskieren«, antwortet MacDonald.
    Am Spätnachmittag kehrt Stave in sein Büro zurück. Er hat MacDonald ein bestimmtes Fenster an der Rückseite der Kripo-Zentrale beschrieben, wo ihn der Lieutenant erwarten soll. Stave verbringt lange Stunden im fünften Stock. Irgendwann geht Wilhelm Bahr, der Leiter des Chefamtes S. Von den sonstigen Mitarbeitern ist längst niemand mehr da. Kein Türenknallen mehr von anderen Fluren, keine lauten Stimmen, keine Schritte auf Linoleum. Den großen Klotz umhüllt tiefes Schweigen, auf den verwaisten Gängen glimmt nur noch die Notbeleuchtung. Als sich der Oberinspektor vorsichtig die Treppen hinunterwagt, kommt er sich so vor, als schleiche er durch ein labyrinthisches, verhextes Schloss. Vom letzten Treppenabsatz späht er vorsichtig bis in den Vorraum: Ein älterer Schupo ist diensttuender Offizier, er blättert in einer zerlesenen Ausgabe der »Welt«, neben ihm glüht die Röhre eines alten Volksempfängers. Die sanfte Musik des Nachtprogramms des NWDR. Der Mann hört ihn nicht. Gut so.
    Stave schleicht im Erdgeschoss den Gang hinab bis zu dem Waschraum, vor dessen Fenster er MacDonald einbestellt hat. Er betritt eine Toilette, schließt zur Sicherheit ab, drückt ein Fenster auf.
    »Das ging leichter, als ich dachte«, flüstert MacDonald, der sich hochzieht und durch die Öffnung

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