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Der Faenger im Roggen - V3

Titel: Der Faenger im Roggen - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Salinger
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Zimmer
    oder ein Haus oder was weiß ich sein soll.«
»Du hast gesagt, es müsse eine Beschreibung sein. Warum zum Teufel ist denn ein
    Baseball-Handschuh nicht recht?«
»Verdammt noch mal.« Er war wütend. Wirklich in Wut. »Du mußt immer etwas Verrücktes
    tun.«
Er schaute mich an. »Kein Wunder, daß du hier herausfliegst«, sagte er. »Nichts, überhaupt
    nichts kannst du so machen, wie man es dir sagt. Keinen einzigen verdammten Aufsatz.«
»Schön, gib ihn mir wieder«, sagte ich. Ich ging hin und nahm ihm die Blätter aus der Hand.
    Dann zerriß ich sie.
»Was zum Teufel soll das jetzt sein?« sagte er.
Ich gab ihm keine Antwort. Ich warf nur die Fetzen in den Papierkorb. Dann legte ich mich auf
    mein Bett, und wir sagten beide lange nichts mehr. Er zog sich bis auf die Unterhosen aus, und
    ich lag auf dem Bett und zündete mir eine Zigarette an. Das war in den Schlafzimmern verboten,
    aber nachts konnte man es doch wagen, wenn alle schliefen oder aus waren und niemand den Rauch
    riechen konnte. Außerdem tat ich es, um Stradlater zu ärgern. Es machte ihn verrückt, wenn man
    sich gegen die Regeln verging. Er selbst rauchte nie im Zimmer, nur ich.
Er sagte immer noch kein einziges Wort über Jane. Deshalb sagte ich schließlich: »Du kommst
    spät zurück, wenn sie sich nur bis halb zehn abgemeldet hatte. Ist sie wegen dir zu spät
    heimgekommen?«
Er saß auf seiner Bettkante und schnitt sich seine verdammten Zehennägel, als ich das fragte.
    »Einen Augenblick«, sagte er.
»Wer zum Kuckuck meldet sich denn auch am Samstagabend nur bis halb zehn ab?« Großer Gott, ich
    auf dem Bett. Das ging mir wahnsinnig nah, ich weiß nicht warum.
Deshalb stand ich von meinem Bett auf, ich hatte einen richtigen Haß auf ihn.
»Wart ihr in New York?« fragte ich.
»Du spinnst wohl? Wie zum Teufel sollten wir nach New York fahren, wenn sie nur bis halb zehn
    abgemeldet war?«
»Schlimm.«
Er schaute zu mir her. »Hör mal«, sagte er, »wenn du rauchen willst, könntest du das vielleicht
    im Waschraum tun? Du fliegst ja ohnedies, aber ich muß noch bis zum Examen dableiben.«
Ich überging das einfach. Ich rauchte wie wahnsinnig weiter.
Ich drehte mich nur auf die Seite und sah zu, wie er sich seine verdammten Zehennägel schnitt.
    So eine Schule! Die ganze Zeit hatte man jemand vor der Nase, der sich die Nägel schnitt oder
    an Pickeln herumdrückte oder was weiß ich.
»Hast du ihr meine Grüße ausgerichtet?« fragte ich.
»Ja.«
Das war natürlich gelogen.
»Was hat sie gesagt? Hast du sie gefragt, ob sie immer noch alle ihre Damen am Rand
    aufstellt?«
»Nein, das hab ich nicht gefragt. Was zum Teufel meinst du denn, was wir den ganzen Abend getan
    haben - wohl Dame gespielt, um Himmels willen?«
Ich gab keine Antwort. Ich haßte ihn immer mehr.
»Wo bist du denn mit ihr hingegangen, wenn ihr nicht in New York wart?« fragte ich nach einer
    Weile. Ich konnte kaum verhindern, daß meine Stimme zitterte. Ich wurde rasend nervös.
Ich hatte das Gefühl, daß irgend etwas nicht stimmte.
Unterdessen war er mit seinen verdammten Zehennägeln fertig. Er stand vom Bett auf, nur in
    seinen verdammten Unterhosen, und fing an sich humorvoll zu benehmen. Er kam an mein Bett und
    beugte sich über mich und boxte mich verdammt humorvoll an die Schulter.
»Hör auf«, sagte ich. »Wo bist du mit ihr hingegangen, wenn ihr nicht in New York wart?«
»Nirgends. Wir haben nur in dem verdammten Auto gesessen.« Er gab mir wieder so einen blöden
    spielerischen Schlag an die Schulter.
»Hör auf«, sagte ich. »In was für einem Auto?«
»Von Ed Banky.«
Ed Banky war der Basketballtrainer in Pencey. Stradlater gehörte zu seinen Lieblingen, weil er
    der Beste in der Mannschaft war, und Ed Banky lieh ihm sein Auto, wenn Stradlater es nur
    wollte. Die Schüler durften eigentlich keine Autos von den Lehrern nehmen, aber die
    Sportidioten hielten alle zusammen. In jeder Schule, in der ich war, hielten die Sportidioten
    zusammen.
Stradlater boxte mich immer weiter; er hatte seine Zahnbürste in der Hand und steckte sie in
    den Mund. »Was hast du mit ihr gemacht?« fragte ich. »Hast du's in Banky's gottverdammtem Wagen
    mit ihr getrieben?« Meine Stimme zitterte fürchterlich.
»So eine Frage! Soll ich dir vielleicht den Mund mit Seife auswaschen?«
»Hast du's mit ihr gemacht?«
»Berufsgeheimnis, mein Kleiner.«
An das weitere erinnere ich mich nicht mehr deutlich. Ich weiß nur, daß ich aufstand, als ob
    ich mich waschen gehen

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