Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Faenger im Roggen - V3

Titel: Der Faenger im Roggen - V3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J. D. Salinger
Vom Netzwerk:
wollte oder so, und dann versuchte ich ihn mit aller Kraft zu boxen. Ich
    wollte auf die Zahnbürste schlagen, damit sie ihm seinen blöden Hals aufschlitzte. Aber ich
    schlug leider daneben.
Ich traf ihn nur seitlich am Kopf. Wahrscheinlich tat es ihm ein bißchen weh, aber lange nicht
    so, wie ich es wollte.
Vielleicht hätte es ihm sogar sehr weh getan, aber ich schlug mit der rechten Hand, und damit
    kann ich keine richtige Faust machen. Wegen der Verletzung, von der ich schon erzählt
    habe.
Dann lag ich plötzlich am Boden, und er hockte mit rotem Gesicht auf meiner Brust. Das heißt,
    er hatte seine verdammten Knie auf meiner Brust, und er wog mindestens eine Tonne. Er hielt
    mich an den Handgelenken fest, so daß ich ihn nicht mehr schlagen konnte. Ich hätte ihn
    umbringen können.
»Was zum Teufel ist denn mit dir los?« sagte er. Dabei wurde sein blödes Gesicht immer
    röter.
»Tu deine verdammten Knie weg«, sagte ich. Ich heulte beinah. Tatsächlich. »Mach, daß du
    wegkommst, laß mich los, du Hund.«
Er ließ mich aber nicht los. Er hielt meine Handgelenke fest, und ich betitelte ihn mit allem,
    was mir einfiel. Ungefähr zehn Stunden lang. Ich kann mich nicht recht erinnern, was ich noch
    alles sagte. Ich sagte, er meine wohl, er könne es mit jedem Mädchen treiben, wie er gerade
    Lust habe. Er kümmere sich nicht einmal darum, ob ein Mädchen alle ihre Damen am Rand aufstelle
    oder nicht, und er kümmere sich deshalb nicht darum, weil er ein gottverdammter blöder Idiot
    sei. Es machte ihn wild, wenn man ihn als Idioten bezeichnete. Alle Idioten werden wild, wenn
    man sie Idioten nennt.
»Hör auf, Holden«, sagte er mit seinem großen blöden roten Gesicht. »Hör jetzt auf, das rat ich
    dir.«
»Du weißt ja nicht einmal, ob sie Jane oder June heißt, du gottverdammter Idiot!«
»Schweig, Holden, ich warn dich, verflucht noch mal«, sagte er. Ich hatte ihn wirklich in Fahrt
    gebracht. »Wenn du nicht sofort aufhörst, knall ich dir eine.«
»Tu deine dreckigen, stinkigen, idiotischen Knie weg.«
»Wirst du das Maul halten, wenn ich dich loslasse?«
Ich gab keine Antwort.
Er sagte wieder: »Holden, hältst du dann dein Maul?«
»Ja.«
Er ließ mich los, und ich stand auf. Die Brust tat mir höllisch weh von seinen verdammten
    Knien.
»Du bist ein dreckiger Schweinehund von einem Idioten«, sagte ich.
Das brachte ihn wirklich zur Raserei. Er hielt mir seinen dicken langweiligen Finger vors
    Gesicht.
»Holden, verflucht noch mal, ich warne dich. Zum letztenmal. Wenn du das Maul nicht hältst, geb
    ich dir -«
»Warum sollte ich?« schrie ich. Ich war regelrecht am Heulen. »Das ist immer dasselbe mit euch
    Idioten. Ihr wollt nie über etwas diskutieren. Daran erkennt man einen Idioten immer. Sie
    wollen nie auf eine intelligente Art über etwas -«
Da verpaßte er mir wirklich ein Ding, und als nächstes lag ich wieder auf dem verdammten
    Boden.
Ich weiß nicht, ob ich einen Augenblick bewußtlos war, aber ich glaube kaum. Es ist nicht so
    leicht, jemand knockout zu schlagen, außer im Kino. Aber meine Nase blutete in Strömen.
Als ich aufschaute, stand Stradlater direkt über mir. Er hatte sein verdammtes Toilettenzeug
    unterm Arm.
»Warum zum Teufel hältst du nicht die Klappe, wenn ich dich warne?« sagte er. Sein Ton klang
    ziemlich unsicher.
Wahrscheinlich hatte er Angst, daß ich einen Schädelbruch oder was weiß ich haben könnte.
    Leider hatte ich keinen. »Du bist selber schuld, Gott verdamm mich«, sagte er. Herr im Himmel,
    er hatte schön Angst.
Ich versuchte nicht einmal aufzustehen. Ich blieb einfach am Boden liegen und nannte ihn einen
    idiotischen Hund. Ich war so wütend, daß ich gleich heulte.
»Geh und wasch dir das Gesicht«, sagte Stradlater. »Hörst du?«
Ich sagte, er solle doch sein eigenes Idiotengesicht waschen gehn. Das war kindisch, aber ich
    hatte eine rasende Wut. Ich sagte, er solle doch einen Umweg zum Waschraum machen und mit Mrs.
    Smith schlafen. Mrs. Smith war die Frau vom Hausmeister und ungefähr fünfundsechzig.
Ich blieb am Boden sitzen, bis ich hörte, daß Stradlater die Tür hinter sich zumachte und durch
    den Gang zum Waschraum ging. Dann stand ich auf. Ich konnte meine verdammte Jagdmütze nirgends
    finden. Endlich sah ich sie doch. Sie lag unter dem Bett. Ich setzte sie auf, mit dem Schild im
    Nacken, so wie es mir am besten gefiel, und dann ging ich zum Spiegel und schaute mein blödes
    Gesicht an. Dieses Schlachtfeld war sehenswert. Mund und Kinn

Weitere Kostenlose Bücher