Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Faktor X

Der Faktor X

Titel: Der Faktor X Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
Vom Netzwerk:
die Beine an und wurde zu einem Bündel, das nur noch aus Angst und Verzweiflung zu bestehen schien.
    Feiner Schneestaub rieselte auf ihn nieder. Die Lawine – hatte sie der Wind jetzt gelockert? Diskan schreckte aus seinem Nebel der Trübsal hervor. Wenn er nicht mehr vorwärts kam, mußte er einfach zurück, und er mußte sich gleich daran machen, ehe die Passivität und die Kälte seine Nerven und Muskeln völlig lähmten.
     
    Er hatte sich erhoben, schaute nach links und wollte gerade den ersten Schritt zurück tun, als er die dunkle Gestalt entdeckte, die sich wie er an den Felsen schmiegte. Unter den spielenden Fingern des Windes bewegte sich das Fell, aber die klauenbewehrten Pfoten hatten festen Halt, und jene Augen – die jetzt nicht vom Feuer rot schimmerten, wenn sie auch auf ihre Weise immer noch schimmerten wie Edelsteine – waren auf ihn gerichtet. Das Wesen aus der Wildnis kam den Pfad entlang.
    Diskan konnte seine Keule nicht heben, und der Pelzige kam näher. Wieder blieb er stehen und sah ihn an. Diskan zog sich auf die breite Stelle des Simses zurück und schrie – ein Schrei, in dem sich ein wenig trotzige Herausforderung, überwiegend aber wohl die hoffnungslose Kapitulation vor dem unausbleiblichen Schicksal äußerten.
    Er fiel, schlug wild um sich, um einen Halt zu finden. Dann landete das Tier neben ihm, halb über ihm, und er hörte das Dröhnen der Lawine, die sich über ihnen gelöst hatte. Diskan fragte sich, warum die gewaltigen Schneemassen sie nicht mit sich gerissen hatten, aber die Hauptmasse war zu ihrer Linken niedergegangen, bei jener Stelle, die er nur zentimeterweise hatte überwinden können. Er lag halb unter dem Schnee vergraben, aber immer noch auf dem Sims, als die Katastrophe vorüber war und nur noch das letzte Donnern vom Talgrund her in seinen Ohren dröhnte.
    Er spürte heißen Atem auf seiner Wange und roch genau den gleichen Geruch, wie er von den Flecken ausgegangen war, die er auf den Felsen bei seiner ersten Beute entdeckt hatte. Diskan öffnete die Augen und blickte genau in die Augen jenes Wesens. Er atmete schwer und hielt sich völlig still. Das Maul mit den scharfen Fängen war zu nahe bei seiner Kehle, und er erinnerte sich nur zu deutlich an die Wunden, die das letzte Beutetier gehabt hatte.
    Dann zog sich der Kopf des Pelzigen zurück, und das Wesen entfernte sich ein wenig von ihm. Diskan wagte jedoch nicht, sich zu bewegen, ehe es sich bis ganz ans andere Ende der schmalen Plattform zurückgezogen hatte. So vorsichtig er konnte, setzte er sich auf, lehnte sich gegen die Felswand, die Füße über den Abgrund gestreckt.
    Das Tier bewegte sich nicht. Es hatte sich auf die Hinterbeine erhoben und saß aufrecht da. Seine Aufmerksamkeit galt gleichermaßen dem Mann und der Situation, in der sie sich beide befanden. Diskan schauderte. Die Lawine war nun weg, aber er wußte auch, daß er es niemals wagen würde, dem Tier den Rücken zuzukehren, um sich über die schmale Spalte zurückzuarbeiten.
    Als sein Schicksalsgefährte nach wie vor keine Anstalten machte, sich zu bewegen, entspannte sich Diskan ein wenig. Er beobachtete ihn abschätzend. Im Schein des Feuers und auch beim ersten flüchtigen Erkennen hier war er ihm dunkel erschienen. Jetzt aber, da der Wind in den längeren Haaren des Rückenpelzes spielte, kamen frostige Streifen zum Vorschein, als seien die seidigen Haare des Fells näher zur Haut hin um eine Schattierung heller. Die Farbe war eine Art Schiefergrau mit einem bläulichen Schimmer, nur eine Schattierung dunkler als die Felsen hinter ihm, etwas heller noch am Bauch und an den Innenseiten der Beine.
    »Und wie kommen wir jetzt weiter?« unterbrach Diskans Frage plötzlich die lastende Stille.
    Der schmale Kopf schnellte herum. Dann wandte er sich wieder ab, anscheinend ganz absichtlich und mit einer gewissen Bedeutung, und sah zu der Felswand, die sie beide gefangen hielt.
    Ein zweites Mal schaute es Diskan an und dann wieder hinüber zu dem Felsen. Der Mann runzelte die Stirn. Aus diesen Bewegungen eine bestimmte Bedeutung herauszulesen, war schiere Vermutung, aber es schien tatsächlich so, als wolle das Tier seine Aufmerksamkeit in diese Richtung lenken.
    »Da ist doch kein Weg«, erwiderte Diskan. »Ich hab’ schon nachgesehen.«
    Wieder wandte sich der Kopf ihm zu, richteten sich die Augen auf ihn, hielten seinen Blick fest. Diskan unterbrach diesen Kontakt mit einem unterdrückten Aufschrei.
    Er wußte nicht, was geschehen war,

Weitere Kostenlose Bücher