Der Faktor X
der Stadt bestimmt finden!
Aber, waren sie überhaupt noch in der Stadt? Diskan sah sich um und forschte nach einem Zeichen. Die schwarzen Ruinen waren da, aber um sie herum – zwischen der Stadt und ihrem augenblicklichen Standort – befand sich ein breiter, blaugrauer Sumpfstreifen. Eine Art Damm, rauh und rissig, führte zu dem Höhenzug hinüber. Der gleiche Kamm, über den sie nach Xcothal gekommen waren? Diskan war sich nicht sicher. Es konnte ebensogut sein, daß sie unterirdisch quer durch die ganze Stadt gewandert und nun am anderen Ende herausgekommen waren. Aber die Hügel konnten sie erreichen, und sie versprachen Schutz. Das steinerne Viereck, auf dem sie jetzt im schneidenden Wind standen, war kein geeigneter Platz.
»Wir müssen weiter …« Diskan trat neben Zimgrald.
Julha stützte den Zacathan. Feindselig sah sie Diskan an. »Er kann nicht!« rief sie. »Wollen Sie ihn umbringen?«
»Ich nicht«, antwortete Diskan knapp. »Aber dieser Wind könnte es tun – oder unsere Verfolger. Wir müssen dort hinauf …« Er deutete zu dem Höhenrücken. »Und zwar so schnell wir können.«
Der Zacathan nickte. »Er spricht die Wahrheit, Kleines. Und ich bin noch nicht am Ende meiner Kräfte.«
»Hier hinunter.« Diskan trug Zimgrald beinahe in die Richtung, die ihm als der einfachste Weg erschien. »Bleiben Sie dicht hinter mir«, rief er dem Mädchen zu. Er ging langsam, aber er leistete sich keine Fehltritte, während er Zimgrald weiterschleppte, auch als das Gewicht des Echsenmenschen mehr und mehr auf ihm lastete.
Unter Diskans Rippen bildete sich ein Band aus Schmerzen; seine Beine und sein Rücken taten weh – auch das mußte er vergessen. Jetzt, der nächste Stein hier – dort konnte man bequemer gehen. Da, zwei Schritte – die nächsten zwei Stufen – Stufen? Diskans Erinnerung setzte zögernd ein. Zum erstenmal gestattete er sich, weiter nach vorn zu blicken, als nur ein paar Schritte.
Felsen rundherum, und da vor ihnen, Stufen – und dann wieder ein ebenes Stück. Sie hatten die Anhöhe erreicht!
14
»Hier herein!«
Diskan sah das Mädchen weiter vorne lebhaft winken. Er taumelte weiter; die Schmerzen unter seinen Rippen wollten ihn schier auffressen, und Zimgralds Gewicht war fast mehr als er tragen konnte. Noch einmal strengte er sich an und schleppte sich mit dem Verletzten hinauf zwischen zwei Felssäulen in eine Ausbuchtung, wo sie der Wind nicht erreichte und wo Julha bereits begonnen hatte, den hereingewehten Schnee zu entfernen.
Er versuchte, den Zacathan vorsichtig auf den Boden zu legen, aber er taumelte und fiel mit seiner Last hin, und Zimgrald lag halb über ihm. Dann lag Diskan eine Weile nur da, bis heftiges Rütteln an seinem Arm sein Bewußtsein ein wenig mehr zurückbrachte. Julha hatte sich über ihn gebeugt. Ihre Augen schimmerten wild, so haßvoll, überlegte er dumpf, wie bei ihrem ersten Zusammentreffen.
»Aufstehen! Sie müssen aufstehen und mir helfen! Es geht ihm schlechter als Ihnen – helfen Sie mir!« Sie schlug mit aller Gewalt in Diskans Gesicht, hart genug, um seinen Kopf gegen die hartgefrorene Erde prallen zu lassen. Dann rissen ihre Finger, die sich in seinen Parka verkrallt hatten, an ihm und versuchten ihn hochzuzerren.
Irgendwie schaffte er es, seine Arme unter sich zu bekommen und seinen Oberkörper hochzustemmen, aber er keuchte dabei vor Anstrengung. Wieder fiel er zurück und sah das wütende Mädchen stumpf an.
Der Zacathan lag nun auf dem Rücken und war in eine Plasta-Decke gewickelt. Eine schnabelartige Nase stand spitz in einem Gesicht, aus dem das ganze Fleisch weggeschmolzen schien, so daß die Knochen scharf hervortraten. Seine Augen waren geschlossen, und sein Atem kam schwach und unregelmäßig.
Direkt neben ihm stand eine kleine tragbare Wärmeeinheit – und die Wärme, die sie ausstrahlte, erreichte, obgleich direkt auf den Zacathan gerichtet, auch Diskan ein wenig, so daß er, noch halb benommen, seine steifen Finger bewegte und in die willkommene Wärme streckte. Der Packen, den das Mädchen getragen hatte, und sein eigener waren geöffnet, und ihr Inhalt lag wild verstreut überall herum, als habe sie sehr hastig nach etwas Bestimmtem gesucht. Und ein Erste-Hilfe-Koffer stand daneben.
»Ich sage Ihnen«, ihre Hände waren vor dem Mund, und ihre Augen blickten groß und starr, »es geht ihm schlechter! Ich habe keine Stärkungsmittel mehr. Er braucht Tiefschlaf- und Aufbauinjektionen. Ich habe keine!«
Diskan
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