Der Falke des Lichts
auch immer die Wahrheit aussah, ein Krieger mußte seinem rechtlichen Herrn gehorchen. Also schüttelte ich den Kopf. »Ich will versuchen, dieses Geschenk anzunehmen.« Mein Mund war trocken, und meine Hände waren schweißnaß.
Ich konnte Lugh nicht sehen, aber ich spürte sein Lächeln. »Geh also und zieh es.«
Ich ging hinüber zu dem Schwert, und jeder Schritt wurde mir schwer. Mein Tod würde jetzt kommen, wenn ich nicht die Kraft hatte, das Schwert zu heben. Ich stand davor, und das Licht, warm und dunkelrot, ergoß sich über mich. Ich fiel auf die Knie.
»Licht«, sagte ich, »mein Herr, Hoher König, die See ist um mich, und der Himmel ist über mir und die Erde unter mir, und wenn ich dir die Treue breche, möge die See aufsteigen und mich ertränken, möge der Himmel zerbrechen und auf mich fallen, möge die Erde sich öffnen und mich verschlingen; so sei es.« Der dreifache Eid war unnötig, das wußte ich. Aber er wurde immer geschworen, wenn man Waffen von seinem Herrn empfing. Ich holte tief Atem, streckte beide Hände aus, schloß sie um das Heft des Schwertes und begann, es zu ziehen.
Es war heiß, heiß wie Flammen, und meine Hände brannten. Das Licht in dem Rubin sprang, wurde stärker, wurde wild und rot, so rot wie Blut, wie das Blut, das in meinen Ohren donnerte und mit seinem Pulsschlag meinen ganzen Körper erschütterte. Ich zog an dem Schwert, und das Licht glitt die entblößte Klinge entlang, es war noch immer rot. Ich spürte meine Hände nur als Zentrum des Schmerzes, ich war sicher, daß sie mir abbrannten. Ich konnte fast riechen, wie sie stanken. Ich zog das Schwert weiter heraus, und plötzlich war es aus der Scheide, und ich schrie auf, weil das Licht und das Feuer dieses Schwertes plötzlich an meiner Seele entlanglief. Ich verbrannte darin, und ich sah mich selbst, mein ganzes Selbst, enthüllt in diesem Licht. Alle Finsternis, die ich gesehen hatte, lag dort, und alle Finsternis, die ein Teil meiner selbst war, schrie auf und befahl mir, das Schwert fallen zu lassen, ehe es mich erschlug. Und es erschlug mich, denn ich war eingehüllt von seinem Licht, und es war wirklich kein Schwert für Sterbliche. Aber das Licht wünschte, daß ich es zog. Deshalb hielt ich fest, spürte, wie die Luft weißglühend in meine Lungen zog, wie sie jeden Teil in mir verbrannte: Herz, Seele, verzehrt in einem Licht, das nicht länger rot, sondern brennendweiß war wie das Herz der Sonne. Meine Kraft verließ mich, und ich zog mich in mich selbst zurück, suchte irgendeine Kraft, die mir half, das Schwert in dieser Qual zu halten. Einen Augenblick lang schien es, als ob ich keine Kraft hätte, als ob ich mich in Nichts auflöste, denn jetzt war es zu spät, das Schwert sinken zu lassen.
Und dann spürte ich, wie plötzlich eine Kraft in mir meine Glieder erfüllte, klar und weißglühend. Sie erfüllte mein innerstes Wesen, das schon lange davon geträumt hatte, wenn ich es auch nicht einmal geahnt hatte. Ich hob das Schwert hoch über den Kopf, so daß die Spitze zum Himmel zeigte, und ich bemerkte jetzt ganz schwach, daß es rein und strahlend brannte wie ein Stern. Ich schrie im Triumph auf, ich wußte nicht, was ich sagte, denn ich hatte gesiegt, und es war mein.
Und dann, ganz plötzlich, war der Schmerz vergangen, und ich kniete vor der leeren Wand, und das Schwert glühte in meinen Händen langsam schwächer.
»Es ist geschehen«, sagte Lugh sehr sanft. »Ich bin froh.«
Ich schaute erst das Schwert, dann meine Hände an. Sie waren überhaupt nicht verbrannt. Ich schaute wieder das Schwert an. Sein Licht war dunkler geworden, nur noch ein Glitzern lag auf der Klinge. Ich drehte mich zu Lugh um, der noch immer still in der Tür stand, umgeben von einem strahlenden, klaren Licht. Er lächelte. »Der Name des Schwertes ist Caledvwlch, das Harte«, sagte er. »Es hatte früher einen anderen Namen, aber jetzt ist es dein, und ein neuer Name wurde ihm verliehen für einen neuen Tag.«
»Es ist mein«, sagte ich noch immer verwirrt. Eine Welle großer Freude überflutete mich. »Mein Herr gab mir Waffen.«
Lugh nickte. »Du bist jetzt Krieger des Lichts. Vergiß das nicht, Maienfalke. Jetzt,« - Lugh durchquerte das Zimmer und half mir auf die Beine - »jetzt ist dein Herr in einen Krieg verwickelt, und du mußt deine Waffe benutzen.«
»Wo ist die Schlacht?« fragte ich. »Und welchem Heerbann soll ich mich anschließen?«
»Die Schlacht wird überall um dich her toben. Und laß dich
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