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Der Falke des Lichts

Der Falke des Lichts

Titel: Der Falke des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Bradshaw
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kannte. Da begriff ich, daß ich hätte fliehen sollen. Ich kannte Irisch, Britisch, Latein und etwas Piktisch, alle Sprachen, die in Britannien gesprochen werden, außer einer. Die einzige, die ich nicht kannte, war die sächsische Sprache - und Sachsen trugen auch Helme. Aber ich hatte zu lange gezögert, und jetzt war es zu spät zu fliehen. Die Krieger waren schon fast über mir. Ich würde sie bluffen müssen, und ich hoffte, daß die Sachsen ihren Ruf der gedankenlosen Brutalität nicht verdienten. Ich hoffte, daß die anderen Behauptungen über die Sachsen korrekt waren, nämlich, daß es ihnen an Phantasie mangelte und daß sie blöde waren.
    Der Sachse, der mich angerufen hatte, wiederholte seine Begrüßung. Ich nickte, in der Hoffnung, daß ich wie ein Idiot wirkte, und ich trat zur Seite, um sie passieren zu lassen.
    Es waren alles hochgewachsene Männer, das sah ich jetzt. Und die meisten hatten das seltsam blasse, blonde Haar, das auch zum Ruf der Sachsen gehört. Drei dagegen waren dunkelhaarig. Sie waren sehr gut bewaffnet mit Schwertern, Wurfspeeren und Lanzen und mit den langen Messern, den Saxen, von denen sie ihren Namen haben. Die Pferde waren mit Lebensmitteln beladen: drei Schweinen, Korn und ein paar einfachen Säcken, die entweder Obst oder Gemüse enthielten. Die Gruppe kam auf mich zu, jetzt langsamer, und der Anführer blieb plötzlich stehen und runzelte die Stirn. Er sagte etwas, das auf einem fragenden Ton endete. Ich schüttelte den Kopf.
    Er machte noch einen Schritt auf mich zu, zögerte wieder und starrte mich intensiv an. Er machte eine Geste mit der linken Hand. Einer seiner Kameraden bemerkte etwas in ihrer merkwürdigen, gutturalen Sprache, und der Anführer schüttelte zweifelnd den Kopf und stellte eine weitere Frage. Ein seltsamer Klang lag in seiner Stimme, ein Klang der Unsicherheit, fast der Angst. Seine Kameraden hatten die Spitzen ihrer Speere sinken lassen. Ich schüttelte wieder den Kopf.
    Der Anführer warf einen Blick auf seine Freunde, dann sprach er britisch. Er hatte einen Akzent, aber ich verstand ihn ganz gut. »Ich said, ich grüße ju, wer immer du seist.« Er zögerte wieder, beobachtete mich, das Weiße in seinen Augen zeigte sich deutlich. Dann fuhr er feindselig fort: »Wer bist ju, und warum reist du diese Straße, so kurz vor Nachtfall?«
    »Ich. ich gehe, weil ich muß«, sagte ich. »Wenn die Nacht kommt, werde ich anhalten.«
    Einer der anderen Sachsen trat zornig nach vorn. Er senkte seinen Speer. »Dat ist keine Antwort, Briton! Wat willst ju im Reich der Westsachsen? Wennst ju ein Höriger seist, wo ist dein Meister? Wennst ju kein Höriger seist, was tust du?«
    »Eduin!« sagte der Anführer in besorgtem Ton. Und in der plötzlichen, gespannten Stille, die folgte, musterte er mich wieder, als ob er das nicht mochte, was er sah. Ich stand ruhig da und dachte hart nach.
    Der zweite Sachse, Eduin, diskutierte schnell etwas mit dem Anführer durch. Er machte eine Geste nach Osten. Der Anführer sah unsicher aus, kaute auf seinem Schnurrbart, wurde dann wütend und wandte sich von seinem Gesellen wieder mir zu. »Wo ist dein Meister, Briton?« wollte er wissen.
    Sie hielten mich also für einen Hörigen, und sie hatten dies das Reich der Westsachsen genannt. Ich suchte alles zusammen, was ich von den sächsischen Königreichen wußte. Es war so leicht, »die Sachsen« zu sagen und dabei an eine Nation zu denken, die ganz Ostbritannien bewohnte. Es war leicht, die Unterschiede zwischen ihnen außer acht zu lassen, die verschiedenen Stämme, die Sachsen, die Angeln, die Goten, die Franken. Aber die Westsachsen hatten Aufmerksamkeit genug erlangt, so daß sich jeder an sie erinnerte. Cerdic war der König der Westsachsen, und er hatte eine der alten römischen Provinzen genommen, die östliche Hälfte von Dumnonia. In solch einem Gebiet, das neu erobert war oder vielleicht den Eindringlingen aktiven Widerstand leistete, in solch einem Land würde ein Britannier entweder Höriger sein oder Feind. Es war sicherer, hörig zu sein, besonders wenn die Chancen elf zu eins standen und wenn dieser eine noch ein schlechter Kämpfer war.
    »Nu, antworte, Briton!« sagte der sächsische Anführer. Wieder lag ein Tonfall in seiner Stimme, den ich nicht verstehen konnte, ein Klang, der fast an Verzweiflung erinnerte.
    »Ich.« Was konnte ich sagen? »Ich habe keinen Herrn.«
    Jetzt senkte auch der Anführer den Speer, und die Spitze war nur einen Fuß von mir

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