Der Falke von Aryn
länger dort sein wird.«
Sie wandte sich an Raban. »Wo, sagtest du, wäre das Haus, in dem Serrik sich versteckt?«
»Das grüne Haus oben am Tor«, erklärte Raban. »Du kennst es, dort hat Visal früher seine Geliebten untergebracht.«
»Noch ein Beweis«, knurrte sie.
»Nein«, widersprach Raban. »Es hat dort vor ein paar Jahren gebrannt, und er hat das Haus verkauft. Der neue Besitzer hat es wieder aufgebaut und vermietet es an Händler oder andere, die länger in der Gegend sind.«
»Wer ist der neue Besitzer?«, fragte sie.
Raban zuckte mit den Schultern. »Ich kann nicht alles wissen. Aber Serrik hat es ganz offiziell gemietet, er versteckt sich nicht einmal. Er stolziert herum, als hätte er keine Sorge auf der Welt, und führt seine neuen Kleider aus. Obwohl …« Er kratzte sich am Hinterkopf. »Wenn er einen seiner Steckbriefe sieht, hört er damit gewiss schnell auf.« Er sah hoffnungsvoll auf. »Soll ich mit euch kommen?«
Lorentha zögerte, doch Raphanael schüttelte leicht den Kopf. »Amos.«
Raban schaute ihn verständnislos an, doch Lorentha wusste, was der Manvare meinte. Der Goldene Eber war nicht weit vom grünen Haus entfernt, was vielleicht kein Zufall war. Sie erinnerte sich an Raphanaels Kampf mit dem Mann, sie hatte zumindest ihre Schwerter, aber Raban …
»Nein«, entschied sie. »Du bleibst besser hier und hältst weiter die Ohren offen.« Er wollte protestieren, doch sie hielt die Hand hoch, um ihn davon abzuhalten.
»Glaube mir, Raban, es gibt einen guten Grund.«
Er nickte langsam und tat dann, als wäre er enttäuscht. »Der Wein geht aufs Haus«, sagte er großzügig und sah zu, wie sich die beiden durch die Menge Richtung Ausgang quetschten.
Er wartete noch einen Moment länger und ging dann zum Hinterausgang hinaus, wo jemand auf ihn wartete.
»Du hast dir Zeit gelassen«, brummte Mort.
Raban zuckte mit den Schultern. »Sie hatten viele Fragen.«
»Wo sind sie hin? Suchen sie Serrik oder wollen sie zum Palastarchiv?«
»Serrik. Anschließend wollen sie zum Tempel.«
»Die Tempelarchive«, meinte Mort nachdenklich. »Vielleicht sind sie ja tatsächlich unberührt. Komm mit.«
»Wohin?«
Mort seufzte. »Dem jungen Fräulein nach. Und bevor du fragst: Wenn du Serrik wärest und du wüsstest, dass sie hinter dir her ist, was würdest du tun?«
»Abhauen«, sagte Raban, ohne zu zögern.
»Oder?«
»Abhauen. So schnell wie möglich.«
»Ich würde einen Hinterhalt legen«, sagte Mort.
»Ich nicht.«
Mort blieb stehen und schaute ihn nachdenklich an. »Warum? Sie sind nur zu zweit.«
»Nun gut«, gab Raban nach. »Serrik kennt sie nicht, vielleicht versucht er es ja damit.«
»Du bist nicht besorgt?«, fragte Mort, während sie weitergingen.
»Habt Ihr sie schon kämpfen sehen?«
»Zweimal«, sagte Mort.
»Gegen einen einzelnen Gegner oder eine Übermacht?«, fragte Raban.
Mort schaute ihn fragend an.
»Gegen einen Einzelnen gibt sie sich keine Mühe«, erklärte Raban. »Erst bei einer Übermacht fängt der Zauber an. Oh …«
Na also, dachte Mort. Jetzt ist ihm eingefallen, dass ihre Mutter eine Walküre war und das mit dem Zauber vielleicht wortwörtlich stimmte. Er ging ein wenig schneller. Das konnte interessant werden.
»Müssen wir denn rennen?«, beschwerte sich Raban prompt.
»Serrik hat einen Hinterhalt gelegt. In der Adlergasse. Drei seiner Leute sowie Jorgen und seine Bande. Insgesamt zehn Mann. Aber wenn du meinst, dass sie keine Hilfe braucht, können wir auch langsamer gehen.«
Raban ging schneller.
»Woher wisst Ihr das schon wieder?«
Mort erlaubte sich ein feines Lächeln. »Ich habe Jorgen belauscht.«
»Und woher wusste er, dass sie durch die Adlergasse geht?«
»Visal hat ihm gesagt, dass ihr befreundet seid und sie sich zuerst an dich wenden wird, wenn sie Serrik sucht. Ich stand daneben«, ergänzte er, bevor Raban fragen konnte.
»So dumm, wie er tut, ist Valkin gar nicht«, stellte Raban verärgert fest.
Mort sagte nichts dazu. Seiner Meinung nach war Lord Visal sogar ausgesprochen dumm. Das Problem war nur, dass seine Dummheit dem jungen Fräulein sogar noch gefährlicher werden konnte als ihm selbst.
Der Hinterhalt
35 »Hast du nicht vorhin gesagt, dass du schon länger nicht mehr überfallen wurdest?«, fragte Lorentha nebenbei, als sie über den Backmarkt hinüber zur Adlergasse gingen.
»Es war nicht so ganz ernst gemeint«, sagte Raphanael mit einem Lächeln.
»Schade«, sagte sie.
»Warum?«
»Weil ich
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