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Der Fall Carnac

Der Fall Carnac

Titel: Der Fall Carnac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel-Aimé Baudouy
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für beendet hielten, eine neue Wendung nahm.
    Und es war Kikri, der den Stein von neuem ins Rollen brachte. Mit heftigem Flattern sprang er auf das Fensterbrett.
    »Mein Gott!« rief Anne plötzlich. »Kikri muß etwas in der Kehle haben! Sieh mal, wie er sich dauernd den Hals kratzt!«
    Und tatsächlich kratzte sich Kikri nicht nur den Hals, sondern sein Schnabel stand halb offen, als ob irgend etwas ihn daran hindere, ihn ganz zu schließen. Das konnte man gegen das Licht genau sehen.
    »Kikri, Kikri, mein Kleiner...«
    Anne faßte nach dem Hahn und nahm ihn auf den Schoß, während Line neben ihm niederkniete und ihm den Schnabel aufzumachen suchte. Doch Kikri wußte die Sorge, die man ihm angedeihen lassen wollte, nicht zu schätzen und wehrte sich energisch.

    Nach vielen Bemühungen brachte er endlich eine kleine braune Masse zum Vorschein, die ihm innen im Schnabel gesteckt zu haben schien.
    »Ich brauche eine Pinzette.«
    »Eine Augenbrauenpinzette! Lauf rasch ins Badezimmer!«
    Line kam schnell zurück, mit dem stählernen Instrument bewaffnet.
    Mit einem kurzen Ruck zog sie die schwärzliche Kugel heraus, die ausgefasert und klebrig wirkte.
    Es war ein Stückchen Stoff, das die Mädchen auf dem Tisch glätteten.
    Das Gewebe war so verzogen und ausgefranst, daß der ursprüngliche Fadenlauf kaum noch zu erkennen war. Geduldig ordnete Line mit einer Nadelspitze Faden für Faden, und es gelang ihr, ein Stück Stoff von der Größe dreier Konfettikreise wiederherzustellen.
    »Es ist Wolle«, erklärte Line, »mehr kann man nicht sagen.«
    »Und außerdem sind es weiße und schwarze Fäden«, setzte Anne hinzu.
    »Ja, schwarze und weiße Fäden... aber damit sind wir so klug wie zuvor.«
    »Trotzdem ist es ein Beweis.«
    »Ach was! Kikri kann das Fetzchen Stoff sonstwo aufgepickt haben. Auf dem Hof zum Beispiel, dort könnte es der Wind hingeweht haben...«
    »Und warum nicht vom Rücken des einen Mannes aus dem Zelt?«
    »Also gut, wieder die Zeltbewohner! Gestern abend fandest du sie wer weiß wie höflich.«
    »Aber sie sind heute nacht verschwunden. Das ist verdächtig.«
    »Das ist verdächtig! Sollen wir uns an die Verfolgung der beiden Burschen mit dem Zelt machen, obwohl nichts gestohlen ist? «
    In diesem Augenblick kamen die beiden Jungen zurück.
    »Kein Wort!« sagte Line. »Darüber müssen wir erst nachdenken.«
    Die Mahlzeit war rasch verzehrt. Die Mädchen gaben vor, viel Arbeit im Haus zu haben, und drängten die andern vier, gleich zum Strand zu gehen. Sie wollten rasch wieder allein sein.
    Das Stückchen Wollstoff, das Anne in einen Umschlag geschoben hatte, wurde aus seinem Versteck hervorgeholt. Doch die Untersuchung förderte nichts Neues für die Mädchen zutage: weiß und schwarz, kleine Karos, wie es schien, eine Art Hahnentritt.
    »Ich würde viel drum geben, wenn ich die Kleidung der beiden Burschen aus dem Zelt untersuchen könnte!« murmelte Anne.
    »Sie hatten rote oder gelbe Hemden an, welche Farbe, weiß ich nicht genau, aber bestimmt keine grauen.«
    »Aber aus grober Wolle?«
    »Ja, ich glaube.«
    »Sie können ja noch Hemden in anderer Farbe haben, nicht wahr?«
    Line rang die Hände.
    »Du kommst nicht von ihnen los!«
    »Es ist immerhin eine Spur, sogar die einzige, die wir haben.«
    Line lachte auf.
    »Jetzt sprichst du schon wie ein Polizist. Da, pack dein Beweisstück sorgfältig weg, dann können wir das Abendessen machen. Das ist wichtiger. Was Ordentliches zu essen! Von all den Aufregungen habe ich einen rasenden Hunger. Wir könnten ja einen Kuchen backen. Weißt du ein gutes Rezept?«
    »Rezepte? Da stehen jeden Donnerstag welche in der Zeitung. Wollen wir sie heraussuchen? «
    Mit leichtem Bedauern verbarg Anne den Umschlag unter einem Stapel von Küchenhandtüchern, öffnete die Türe der Anrichte und nahm einen ganzen Stoß Zeitungen heraus, den sie auf den Tisch legte.
    Die beiden Mädchen machten sich daran, die Zeitungen durchzublättern, wobei das Papier laut raschelte.
    »Da ist schon eins!« rief Anne. »Vier gleiche Teile — Butter, Eier, Mehl, Zucker... Das haben wir alles da. Und der Kuchen ist nicht schwer zu backen.«
    Line verschwand hinter einer aufgeschlagenen Zeitung.
    »Hast du nicht gehört?«
    »Wie bitte?«
    »Ich frage, ob du gehört hast, was ich sage. Was liest du denn da so Interessantes?«
    »Hier, das!« erwiderte Line und legte die Zeitung offen auf den Tisch.
    Mit dem Finger zeigte sie auf eine Schlagzeile auf der ersten Seite: »Ein

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