Der Fall der Bücher (Kindle Single) (German Edition)
eine Mordermittlung hineinspaziert war. Sollte er nichts mit der Sache zu tun haben, waren das zwar überflüssige Vorsichtsmaßnahmen, aber sollte er da doch mit drinstecken, dann atmete er jetzt sicher beruhigter, als er das auf dem Weg zu seiner Signierstunde getan hatte.
Zusätzlich behielt ich meinen Trenchcoat an, was ihm und allen anderen den Eindruck vermitteln sollte, dass ich mich nicht lange aufhalten würde.
Damit er sich etwas entspannte, sagte ich: »Ich habe zwei Ihrer Bücher gelesen.«
Seine Miene schien sich tatsächlich etwas aufzuhellen. »Welche denn?«, erkundigte er sich.
»Das über den Schriftsteller, der seinen Agenten umbringen wollte.«
»Das war ein reiner Liebesdienst«, informierte er mich.
»Ach wirklich? Ich stelle mir vor, dass alle Schriftsteller davon träumen.«
»Die meisten. Einige würden lieber ihre Verleger umbringen.«
Ich lächelte, dann sprach ich weiter. »Und ich habe Tote Ehe gelesen, über die junge Frau, die ihren älteren Ehemann um die Ecke bringt. Tolles Buch.«
Er schwieg einen Moment. »Ein solches Buch habe ich nicht geschrieben.«
»Nein? Das tut mir leid. Manchmal verwechsle ich die Bücher und ihre Autoren.«
Er ließ sich nicht darauf ein. Stattdessen fragte er: »Weiß Mia Bescheid?«, und ich fragte mich, ob das wohl als Freud’scher Fehler durchging.
»Wer?«
»Mrs Parker.«
»Ach so, natürlich. Mia. Nein. Wir hinterlassen solche Nachrichten niemals auf dem Anrufbeantworter. Wir warten noch ungefähr fünfzehn Minuten, dann müssen wir den Toten in die Leichenhalle bringen. Warum rufen Sie sie nicht an?«, schlug ich vor.
Er zögerte. »Das ist ein Anruf, den ich ungern tätigen möchte.«
»Verstehe. Ich werde anrufen. Aber hätten Sie ihre Nummer parat?«
»Nicht bei mir.«
»Sie haben sie nicht in Ihrem Handy gespeichert?«
»Ähm … Ich weiß es nicht. Haben Sie denn nicht ihre Nummer?«, fragte er mich.
»Nicht bei mir. Warum schauen Sie nicht in Ihrem Adressbuch nach?«, schlug ich vor. »Ich muss sie wirklich dringend sprechen. Außerdem ist es so besser, als wenn wir sie ins Leichenschauhaus einbestellen müssen.«
»Also gut …« Er zückte sein Handy und durchsuchte das Adressbuch, wobei er laut kommentierte: »Hier habe ich ihre Festnetznummer … Otis’ Handy … und ja, tatsächlich, hier ist Mias Handy nummer.«
»Gut.« Ich streckte meine Hand aus, und widerwillig reichte er mir sein Handy. Wäre ich völlig unverfroren, hätte ich jetzt schon seine Anrufliste überprüft, aber das konnte ich, wenn nötig, immer noch später erledigen. Ein Klick auf eine Kurzwahltaste genügte, und Mia Parker nahm ab.
»Wo bist du, Jay?«
Ich sitze neben einem Kommissar in der Dead-End-Buchhandlung. Ihre Stimme klang angenehm. »Hier ist Detective Corey, Mrs Parker.«
»Wer?«
»Detective Corey von der New Yorker Polizei. Ich rufe von Mr Lawrences Handy aus an.«
Stille.
»Ich befinde mich in der Dead-End-Buchhandlung, Madam«, fuhr ich fort. »Es tut mir sehr leid, aber ich muss Ihnen mitteilen, dass sich ein Unfall ereignet hat.«
»Ein Unfall?«
»Haben Sie die Nachrichten erhalten, die wir auf Ihrem Telefon hinterlassen haben?«
»Nein … welche Nachrichten?«
»Über den Unfall.«
»Wo ist Jay?«
Um wen ging es hier eigentlich? »Er sitzt neben mir«, antwortete ich.
»Warum benutzen Sie sein Telefon? Ich will mit ihm sprechen.«
Sie schien sich nicht besonders für den Unfall zu interessieren oder wer in ihn verwickelt war, also gab ich das Telefon wieder an Jay.
»Ich bin’s«, sagte er.
Ich bin es, Mia. Mamma Mia, Mia. Otis ist rigor mortis.
»Es gab hier einen Unfall«, wiederholte er für sie. »Otis ist …« Er blickte zu mir, und ich schüttelte den Kopf. »Otis ist schwer verletzt«, sagte er.
Sie sagte etwas, woraufhin er sie fragte: »Wo bist du? Kannst du so schnell wie möglich hierherkommen?«
Er hörte ihr zu, nickte mir zu und sagte dann: »Ich warte hier auf dich.«
Er beendete das Gespräch. »Sie ist in ihrer Wohnung. Sie wird in zehn oder fünfzehn Minuten hier sein.«
Ich sprach meine Gedanken laut aus. »Warum konnten wir sie vorher nicht erreichen?«
»Sie sagte mir, sie schreibe an einem Projektvorschlag. Sie hat ihr Büro zu Hause. Wenn sie an einem Projekt arbeitet, schottet sie sich völlig von der Außenwelt ab.«
»Tatsächlich? Machen Sie das auch so?«
»Ja.«
»Ich hätte auch gerne so ein hermetisch abgeschottetes Zimmer.« Um ehrlich zu sein, trinke ich Scotch, wenn
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