Der Fall der Bücher (Kindle Single) (German Edition)
ich die Welt um mich herum vergessen will, und dafür ist jedes Zimmer gut genug.
»Sie hat Ihren Anruf entgegengenommen«, bemerkte ich.
»Sie ist gerade eben fertig geworden.«
»Verstehe.«
Dann, wieder laut denkend, sagte ich: »Normalerweise werden schwer verletzte Unfallopfer ins Krankenhaus gebracht. Sie bleiben nicht in einer Buchhandlung liegen.«
Lawrence erwiderte nichts.
»Und trotzdem scheint Mrs Parker es nicht ungewöhnlich zu finden, dass sie in die Buchhandlung kommen soll.«
Wir schauten uns in die Augen. Dann sagte er: »Ich nehme an, dass sie vermutet, dass es mehr als nur ein Unfall ist, Detective. Und wie die meisten Menschen, die einen solchen Anruf erhalten, wird sie sehr aufgelöst sein und will die Dinge wohl nicht ganz wahrhaben. Können Sie mir folgen?«, fragte er mich.
»Kann ich. Vielen Dank.«
Zwei Dinge will ich kurz erwähnen. Erstens konnte ich Jay Lawrence nicht leiden und er mich nicht. Gegenseitige Abneigung auf den ersten Blick. Wo er doch die Polizei in seinen Romanen derart glorifizierte. Rick Strong von der Polizei in Los Angeles. Was für eine Enttäuschung. Vielleicht mochte er Polizisten ja, nur mich nicht. Bei aufgeblasenen Wichtigtuern provoziere ich nun einmal diese Reaktion. Was mich zu meinem zweiten Punkt bringt.
Lawrence war aalglatt und antwortete ohne Umschweife auf meine doch recht unverblümten Fragen. Ich kenne diesen Typ Mensch zur Genüge. Es handelt sich fast immer um Männer: egoistisch, egozentrisch, für gewöhnlich charmant und versierte Lügner. Mit einem Wort: Soziopathen. Von Narzissmus will ich gar nicht erst reden. Außerdem gehörte es zu seinem Beruf als Romanschriftsteller, Leuten Mist zu erzählen.
Aber vielleicht war ich zu voreingenommen und verurteilte Jay Lawrence zu voreilig und zu scharf. Was machte es schon aus, ob ich ihn leiden konnte oder nicht. Ich würde ihn nie wiedersehen. Es sei denn, ich brachte ihn wegen Mordes hinter Gitter. Mit Sicherheit würde ich keines seiner Bücher mehr lesen. Oder vielleicht würde ich sie in der Bücherei ausleihen, um ihn um seine Tantiemen zu bringen.
»Mir ist der Stapel mit Ihren Büchern in Mr Parkers Büro aufgefallen«, sagte ich. »Würden Sie die Bücher gerne signieren, während Sie warten?«
Er antwortete nicht. Vielleicht zog er meinen Vorschlag tatsächlich in Betracht. Ich meine, ein signiertes Buch ist ein verkauftes Buch. Und er brauchte dringend den Absatz, oder etwa nicht?
»Sie müssen dafür nicht nach oben gehen. Es sei denn, sie möchten. Ich kann Scott damit beauftragen, die Bücher nach unten zu bringen«, versicherte ich ihm.
»Ich denke nicht, dass es angemessen wäre, in dieser Situation Bücher zu signieren, Detective«, antwortete er kühl.
»Nun, vielleicht haben Sie recht. Aber … ich weiß, dass es unpassend ist, aber könnten Sie eines für mich unterschreiben?« Und Ihre DNA und Ihre Fingerabdrücke auf dem Buch hinterlassen?
»Vielleicht später.«
»Okay.« Ich blieb neben ihm sitzen und fragte ihn: »Wo sind Sie untergebracht?«
»Im Carlyle.«
»Nettes Hotel.«
»Mein Verleger zahlt.«
»Wann sind Sie in New York eingetroffen?«
»Gestern Abend.«
»Wie lange bleiben Sie?«
»Ich fliege heute Abend nach Atlanta.«
»Schaffen Sie es, zur Beerdigung zurück zu sein?«
Er überlegte. »Das muss ich mit meiner Agentin abklären. Diese Buchtouren werden Monate im Voraus geplant«, erklärte er. »Ich weiß, es klingt herzlos, aber …«
»Ich verstehe. Ein plötzlicher Todesfall passt nicht in einen vollen Terminkalender. Sie können diesen Satz gerne in Ihrem nächsten Buch verwenden«, bot ich ihm an.
Aber er ging nicht auf mein Angebot ein, sondern sagte nur: »Wenn Sie mich kurz entschuldigen würden. Ich muss ein paar Anrufe erledigen. Ich muss meine Agentin informieren, dass ich meine heutigen Termine in anderen Buchhandlungen und die Interviews mit der Presse nicht wahrnehmen kann.«
»Selbstverständlich«, sagte ich und erhob mich aus dem Sessel. »Wenn Mrs Parker hier erscheint, überlasse ich es Ihnen, ihr die Neuigkeit mitzuteilen.«
Er sagte nichts.
Nun, Mr Lawrence saß also in der Buchhandlung, und Officer Rourke leistete ihm Gesellschaft, und Scott saß im Lager und schrieb an seinem Bestseller in der Gesellschaft von Officer Simmons, und Otis Parker lag allein in seinem Büro und hatte mittlerweile wohl Zimmertemperatur erreicht. Zeit für mein Frühstück.
Ich schnappte mir die braune Papiertüte vom Verkaufstresen und
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