Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fall des Lemming

Der Fall des Lemming

Titel: Der Fall des Lemming Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Slupetzky
Vom Netzwerk:
zurück …»
    «Na, werden mir sehn. Die Polizei vertraut fest auf Ihnen, Herr Direktor. Lustige Pflanzen, was Sie da haben. Schaun ein bisserl krank aus, irgendwie …»
    Krotznig ist bemüht, hochdeutsch zu sprechen. Ein gleichermaßen rührendes wie aussichtsloses Unterfangen. Es klingt, als hätte er einen Knoten in der Zunge. «Bonsais. Japanische Zwergbäume …», mischt sich Huber jetzt ein.
    «Gusch, Huber! Ah so, Zwergbäumerln. Aha …»
    «Mein Hobby», sagt Söhnlein, «verstehen Sie etwas davon?»
    «Nicht wirklich», meint Huber, «sollen aber ziemlich wertvoll sein …»
    «Wertvoll? Die Krewecherln? A g’scheide deutsche Eichen, verstehst, Huber, des is a Baam!»
    Betretenes Schweigen. Der Lemming presst seinen Ärmel gegen die Nase. Kaum wagt er zu atmen. Doch da fährt Krotznig mit belegter Stimme fort: «Aber … also schon hübsch, die Bäumerln, bitteresk gewissermaßen …» Er räuspert sich. «Ja, Herr Direktor, wenn S’ mir gestatten, quasi in media res zum gehen … Wie war denn des, seinerzeits? Hat da wer von Ihneren Kollegen einen extra Hass gehabt auf den Herrn Grinzinger? Können S’ Ihnen an was entsinnen?»
    «Das kann man so nicht sagen. Ich meine, richtig beliebt war er wohl bei niemandem. Aber Hass … na ja … am ehesten vielleicht noch der David Neumann. Er wollte keine Sitzenbleiber, der Doktor Grinzinger, und der Neumann hat das Jahr wiederholen müssen, er ist im Herbst davor von einer anderen Schule zum Schebesta gewechselt. Aber der arme Neumann hat sich ja … es war fürchterlich. Und dann noch der Felix Serner, im Sommer darauf …»
    «Wegen der Sache mit der Buttersäure …», unterbricht Huber.
    «Gusch, Huber. Wie … wie war denn des mit der Säure?»
    «Also, davon weiß ich nichts … Moment … doch, da war etwas … ganz dunkel kann ich mich erinnern … Irgendwann, ich glaube, es muss Anfang achtundsiebzig gewesen sein, also, da hat es einen Aufruhr wegen des Autos vom Doktor Grinzinger gegeben. Jemand hat Buttersäure hineingespritzt, angeblich mit einer Injektionsnadel durch die Dichtungen. Das stinkt fürchterlich, wie Erbrochenes. Das kriegt man kaum mehr heraus aus den Sitzen. Ich habe das vor Jahren selbst erlebt, bei meinem alten Mercedes. Wahrscheinlich ein Racheakt, ein entlassener Mitarbeiter … Damals in der Schule hat man den Täter auch nicht gefasst, soweit ich weiß … obwohl, na ja, der Neumann stand natürlich im Verdacht … Ich verstehe aber nicht, was das mit dem Felix Serner zu tun haben soll …»
    «Der Serner war der Vandalist. Gar ned der Neumann. Ist in sein’ Abschiedsbrief gestanden.»
    «Der Serner … mein Gott … Aber deshalb bringt man sich doch nicht um …»
    «Mir haben sich erhofft, dass S’ Ihnen da zurückerinnern», meint Krotznig geduldig. Und Huber fügt hinzu: «Felix Serner hat in dem Brief geschrieben, dass er sich schuldig fühlt. An David Neumanns Selbstmord, aber auch am Tod seines Vaters. Wissen Sie darüber etwas?»
    Es bleibt eine Zeit lang still. Als Söhnlein endlich antwortet, klingt seine Stimme fern und entrückt, fast so, als spräche er im Traum.
    «Neumanns Vater … natürlich … der hatte doch das Kaffeehaus gegenüber der Schule. Ich bin da nicht oft gewesen, ein paar Mal vielleicht … Es war … wie soll ich sagen, es hatte nicht den besten Ruf, das Kaffee Neumann … Ich weiß nur, dass sie am selben Tag … also, dass der David am selben Tag wie sein Vater gestorben ist, Sie wissen schon … also dass er sich …»
    «Dass er ins Wasser gangen ist», ergänzt Krotznig.
    «Ja. Aber ich verstehe trotzdem nicht, was das mit dem Serner …»
    «Mir auch nicht …»
    «Und … verzeihen Sie die Frage», fährt Söhnlein fort, «aber was hat das alles mit dem Mord am Kahlenberg zu tun? Ich meine … Wenn Sie schon auf einen Schüler tippen – der Doktor Grinzinger hatte wahrscheinlich Tausende …»
    «Ja, des ist, weil … Sagt Ihna des Datum was? Fünfzehnter März?»
    So weit ist Krotznig also auch schon, denkt der Lemming verärgert. Das Datum. Von wem hat er das bloß? Etwa gar von Steinhauser? Das wäre wenigstens ein guter Grund, um am Abend den Preis für seine supa-exklusive G’schicht herunterzuhandeln.
    «Fünfzehnter März», murmelt Söhnlein, «fünfzehnter März … meinen Sie vielleicht … weil man uns Iden-Club genannt hat?»
    «Volltreffa. Korrekt. Warum Iden-Club?»
    «Weil … also das war so eine Sache. Wir sind einmal – es

Weitere Kostenlose Bücher