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Der Fall Lerouge

Der Fall Lerouge

Titel: Der Fall Lerouge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Èmile Gabroriau
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die von Ihnen vermutete Nervenkrise ausgelöst haben.«
    Zu Noëls Erstaunen fragte Hervé nicht nach Einzelheiten dieser merkwürdigen Eröffnung, sondern sagte nur, ganz Arzt, der eine Diagnose zu stellen hat: »Vor drei Wochen? Hat sie Schmerzen gehabt?«
    Â»Kopfschmerzen, ja, und sie konnte schlecht sehen und klagte über ein Brausen in den Ohren. Sagen Sie mir die Wahrheit, Hervé! Wie steht es um sie?«
    Â»Sehr schlecht. Ich habe kaum Hoffnung. Nur ein Wunder könnte sie retten.«
    * * *
    A ls Vater Tabaret das Haus verließ, schlug es elf von der Uhr am Bahnhof St-Lazare. Tabaret schwirrte der Kopf von all dem Neuen, das er erfahren hatte, und so ging er, trotz der Eile, zu Daburon zu kommen, zu Fuß. Er mußte sich in frischer Luft über einiges klarwerden. »Wer hätte das gedacht?« brummte er vor sich hin. »Solch ein Zufall! Aber mit meinen Kombinationen war ich nicht allzuweit von der Wahrheit entfernt. Da erweist es sich mal wieder, daß man vor dem Unwahrscheinlichen nicht haltmachen darf. Es ist eben alles möglich. Jetzt bin ich in der Lage, sowohl das Verbrechen aufzuklären als auch Noël zu seinem Namen und seinem Vermögen zu verhelfen. Hoffentlich dreht er über all dem Geld, das ihm jetzt zufällt, nicht durch.«
    Eine Weile ging Tabaret schweigend durch die Nacht. Dann lachte er leise und murmelte: »Wer hätte das von Madame Gerdy gedacht? Mein Vermögen hätte ich ihr anvertraut! Wenn ich daran denke, daß ich ihr fast einen Heiratsantrag gemacht hätte ...« Vater Tabaret schüttelte es bei der Erinnerung. Doch bald wurde er bei der Vorstellung wieder fröhlich, wie Gevrol jetzt hinter dem Mann mit den Ohrringen herjagte. »Der schäumt, wenn er erfährt, wie weit ich schon bin.«
    An der Brücke von St-Peres stockte sein Fuß bei dem Gedanken, daß er Noël nicht nach allen Einzelheiten gefragt und es dabei hatte bewenden lassen, die Geschichte nur in großen Zügen kennenzulernen. »Vielleicht haben meine Kritiker recht, wenn sie behaupten, ich ginge zu schnell vor. Ein Kreuzverhör mit Noël wäre das Richtige gewesen. Oder vielleicht doch nicht? Womöglich wäre mein junger Freund dann daraufgekommen, daß ich mit der Rue de Jerusalem kooperiere.«
    Der Untersuchungsrichter Daburon, der seinem Diener befohlen hatte, Tabaret zu jeder Tages- und Nachtzeit vorzulassen, stand sofort aus dem Bett auf, warf sich einen Hausmantel über und empfing Tabaret im Schlafzimmer.
    Â»Sie haben doch sicher etwas von Bedeutung herausgefunden?« fragte er. Und als der alte Mann nur vielsagend lächelte, drängte Daburon: »Nun reden Sie doch schon!«
    Â»Ich weiß, wo der Mörder zu finden ist.« Behaglich beobachtete Tabaret, wie der Richter von dem Bett hochsprang.
    Â»Das ist doch nicht möglich!« rief er.
    Â»Ich wiederhole: Ich weiß, wo der Mörder zu finden ist.«
    Â»Dann«, sagte Daburon, »sind Sie der fähigste Kriminalist auf diesem Planeten, und ich werde mich von nun an immer Ihrer Mitarbeit versichern.«
    Â»Vielen Dank, Monsieur. Aber mir kommt an derganzen Sache kaum ein Verdienst zu. Es ist mir fast alles in den Schoß gefallen, sozusagen.«
    Â»Seien Sie nicht zu bescheiden, Tabaret. Glück hat nur der Tüchtige. Setzen Sie sich, und berichten Sie.«
    Und Tabaret wiederholte Noëls Geschichte, konnte selbst die gehörten Briefstellen fast Wort für Wort aus dem Gedächtnis zitieren. »Die Briefe habe ich gesehen«, erläuterte er, »einen von ihnen habe ich an mich genommen, damit die Schrift mit der des Grafen verglichen werden kann.« Und er händigte Daburon den gestohlenen Brief aus.
    Â»Erstaunlich!« Daburon war tief beeindruckt. »Das Verbrechen ist aufgeklärt, ganz ohne Zweifel. Und die These ist wieder einmal erhärtet: Böse Taten gebären Böses. Die böse Tat des Vaters hat den Sohn in den Mord getrieben.«
    Â»Absichtlich habe ich noch keine Namen genannt, weil ich Ihre unbeeinflußte Meinung hören wollte.«
    Â»Nennen Sie sie ruhig. Und wenn noch so einflußreiche Leute in die Sache verwickelt sein sollten: Ein französischer Richter weiß, was er dem Gesetz schuldig ist.«
    Â»Der Mann«, sagte Vater Tabaret, »der seinem ehelichen Sohn den illegitimen vorgezogen hat, ist der Graf Rheteau de Commarin. Der Mörder der Madame Lerouge kann

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