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Der Fall Peggy: Die Geschichte eines Skandals (German Edition)

Der Fall Peggy: Die Geschichte eines Skandals (German Edition)

Titel: Der Fall Peggy: Die Geschichte eines Skandals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Jung , Christoph Lemmer
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Peggy war zwei Stufen über ihm. Seine Klassenlehrerin war damals Christl Maier, die auch Peggy schon unterrichtet hatte. Sie kennt beide Kinder. Über Felix sagte sie uns: »Er konnte sich selten konzentrieren und war extrem unruhig.« Ganz schlimm sei es nach dem Verschwinden von Peggy geworden. Da sei mit ihm überhaupt nichts mehr anzufangen gewesen. Er habe im Unterricht immer aus dem Fenster geschaut, und wenn er aufgerufen wurde, antwortete er nicht oder erzählte ohne Zusammenhang, was ihm gerade im Kopf herumspukte. Nur wenn der Name Peggy fiel, sei Felix hellwach gewesen. »Er war von dem Mädchen richtig besessen«, so Frau Maier. Wenig Gutes sagte die Lehrerin auch über Felix’ Mutter, die als Alleinerziehende für ihn und seinen älteren Halbbruder Markus sorgte. In ihrer Anwesenheit sei der Bub noch schwieriger gewesen als ohnehin schon. Außerdem habe sie nie verstanden, warum Katja Ludwig ständig mit Journalisten Kontakt hielt und auch Felix von Zeitungs- und Fernsehreportern befragen ließ.
    Die Rolle der Mutter ist auch in Polizeikreisen bis heute umstritten. Bei den Befragungen sprach Felix selten selbst, meist ergriff seine Mutter für ihn das Wort. Das war bei unserem Gespräch mit Felix ähnlich – häufig antwortete zuerst die Mutter, und der Sohn bestätigte nur, was sie gerade gesagt hatte.
    Für die Polizei war das ein echtes Problem. Die Beamten konnten selten eindeutig bestimmen, was Felix tatsächlich erlebt und gesehen hat und was er vielleicht nach Gesprächen mit seiner Mutter dazuphantasiert hatte.
    *
    Zwei Wochen nach Peggys Verschwinden hatte Katja Ludwig Kommissar Pilz in seinem Büro besucht. Sie klagte über Felix’ Schulprobleme und erklärte, sie würde ihren Sohn gerne von einem Psychologen untersuchen lassen. Sie habe den Eindruck, Felix verberge etwas vor ihr. Ihr Sohn verhalte sich genauso wie ein Jahr zuvor, als er zuerst nicht erzählen wollte, was er mit Ulvi Kulac erlebt habe. Ulvi habe Felix gezwungen, ihm beim Onanieren zuzusehen. Felix habe einige Tage über den Vorfall geschwiegen, bis er sich endlich getraut hätte, sich seiner Mutter zu offenbaren.
    Kommissar Pilz wurde hellhörig – weniger wegen Felix’ psychischer Probleme, sondern weil er bis dahin noch nie gehört hatte, dass Ulvi sich auch Felix sexuell genähert haben soll. Von anderen Kindern wusste er, diese Fälle waren Stadtgespräch in Lichtenberg. Pilz hegte den Verdacht, es könnte einen ganzen Kinderschänder-Ring in Lichtenberg geben, zu dem auch Ulvi gehören könnte. Besonders misstrauisch beobachtete er das Treiben in der Gaststätte »Zur goldenen Sonne« am Marktplatz. Dort waren nicht nur ständig kleine Kinder zu Gast, Ulvi half ausgerechnet in diesem Lokal immer wieder am Tresen und in der Küche aus.
    Zwar konnte Pilz nie eine wirklich heiße Spur in Sachen Kinderschänder-Ring finden, aber immerhin hatte Ulvi exhibitionistische Handlungen zugegeben. Und mehr noch: Kurz nach Peggys Verschwinden soll Ulvi Pilz gegenüber angeblich eingeräumt haben, er habe auch Peggy sexuell bedrängt. Und jetzt war das Mädchen verschwunden! Gab es da womöglich einen Zusammenhang?

    Eine Woche später war Katja Ludwig erneut bei der Soko aufgetaucht. Diesmal nahmen sich gleich drei Beamte ihrer an. Sie erzählte, Felix frage sie neuerdings ständig, »welche Strafe man auf Lügen zu erwarten habe«. Warum er das wissen wollte, sagte er nicht. Außerdem sei ihr eingefallen, dass Felix am 7. Mai 2001 erst sehr spät nach Hause gekommen sei – um 18.45 Uhr. Wo er so lange gesteckt habe, wisse sie nicht, er wolle nicht damit herausrücken. Bei einer Psychologin sei sie inzwischen übrigens auch gewesen, seitdem sei der Bub noch verstörter als zuvor. Er habe Angst, ihm könne etwas passieren.
    Während Pilz davon überzeugt war, dass Felix irgendetwas Wichtiges gesehen habe, wussten seine Kollegen von der Soko Peggy nicht viel mit dem Jungen anzufangen. Seine Aussagen waren einfach zu widersprüchlich, als dass sie verwertbar gewesen wären. Einmal behauptete er, er sei am Nachmittag des 7. Mai mit Peggy auf dem Parkplatz vor dem Feuerwehrhaus gewesen; dann wieder sagte er, die beiden hätten am Brunnen auf dem Marktplatz gespielt. Felix’ Bruder Markus bestätigte die Parkplatz-Variante, für die andere gibt es keine Zeugen. Hinterher sei er zu seinem Freund Jürgen gegangen, sagte Felix im Verhör. Wie kann er dann aber in der Kleingartensiedlung und am Schlossberg gewesen sein? Außerdem

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