Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fall Peggy: Die Geschichte eines Skandals (German Edition)

Der Fall Peggy: Die Geschichte eines Skandals (German Edition)

Titel: Der Fall Peggy: Die Geschichte eines Skandals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Jung , Christoph Lemmer
Vom Netzwerk:
erklärten sowohl Jürgen als auch dessen Mutter, dass Felix an diesem Nachmittag keineswegs bei ihnen gewesen sei.
    Kommissar Pilz ließ sich von all dem nicht beirren. Im Gegenteil. Er begann, ein Vertrauensverhältnis zu Felix und seiner Mutter aufzubauen. Mit Katja duzte er sich bald, man tauschte die Handynummern aus. Für Felix wurde er so etwas wie ein Onkel, in der Schule gab der Junge manchmal mit ihm an. Er habe sogar mit der Pistole spielen und ein paarmal abdrücken dürfen, erzählte er seinen Klassenkameraden. Munition sei aber nicht in der Waffe gewesen.
    Katja Ludwig wiederum nutzte den kurzen Draht zur Soko und ließ die Beamten über Pilz wissen, was sie von den Ermittlungen hielt. Im August 2001 beschwerte sie sich etwa darüber, dass Ulvi immer noch frei herumlaufe. Felix habe die Bemerkung fallenlassen, dass Ulvi »irgendetwas Sexuelles« mit Peggy gemacht habe.
    Einen Monat später, am 10. September 2001, informierte Pilz Katja Ludwig am Telefon darüber, dass die Soko Felix noch einmal vernehmen wolle. Die Mutter erklärte sich prinzipiell einverstanden, wollte aber vorher erfahren, worum es geht. Ein Wunsch, den Pilz ihr erfüllte: Man wolle wissen, ob Felix schon einmal in der Wohnung von Ulvi Kulac gewesen sei. Spontan antwortete Katja Ludwig, das könne sie sich nicht vorstellen. Am Abend rief sie allerdings überraschend bei Pilz an. Ihr sei da noch etwas Wichtiges eingefallen: Vor ein paar Tagen sei sie auf dem Burgfest gewesen. Da habe sie Leute über Ulvi reden hören. Sie hätten geschwärmt, dass Ulvi sein Zimmer immer so schön aufräume. Das habe sie soeben ihrem Sohn erzählt – er solle sich in Sachen Ordnung ein Beispiel an Ulvi nehmen und sein Zimmer endlich einmal sauber halten. Da habe Felix plötzlich ausgerufen: »Das ist ja gar nicht wahr. Da liegen lauter Bierdosen rum!« Auf ihre Frage, woher er das wisse, habe Felix zugegeben, dass er doch schon einmal in Ulvis Wohnung gewesen sei.
    Eine Woche später folgte der nächste Anruf bei Kommissar Pilz. Diesmal erzählte Felix’ Mutter, ihr Sohn habe »nach der Festnahme des Ulvi Kulac über Schmerzen an seinem Penis« geklagt. Sie habe sich daran erinnert, dass Felix dieselben Schmerzen schon ein Jahr zuvor gehabt hatte. Damals sei sie mit ihm zu ihrem Hausarzt gegangen. Felix’ Vorhaut sei regelrecht »zerfetzt« gewesen, sagte sie uns in einem Interview. Wir fragten bei besagtem Hausarzt nach. Tatsächlich konnte er sich an diesen Besuch erinnern. Er habe allerdings keinerlei Verletzungen am Penis des Jungen festgestellt.
    Im November 2001 meldete sich Katja Ludwig schließlich mit einer weiteren Neuigkeit. Felix habe von einer eingestürzten Mauer neben einer Scheune gesprochen. Es handele sich vermutlich um den Ort, an dem Peggys Leiche versteckt sei. Pilz nahm den Hinweis wie üblich ernst und schickte einen Kollegen zu Felix’ Mutter. Die beiden fuhren zu besagter Scheune, ein Hinweis auf Peggy fand sich dort allerdings nicht, auch nicht bei einer späteren Ortsbegehung. Katja Ludwig präzisierte daraufhin, Felix habe von »zwei eingestürzten Mauern« gesprochen. Nur leider habe er nicht erwähnt, wo diese zu finden seien.
    Es war vorerst der letzte Versuch der Soko Peggy, herauszufinden, ob Felix tatsächlich ein Augenzeuge war oder nicht.

Kapitel 10
    Die Soko ist am Ende
    E in halbes Jahr nach Peggys Verschwinden muss sich die Soko eingestehen, dass sie trotz immensen Aufwands keinen Ansatz gefunden hat, zu klären, was mit dem Mädchen geschehen sein könnte. An den technischen und personellen Mitteln, die die Polizei zur Verfügung hatte, dürfte das eher nicht gelegen haben. Das geht aus einem Zwischenbericht hervor, den Soko-Chef Manhart am 17. Oktober 2001 für seine Vorgesetzten schrieb. Seine Bilanz umfasst sechs Seiten. Das Dokument, das uns vorliegt, bietet einen seltenen Einblick in die ausweglose Lage der Ermittler, die mit diesem Papier im Grunde ihr Scheitern erklären. Die »Sachlage«, nämlich das »Verschwinden eines Kindes«, sei zwar nicht außergewöhnlich. Es gebe »gewisse Parallelen zu einigen vom Grundmuster her ähnlich gelagerten Fällen in Deutschland«. Im Gegensatz »zu anderen Ereignissen« sei aber im Fall Peggy »ein zielführender Ansatzpunkt (Leiche, Auffinden eines Gegenstandes der Vermissten, verifizierbare Zeugenaussagen etc.) bisher nicht zu verzeichnen«.
    Auch an Spuren und Hinweisen hatte es nicht gefehlt. Die Ermittler hatten »bis dato 3838 Spuren« registriert. Davon

Weitere Kostenlose Bücher