Der Fall Zamar (German Edition)
kehrt die Glaubwürdigkeit der geschriebenen Zeilen mehr hervor, als wenn nur ihre Unterschrift auf dem fertigen Papier gestanden hätte. Klar war auch, dass dieses Weib das nicht ganz freiwillig schreibt, die Jungs mussten bestimmt nachhelfen. Eigentlich eine machbare Aufgabe, mit diesem halben Kind werden die locker fertig.
Einzig und allein ein Punkt stand fest: Es musste bis zum Abend erledigt sein. Balroso wollte noch vor Abflug in die Türkei eine Bestätigung über den erfolgreichen Abschlusses des Auftrages.
Er bog mit seinem Mietwagen auf den Parkplatz des Rent-Car-Centers des Hartfield-Jackson-Airports. Dreißig Minuten blieben ihm noch bis zum letzten Einchecken.
Also gut, er versuchte Ismahat zu erreichen, obwohl das gegen die Absprache war. Er zog sein Telefon aus der Tasche und wählte die einsam eingespeicherte Nummer.
Es dauerte etwas länger, bis eine Männerstimme fragte: „Ja?“
„Hallo.“ Zögern. „He!“ Pause. „Ja bitte?“
Mit großer Sicherheit klang so nicht Ismahat.
„Ja bitte? Melden Sie sich.“
Balroso legte auf, denn er erkannte, dass es keiner seiner drei Freunde war, die das Telefon bedienten. Selbst wenn Ismahat etwas passiert wäre, er nicht hätte sprechen können, so sollte auf jeden Fall einer der anderen in der Lage sein, Balroso eine Nachricht zu senden.
Und diese Worte klangen nach reinstem amerikanischen Englisch, was diese drei Kerle definitiv nicht beherrschten. In wessen Händen ist jetzt also das Telefon?
Balroso wurde unruhig. Hat dieses Weib die Jungs überrumpelt? Nein. Das scheidet aus. Sollte es etwa einem intelligenten Individuum in den Reihen der Polizei gelungen sein, dieses Mordgeflecht gelöst zu haben? Wo war jetzt Zamar eigentlich? War sie tot?
Mist, er hatte nicht mehr viel Zeit, bevor sein Flug ging. Irgendwie musste er herausfinden, ob das Telefon in den Händen der Polizei war. Er musste wissen, was dort passiert war. Balrosos Verschlagenheit brütete in kürzester Zeit einen Plan aus. Er sah auf die Uhr. Er könnte es schaffen. Dann muss er die Entscheidung treffen, den Flug nach Europa zu nehmen oder nicht.
Deshalb nahm er aus seinem Koffer ein Basecap, eine Trainingsjacke von Puma, wie sie nur die Teenies so farbenfroh trugen, und zog beides an. Es passte zwar nicht ganz zu seiner schwarzen Anzughose, erfüllte aber seinen Zweck. Unter der bunten Jacke ließ er sein Jackett. Ein wenig gedrängelt sah die Kombination aus, aber es ergab Sinn. Dazu setzte er noch eine Pilotenbrille auf, die den Vorteil hatte, viel von seinem Gesicht zu verdecken.
Ordnungsgemäß gab er den Mietwagen in der Leihstelle ab und fuhr mit dem ATI-Sky-Train ganze drei Minuten bis zum Terminal des Flughafens. Seinen Koffer hinter sich herziehend, betrat Balroso das Terminal Süd, der einem Ameisenhaufen glich. Auf dem größten Passagierflughafen der Welt tummelten sich zu jeder Tageszeit Tausende Leute, was ihm sehr entgegenkam, um unentdeckt zu bleiben. Er selbst gab sich zielstrebig und wirkte wie jeder andere Reisende auch.
Er durchstreifte die Halle, das Gesicht immer kamerascheu nach unten gerichtet, bis er fand, wonach er suchte. In dem Shop für Kinderbekleidung und Spielzeug sprangen mehrere Jungen und Mädchen umher, die er für sein Unternehmen brauchte, denn Kinder im Alter von drei oder vier Jahren entwickeln noch nicht solch ausgeprägten Sinn für die Erstellung eines Phantombildes. Aber an die knallige Jacke können die sich bestimmt erinnern.
Also betrat Balroso den Laden und streifte durch die Regale, an den Ablagen vorbei. Immer wieder tobte ein kleiner Junge um seine Beine herum, während seine Mutter genervt am anderen Regalende ein paar Hosen betrachtete. Anscheinend wartete der Vater vor der Tür.
Balroso nahm eines von den niedlichen Stofftieren aus dem Regal und ging dann in die Hocke. Einen Moment später kam der Junge um die Ecke gelaufen.
„He, Kleiner!“ Balrosos Stimme wurde weich wie Honig. „Schau mal, willst du diesen süßen Eisbären haben?“
Der Junge blieb verblüfft stehen und sah ihn aus strahlenden Augen an. Er nickte zaghaft.
„Du kannst ihn bekommen, das ist überhaupt kein Problem“, sagte Balroso schmalzig. „Hier, nimm ihn.“ Er hielt ihm den Bären entgegen. „Kannst du dann für mich etwas machen? Es ist ganz einfach.“ Er nahm sein Handy aus der Jackentasche. „Bringe das Telefon mal in die Mülltonne, es ist kaputt, aber in die dort draußen.“ Er zeigte mit ausgestrecktem Finger auf einen
Weitere Kostenlose Bücher