Der Fall Zamar (German Edition)
kurz in ihre braunen Augen, die aber in ihrem schmal geformten Gesicht hervorstachen. Madea Zamar sollte vermutlich eine Terroristin sein? Monroe konnte es nicht glauben, aber er wusste auch, wie sehr man sich täuschen kann.
5.
„Newsweek“, Mittwoch, 8. Oktober
Das Schweigen der Marines
Vorgestern begann nach langem Anlauf die Hauptverhandlung gegen Sergeant Ron Bolwik vor dem Militärgericht in Camp Pendleton, Kalifornien. Tatverdächtiger Bolwik wird beschuldigt, den ehemaligen Truppensanitäter Matthew Holland ermordet zu haben. Vor zwei Jahren soll Bolwik in das Haus des Opfers eingedrungen sein und es nach einem Streit erschossen haben. Der Tatverdächtige bestreitet alle Vorwürfe. Der Verteidiger Bolwiks zeigt sich optimistisch, den Tatverdächtigen mit einem Freispruch aus der Verhandlung zu bekommen, da weder die Tatwaffe noch eindeutige Spuren des Täters gefunden wurden. Die Ankläger wollen Bolwik, der bis vor Kurzem noch für sein Vaterland in Afghanistan diente, durch einen Indizienprozess überführt sehen. Der Pressesprecher des Militärs hält sich mit seinen Aussagen zu Sergeant Bolwik sehr bedeckt. Das Militärgericht ist gewillt, den Prozess ohne großes Aufsehen über die Bühne zu bringen, denn es geht um ein heikles Thema im US-Marine-Corps: Ehrenkodex.
Hintergrund: Vor acht Jahren wurden in der irakischen Kleinstadt Haditha bei einer Kontrollfahrt ein US-Soldat durch einen versteckten Sprengsatz auf der Straße in seinem Fahrzeug getötet. Daraufhin zogen die wutgeladenen Kameraden in die nahegelegenen Häuser und erschossen wahllos deren Einwohner. 24 irakische Zivilisten, darunter Kinder und Frauen, kamen dabei ums Leben.
Der spät beginnende Prozess vor dem Militärgericht gestaltet sich zäh und langwierig, da keiner der Marines der damaligen Patrouille sich zu der Bluttat äußerte und die Ermittler nur wenig Ansatzpunkte hatten, um genau zu sagen, wer die Schüsse auf die Opfer abgab. Einige Beweise wurden in dem Gerichtsverfahren nicht aufgenommen, andere waren plötzlich verschwunden, außerdem wurden wichtige Zeugen nicht zur Verhandlung eingeladen.
Die Wende in dem Gerichtsprozess kam erst, als der psychisch labile Matthew Holland, der als Sanitäter in dem Konvoi dabei war, eine Aussage machte. Aufgrund der schwer lastenden Beweislage in zwei Fällen wurde Staff Sergeant Gregory Moor zu vier Jahren Haft verurteilt, wobei er nach einem Jahr wegen guter Führung schon wieder entlassen wurde. Bei den anderen Marines konnten die Starverteidiger, unter ihnen Paul Bourton und Edward Holms, alle Anklagepunkte geschickt niederschlagen, sodass die Kameraden den Gerichtssaal als freie Männer verlassen konnten.
Das ganze Gerichtsverfahren sollte nach Meinung der Generäle ohne großen Medienrummel stattfinden, denn das Ansehen der US-Marines nahm großen Schaden. Doch letztendlich fand die Geschichte den Weg in die Nachrichten. Irakische Menschenrechtsorganisationen sahen das Urteil als Hohn gegenüber den Opfern, irakische Politiker sprachen von mehr Fingerspitzengefühl, da sie die gerade guten Beziehungen zu den USA nicht gefährden wollten. Aber lauter waren die Stimmen aus der rebellierenden Milizenschaft im Irak, sie wollten Rache und den Kampf gegen die ungläubigen Amerikaner in ihrem Land erst recht.
Aber auch die Wellen im eigenen Land schlugen hoch. Die Wut über die verräterischen Aussagen von Holland spürte man bei vielen Marines. Der ehemalige Sanitäter bekam Hassbekundungen in Briefform, und nicht nur einmal war sein Haus beschmiert mit dem Schriftzug ‚Verräter‚. Bis zu seinem gewaltsamen Tod war Holland in psychiatrischer Behandlung.
Der Prozess zu Bolwik soll in der nächsten Woche fortgesetzt werden.“
Er legte die Zeitung auf seinen Schreibtisch aus feinstem Teakholz und lächelte vor sich hin. Das Büro war für die paar Designermöbel und edlen Bilder viel zu groß, aber es zeigt nach außen Macht. Der Mann, dem man ansieht, dass er gutes Essen mag, lehnte sich in seinem Bürosessel zurück und weilte gedanklich noch bei dem Artikel, den er eher zufällig las.
Schön, wenn die Iraker wieder ihre Waffen rausholen, um zu kämpfen. Zurzeit wird es im Zweistromland viel zu ruhig, sagte er zu sich selbst. Der Artikel schürt zwar noch mal den Hass zwischen den Irakern und Amerikanern, aber das reicht nicht, um bei den islamischen Rebellen die politische Unruhe hochzupuschen, die er sich für seine Geschäfte wünscht. In letzter Zeit
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