Der Fall
Ortsgespräche, Ferngespräche, Auslandsgespräche, Businesstarif, Schlummertarif, was Sie wollen.« Er warf den Umschlag auf Saras Schreibtisch.
Sara blätterte flüchtig in dem dicken Stoß fotokopierter Seiten. »Woher haben Sie –?«
»Die Anrufe sind ganz hinten aufgeführt«, sagte Guff.
Als Sara die Liste mit Raffertys Telefonaten überflog, stellte sie fest, dass Claire Donigers Nummer jedes Mal rot umrandet war.
»Wenn es Sie beruhigt: Jared hatte vollkommen recht. Die beiden stehen zweifellos in irgendeiner Form von Beziehung zueinander«, sagte Guff, während Sara weiter in dem Bericht blätterte. »Rafferty hat zwar behauptet, sie hätten nur ein paar Mal miteinander gesprochen, aber allein für die Mordwoche wurden fast vierzig Gespräche registriert. Vier am Tag des Einbruchs, an dem Arnold Doniger unserer Meinung nach ermordet wurde, und fünf an dem Tag, an dem er laut Claire Donigers Aussagen starb. Wie dem auch sei, die beiden quatschen mehr als Lucy und Ethel.«
»Gut. Und was gibt es Neues über unseren Freund mit den eingefallenen Wangen?«
»Da treten wir weiterhin auf der Stelle.«
»Wann sollen die Fotos hier eintreffen?«, fragte Sara.
»Genau in diesem Moment«, sagte Moore mit einem Blick auf seine Uhr.
»Könntest du –«
»Bin schon unterwegs.« Moore stand auf und ging zur Tür. »Sobald sie in der Poststelle eintreffen, gehören sie uns.« Als er Saras nervösen Gesichtsausdruck sah, fügte er hinzu: »Keine Sorge. Es wird schon klappen.«
»Ich weiß nicht«, erwiderte Sara. »Was ist, wenn sie über mich und Jared Bescheid wissen?«
Moore drehte sich zu ihr um. »Mach dir da mal keine Sorgen. Sie wissen von nichts.«
Als Elliott um die Ecke bog und am Bestattungsinstitut vorbeiging, sah er, dass vor seinem Haus ein dunkelblauer Wagen stand.
Sobald er darauf zuschritt, ging das Seitenfenster nach unten. Als er sich zu ihm hinabbeugte, sah er Rafferty.
»Alles in Ordnung?«, fragte Rafferty.
Elliott gefiel dieser Ton nicht. »Was sollte nicht in Ordnung sein?«
»Nur so eine Frage. Ich wollte lediglich wissen, ob du was Neues von Sara gehört hast.«
In diesem Moment wurde Elliot klar, dass etwas nicht stimmte. Entweder wusste Rafferty etwas, oder er versuchte etwas herauszubekommen. »Nur das Übliche«, sagte Elliott. »Warum? Hast du was gesehen?«
»Nur das Übliche«, erwiderte Rafferty sarkastisch. »Aber sobald der Prozess losgeht, werden wahrscheinlich die Fetzen fliegen.«
»Das würde ich gern sehen! Du musst mir alles darüber erzählen.«
»Natürlich – ich würde dich doch nie außen vor lassen.«
»Was soll das nun wieder heißen?«
»Nichts«, sagte Rafferty. »Ich möchte nur sichergehen, dass wir uns auch richtig verstehen.«
»Das war immer so und wird immer so bleiben. Wir sehen uns also, wenn alles vorbei ist.«
Rafferty nickte.
Als Raffertys Wagen losfuhr, wandte Elliott sich der Haustür zu. Lass dich bloß nicht von ihm nervös machen, sagte er sich. Es wird schon klappen. In seiner Wohnung ging er direkt ins Wohnzimmer und öffnete das Vorhängeschloss der Truhe, die ihm als Couchtisch diente. Er klappte den Deckel der Truhe hoch und nahm eins von sechs Paar Schaufensterpuppenhänden aus Plastik heraus. Auf die Stümpfe des Händepaars war mit schwarzer Tinte der Name WARREN EASTHAM geschrieben.
Elliott trug die Hände in die Küche und stellte sie aufrecht auf den Tisch. Dann krempelte er sich gewissenhaft die Ärmel hoch und streifte die transparenten, hauteng sitzenden Gummihandschuhe ab, die mit den Fingerabdrücken eines Mannes versehen waren, der fast acht Monate tot war. Und in dem Moment, in dem er die Handschuhe auf ihre Plastikhalterungen streifte, kehrte Warren Eastham ins Reich der Toten zurück, während Elliott wieder zum Leben erwachte.
»Wo bleibt er nur?« Sara blickte vom Entwurf ihres Eröffnungsplädoyers auf. »Er ist schon fast zwanzig Minuten weg.«
»Waren Sie schon mal in der Poststelle?«, fragte Guff, der gerade die Zeugenunterlagen zusammenstellte. »Es dauert mindestens anderthalb Monate, wenn man dort vorzeitig eine Sendung bekommen will.«
»So viel Zeit habe ich aber nicht!«
»Wir tun unser Bestes, Sara. Das wissen Sie.« Um das Thema zu wechseln, griff Guff nach dem Hochzeitsfoto, das auf Saras Schreibtisch stand. »Hatten Sie und Jared eine große Hochzeit?«
»Groß? Sie war gigantisch. In Jareds Familie gibt man sich nicht mit Halbheiten ab.«
»Dann kennen Sie also seine ganze
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