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Der Fall

Titel: Der Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brad Meltzer
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recht hatten.
    Frustriert wandte sie sich wieder Kozlows Einbruch zu und fuhr mit der Durchsicht von Victor Stockwells alten Prozessunterlagen fort. Sie konnte nirgendwo eine Verbindung zwischen Stockwell und Kozlow oder Claire Doniger entdecken. Kozlow war ebenso wenig wie Ms. Doniger ein Zeuge oder Informant Stockwells gewesen. Frustriert klappte Sara schließlich den letzten vergilbten Ordner zu und zog einen neuen Notizblock heraus. Während sie auf die leere Seite starrte, fragte sie sich: Warum könnte Victor Stockwell diesen Fall gewollt haben? In einer Art von stummem Brainstorming erstellte sie eine Liste möglicher Antworten: Weil er Kozlow kennt, weil er Kozlow hasst, weil er Kozlow bestrafen will, weil er Kozlow helfen will, weil er denkt, es ist ein guter Fall. Ein Klopfen riss sie aus ihren Gedanken. »Herein«, sagte sie, ohne aufzusehen.
    Sie war so in Gedanken versunken, dass sie nur mitbekam, wie die Tür aufging und jemand hereinkam. Es ist Guff, dachte sie. Er schloss leise die Tür. Dann hörte sie das metallische Klicken des zuschnappenden Türschlosses.
    Sie sah auf. Und da stand er – das Gesicht mit den eingefallenen Wangen war unverkennbar – es war der Mann, der sie angerempelt hatte und ihre Brieftasche gestohlen hatte. »Was bilden Sie sich eigentlich ein?«, fauchte Sara und stand auf.
    »Ich möchte mich nur kurz ungestört mit Ihnen unterhalten«, erwiderte der Mann. Er trug einen billigen grauen Anzug, und seine tiefe Stimme hatte einen spöttischen Unterton.
    »Sie haben genau eine Sekunde Zeit, um diese Tür wieder zu öffnen, oder –«
    »Ich kann natürlich die Tür wieder aufmachen, aber ich nahm an, Sie wollen nicht, dass alle hören, wie wir uns über den Fall Kozlow unterhalten.«
    Sara sah ihren Besucher noch einmal genau an. »Bitte, setzen Sie sich.« Als der Fremde ihrer Aufforderung nachkam, fügte Sara hinzu: »Entschuldigen Sie, aber wie war noch mal Ihr Name?«
    »Der tut hier nichts zur Sache. Ich bin nur ein Freund des Opfers.«
    »Dann kennen Sie also Ms. Doniger?«
    »Ich sagte, des Opfers. Ach, übrigens, ich habe von Ihrem Auftritt heute vor Gericht gehört. Ich bin schwer enttäuscht von Ihnen.«
    »Halt, nicht weitersprechen! Lassen Sie mich raten: Kozlow schickt Sie, um mir zu drohen. Er möchte nicht, dass ich die Sache weiterverfolge.«
    »Umgekehrt wird ein Schuh draus. Ich möchte nicht nur, dass Sie diesen Fall weiterverfolgen, ich möchte, dass Sie ihn gewinnen.
    Aber nach allem, was heute Morgen mit Ihrem Mann war – also, meiner Meinung nach hätten Sie um ein Haar alles versiebt.«
    »Wovon reden Sie eigentlich?« Noch während sie diese Frage stellte, legte sie den Notizblock in ihren Schoß.
    »Was tun Sie da?«, fragte der Mann.
    »Ich mache mir Notizen.« Sie hielt den Block so, dass ihr Besucher das oberste Blatt nicht sehen konnte, während sie heimlich eine Skizze von ihm zeichnete. »Erzählen Sie mir doch mal, wieso ich es heute fast versiebt hätte. Wie lautet die Geschichte?«
    »Die Geschichte handelt von Ihrem Mann und davon, wie er versucht hat, Sie zu manipulieren.« Er senkte die Stimme und fuhr in einem tieferen Ton fort: »›Komm schon, Sara, tu’s für uns. Es nutzt deiner Karriere genauso wie meiner. Stell das Verfahren ein, such dir einen besseren Fall und sieh zu, dass du einen richtigen Sieg erringst.“«
    Sara hörte auf zu zeichnen. »Wo haben Sie das gehört?«
    »Wirklich erstaunlich, was man in einem überfüllten Gang alles hören kann. Aber für uns kommt es im Moment nur darauf an, dass so etwas nicht wieder passiert.«
    Langsam wurde Sara wütend. »Ich will Ihnen mal was sagen: Wenn Sie mir noch länger auf diese Tour kommen, verklage ich Sie wegen Einschüchterung, Bedrohung und Behinderung der Amtsgewalt.«
    Unbeeindruckt erwiderte der Mann: »Sieh mal einer an! Haben Sie also doch noch Ihre Statuten gelernt.«
    Sara saß vollkommen reglos da.
    »Kennen Sie eigentlich diese Geschichte, Sara? Da ist ein kleines Mädchen, das sich vor nichts fürchtet. Plötzlich verliert sie ihre Stelle, und deshalb sucht sie nicht nur bei einem Psychologen Rat und Hilfe, sondern es werden auch wieder lang verschüttete Emotionen in Zusammenhang mit dem Tod ihrer Eltern wachgerufen. Das nimmt schließlich solche Ausmaße an, dass sie Medikamente nehmen muss, um ihre Depressionen in den Griff zu bekommen. Das Verrückte ist, sie will zwar mit allen Mitteln eine Stelle bekommen, aber sie gibt in ihren Bewerbungsunterlagen nie an,

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