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Der falsche Apostel

Der falsche Apostel

Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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Frauenheld sei dir nicht unbekannt. Illan war nur einer von vielen Liebhabern, die sich
     in der Gefolgschaft der Königin die Ehre gaben.«
     
    Als Fidelma und Laisran das Zelt betraten, in dem Aonbharr untergebracht war, lag das Pferd auf der Seite, jeder Atemstoß
     war ein quälendes Röcheln. Es rang mit dem Tod. Etliche Männer standen um das Tier herum, unter ihnen auch Cellach, der Tierarzt.
    Der hagere Mann mit dem vom Wetter gegerbten Gesicht blickte die Schwester mit großen grauen und traurigen Augen an. Er litt
     deutlich mit dem Tier mit.
    »Aonbharr stirbt«, gab er auf Fidelmas Frage zur Antwort.
    »Kannst du bestätigen, dass man ihn vergiftet hat?«
    »Ja«, erwiderte er bitter. »Mit einer Mischung aus Eisenhut, zerstampften Efeublättern und Alraune. So viel habe ich feststellen
     können, Schwester.«
    Sie sah ihn verwundert an, und er bemerkte, dass sie seiner Aussage nicht recht traute.
    »Das zu erkennen bedurfte keiner Zauberei, Schwester.«
    Sanft berührte er das Maul des Pferdes und öffnete es einfühlsam. Der fahle Gaumen war mit Blut und Speichel besprenkelt.
     Inmitten des Schleims waren noch Futterreste zu erkennen.
    »Du siehst da noch die Reste der Giftmischung. Es ist eindeutig, jemand hat das Tier mit dem tödlichen Zeug gefüttert.«
    |342| »Wie lange kann das her sein?«
    »Nicht lange. Vielleicht eine Stunde oder auch weniger. Ein paar Handvoll davon sind von sofortiger Wirkung.«
    Fidelma legte dem Pferd die Hand auf die Nüstern und streichelte es sanft. Unter Anstrengung machte es die großen braunen
     Augen auf, sah sie an und atmete mit lautem Stöhnen aus.
    »Hat man ihm noch auf andere Weise etwas angetan?«, fragte sie.
    »Nein, Schwester.«
    »Wäre es denkbar, dass Aonbharr rein zufällig von allein die giftigen Pflanzen gefressen hat?«, gab Laisran zu überlegen.
    »Wenn er doch hier im Stall angebunden war? Das ist schwer vorstellbar, Abt«, wehrte Cellach ab. »Auch im Freien verhalten
     sich Pferde klug und mit Vorsicht. Sie haben einen Spürsinn für Dinge, die ihnen schaden könnten. Abgesehen davon gibt es
     hier in der Gegend weder Alraune noch Eisenhut. Und wie sollte es Efeublätter kleinstoßen? Nein, das ist vorsätzlich von Menschenhand
     geschehen.«
    »Besteht für das Tier noch Hoffnung?«, fragte Fidelma bewegt.
    Cellach schüttelte den Kopf. »Länger als bis Mittag quält es sich nicht mehr.«
    Sie ging auf den Zeltausgang zu. »Wir müssen wohl oder übel zu Illan und seinen Leichnam betrachten.«
     
    »Bist du Schwester Fidelma?«, fragte eine Stimme gereizt.
    Bei ihrem Eintreten richtete sich eine Nonne auf, die über den auf dem Erdboden liegenden Leichnam gebeugt gewesen war. Es
     war eine stämmige Frau mit großen Händen und grob geschnittenem Gesicht. Nachdem Schwester Fidelma ihre Frage bestätigt hatte,
     fuhr sie fort: »Ich bin Schwester Eblenn, die Apothekerin in der Gemeinschaft der heiligen Darerca.«
    |343| »Hast du die Leiche schon untersucht?«
    Schwester Eblenn verneigte sich flüchtig vor Laisran, der hinter Fidelma erschien, und erwiderte: »Ja. Erstochen. Mitten ins
     Herz.«
    Fidelma wechselte einen Blick mit dem Abt.
    »Hast du das Messer gefunden?«
    »Die Wunde stammt nicht von einem Messer«, erklärte Eblenn entschieden.
    Vergeblich wartete Fidelma auf eine ergänzende Bemerkung und fragte schließlich ungehalten: »Wovon dann?«
    Die Apothekerin zeigte auf den Tisch. Da lag ein zerbrochener Pfeil. Es war die vordere Hälfte eines Pfeils; ungefähr neun
     Zoll Schaftlänge und die Spitze. An der Bruchstelle war der Schaft gesplittert.
    Fidelma nahm das Stück in die Hand und betrachtete es näher. Es war blutverschmiert; man konnte schlussfolgern, dass Schwester
     Eblenn es aus der Wunde gezogen hatte.
    »Willst du damit sagen, man hätte Illan mit dem Pfeil hier ins Herz gestochen?«, mischte sich Abt Laisran ein. »Erstochen,
     hast du gesagt, nicht mit dem Pfeil erschossen?«
    Schmollend verzog sie den Mund und sah ihn verdrossen an. »Du hast es doch gehört.«
    »Bisher hast du überhaupt nichts erklärt«, wies Fidelma sie zurecht. »Berichte, was genau du festgestellt hast, und halte
     dich an die Tatsachen.«
    Eblenn war es nicht gewohnt, dass man sie befragte. Sie setzte bei anderen das Wissen um die Dinge voraus und verstand es
     nicht, sich klar und eindeutig auszudrücken. Gerügt zu werden war ihr fremd.
    »Der Tote erfuhr einen Stich ins Herz.« Sie sprach langsam und deutlich, ohne innere Anteilnahme,

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