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Der falsche Apostel

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Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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nicht von ihnen
     trennen.«
    »Damit war für dich ein Motiv gegeben, ihn zu töten«, stellte Fidelma fest.
    »Ich habe Scoriath geliebt. Nie hätte ich ihm ein Leid angetan.«
    »Willst du uns glauben machen, dass du dich mit der Situation abgefunden hattest?«
    »Gleich an dem Tag, an dem Scoriath zu uns kam, haben wir uns ineinander verliebt. Mein Vater, der damals Stammesfürst war,
     merkte das bald. Scoriath hat er zwar als Krieger geschätzt, doch sollte ich mit einem wohlhabenden irischen Fürsten verheiratet
     werden. Nach meinem Dafürhalten lag ihm vor allem deshalb daran, weil ich die Tochter meiner fremdländischen Mutter bin und
     er meine fremde Herkunft vor den Leuten verbergen wollte. Er zwang Scoriath in eine arrangierte Ehe mit Liadin. Doch geliebt
     hat er sie nie.«
    Irnan hielt inne und blickte gedankenverloren ins Feuer, ehe sie mit ihren dunklen Augen Fidelma erneut ins ernste Gesicht
     sah. »Als mein Vater starb, wurde ich die Anführerin der Uí Dróna und durfte nach meinem eigenen, freien Willen handeln. Ich
     drängte Scoriath, sich von Liadin zu trennen und ihr und dem Kind eine ansehnliche Abfindung zu geben. Er konnte sich dazu
     nicht durchringen, es ging ihm gegen seine Ehre. Er wollte Liadin nicht weh tun. Und so blieb es bei unserem Liebesverhältnis.
    |395| Dann erfuhr ich, auf welche Weise Scoriath und sein Sohn zu Tode gekommen waren. Wer es getan hatte, war ganz offensichtlich.
     Liadin muss hinter unser Verhältnis gekommen sein und hat ihn in einem Eifersuchtsanfall getötet.«
    Schwester Fidelma schaute Irnan nachdenklich an. »Viel leicht ist die Schuldfrage doch nicht ganz so offensichtlich. Wir haben nur deine Erklärung, wie Scoriaths Gemütsverfassung war.
     Genauso gut hättest du Scoriath ermorden können, weil er deine Liebe zurückwies.«
    Irnan sah ihr streitsüchtig in die Augen. »Ich lüge nicht. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.« Sie stand auf. »Bist du mit
     deiner Befragung fertig?«
    »Erst einmal, ja.«
    Ohne Rathend oder Fidelma noch eines Blickes zu würdigen, wandte sich die Stammesfürstin um und rauschte davon.
    Fidelma war mit sich unzufrieden. Irgendetwas beunruhigte sie, doch konnte sie es nicht recht einordnen.
    Rathend wollte gerade etwas sagen, da öffnete sich die Tür zur Halle, und ein schüchterner Bursche trat herein. Er trug die
     braune, grob gewebte Kutte eines Mönchs.
    »Ist Brehon Rathend hier?«, fragte er unsicher, und da er Fidelma erblickte, murmelte er rasch:
» Bene vobis
, Schwester.«
    »Ich bin Rathend«, sagte der Richter. »Weshalb wünschst du mich zu sprechen?«
    »Ich bin Suathar aus dem Kloster des heiligen Moling. Ich möchte einen Band abholen, den wir Scoriath ausgeliehen haben. Doch
     man hat mich an dich verwiesen. Bevor ich das Buch in Empfang nehmen kann, bedarf es deiner Einwilligung, hieß es.«
    Fidelma griff rasch ein. »Hat Scoriath die Abschrift der
Hexapla
des Origenes aus eurer Klosterbibliothek entliehen?«
    »Ja, vor einer Woche«, bestätigte der junge Bursche.
    |396| »Ist Scoriath selbst in die Bibliothek gekommen, um sich die Handschrift auszuleihen?«
    Suathar wunderte sich über die Frage und schüttelte den Kopf.
    »Nein. Er hat in einem Brief darum gebeten, ihm den Band zu bringen, sobald jemand im
rath
der Uí Dróna zu tun hat. Vor sechs Tagen führte mich mein Weg hierher, weil die Tante von Lady Liadin erkrankt war und deren
     Pflege brauchte. Bei der Gelegenheit habe ich die Handschrift Liadin übergeben.«
    Rathend händigte dem Mönch die Buchtasche aus.
    »Überprüfe erst, ob alles in Ordnung ist«, riet Fidelma dem jungen Mann, der sich schon bedankte.
    Der Mönch zögerte kurz und nahm dann den in Leder gebundenen Band heraus, wendete ihn hin und her und öffnete ihn.
    »Gibt es vielleicht eine Markierung bei der Geschichte des Holofernes?«, erkundigte sich Fidelma.
    »Ja«, stellte er fest, »aber als ich die Handschrift brachte, war die noch nicht da. Außerdem«, fast traute er sich nicht,
     es zu sagen, »waren da auch nicht diese dunklen, bräunlichen Flecken auf dem Einband. Die sehen aus wie der Abdruck einer
     Handfläche.«
    Fidelma holte tief Luft und schalt sich wegen ihrer Blindheit. Sie nahm den Band, betrachtete ihn und legte die Hand zum Größenvergleich
     auf den Abdruck. »War ich ein Narr!«, sagte sie zu sich selbst, fing sich aber gleich wieder. »Suathar, wird dieses Werk des
     Origenes oft ausgeliehen, ist es sehr gefragt?«
    »Sehr gefragt eigentlich

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