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Der falsche Apostel

Der falsche Apostel

Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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nicht. Du weißt ja selbst, Schwester, wir christlichen Gläubigen haben kaum noch ein Interesse daran,
     denn der große Origenes hat da hebräische Texte zusammengetragen, die fragwürdiger Natur sind. Wir nennen |397| diese Geschichten jetzt die ›Apokryphen‹ nach der griechischen Bezeichnung.«
    Fidelma hob die Hand, um seinem Redefluss Einhalt zu gebieten. »Stimmt. Findet sich die Geschichte von Judith und Holofernes
     sonst noch irgendwo?«
    »Nicht dass ich wüsste, Schwester.«
    »Hat Lady Liadin die Bibliothek eures Klosters schon einmal besucht?«
    Suathar verzog den Mund und dachte nach.
    »Doch ja. Das ist allerdings ein paar Wochen her.«
    Mit ernster Miene wandte sich Fidelma dem Richter zu. »Ich habe meine Nachforschungen abgeschlossen. Ich muss nur noch einmal
     Liadin aufsuchen. Die Verhandlung kann morgen stattfinden.«
    »Dann wird deine Verteidigung für Lady Liadin wohl auf ein ›Nicht schuldig‹ hinauslaufen?«, fragte Rathend.
    Fidelma schüttelte den Kopf und teilte dem Brehon, der bei ihren Worten zusammenzuckte, mit: »Nein, ich werde auf ›schuldig‹
     plädieren. Liadin ist sehr raffiniert zu Werke gegangen, aber nicht raffiniert genug.«
     
    Bevor Schwester Fidelma in Liadins kleine Zelle trat, hatte sie Conn, der jetzt die Leibwache befehligte, gebeten, sie zu
     begleiten und vor der Tür zu warten, falls sie ihn benötigte.
    Hoffnungsvoll blickte ihr Liadin entgegen, während sie sich erhob, doch Fidelma blieb in der Tür stehen und verschränkte die
     Arme.
    »Ich werde dich verteidigen, Liadin«, begann sie in kühlem Ton, »doch nur, um mildernde Umstände für deine Schuld zu erwirken.
     Es ist nicht leicht für mich, erkennen zu müssen, dass du gedachtest, mich zu missbrauchen und in diesen verwerflichen Plan
     einzubeziehen.«
    |398| Nur langsam begriff Liadin, was Fidelma gesagt hatte. Sie wollte sich zur Wehr setzen, doch ihre Anwältin unterbrach sie sofort.
    »Ich weiß, wie du vorgegangen bist. Mit einer Reihe falscher Fährten wolltest du meinen Verdacht auf Irnan lenken und hast
     dabei mit meiner intellektuellen Eitelkeit gerechnet. Darüber hinaus hast du auf meine menschliche Schwäche vertraut, denn
     du hast darauf gebaut, dass unsere so viele Jahre währende Freundschaft nicht zu erschüttern wäre und ich überzeugt sein würde,
     dass du nie zu so einer Tat imstande wärst.«
    Liadins Gesicht wirkte plötzlich wie versteinert. Sie ließ sich auf die Bettstatt fallen.
    »Du hast erfahren, dass Scoriath dich nie wirklich geliebt hat«, fuhr Fidelma erbarmungslos fort. »Du kamst dahinter, dass
     er ein Verhältnis mit Irnan hatte. Das Verbrechen war von langer Hand vorbereitet. Wenn du ihn nicht haben konntest, so sollte
     auch Irnan ihn nicht haben. Du hast einen hinterhältigen Plan ausgeheckt und zu einer doppelten List gegriffen. Ich sollte
     dich verteidigen, gleichzeitig aber durch die falsch gelegte Fährte Irnan verdächtigen.«
    »Nie hätte ich so etwas bewerkstelligen können«, begehrte die Gefangene auf.
    »Dir war Irnans Abstammung nicht verborgen geblieben, und das brachte dich auf die Geschichte mit Holofernes. Im Griechischen
     warst du immer gut, und da verfielst du darauf, einen Köder auszulegen, auf den ich anspringen würde. Bei einem Besuch in
     der Bibliothek des Klosters Moling hast du die Geschichte in der
Hexapla
des Origenes überprüft. Als du die Zeit für gekommen hieltest, hast du in Scoriaths Namen die Anforderung geschickt, Suathar
     möchte dir den Band bringen, der mir den nächsten Hinweis liefern sollte. Deshalb hast du in |399| unserem Gespräch fallenlassen, dass Scoriath sich vor einer fürchtete, die einfach die ›Jüdin‹ genannt wurde.«
    Fidelma machte eine Pause. Traurig und bekümmert schaute sie ihre Freundin an.
    »Die Buchtasche mit der Handschrift hast du in der Schlafkammer aufgehängt. Dann geschah etwas Unerwartetes. Branar hörte
     zufällig deinen Streit mit Scoriath mit. Deine Pläne durchkreuzte das nicht, denn ich war ja deiner Ansicht nach fest von
     deiner Unschuld überzeugt. Ich griff zu einer harmlosen List, die Branars Aussage unglaubwürdig erscheinen ließ. Und ich war
     sogar stolz darauf. Bei der Anwendung einer List ist Vorsicht jedoch geboten, umso mehr, wenn man von einer vorgefassten Meinung
     ausgeht. Es kann schlimme Folgen haben.
    Du bist zu deiner Tante geritten und später ungesehen zurückgekommen. In euren Räumlichkeiten hast du Scoriath angetroffen.
     Der hatte keinen Grund,

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