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Der falsche Apostel

Der falsche Apostel

Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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Fidelma bemerkte, dass die beiden Nonnen, die bei der Äbtissin standen, ungeduldig von einem Fuß auf den anderen
     traten. Überrascht nahm sie ihre bitterernsten, ängstlichen Gesichter wahr. Äbtissin Ballgel sah, dass Fidelmas Blick zu ihren
     Begleiterinnen gehuscht war. Die drei Nonnen hatten |490| gerade die Abtei verlassen wollen, als Fidelma ihnen begegnet war.
    »Du hast leider einen sehr schlechten Augenblick für deine Ankunft gewählt, Fidelma. Wir sind unterwegs zum Wald von Seneffe,
     ein kleines Stück Wegs von hier. Du bist nicht dort vorbeigekommen, oder?«
    Fidelma schüttelte den Kopf.
    »Nein, ich bin von Namur aus über die Berge gekommen. Bis dort bin ich mit dem Schiff auf dem Fluss gereist.«
    »Ah!« Die Äbtissin wirkte ernst, rang sich aber ein Lächeln ab. »Geh hinein und sei unser Gast, Fidelma. Ich hoffe, dass ich
     vor dem Abend wieder zurück bin. Dann können wir uns unterhalten und gegenseitig unsere Neuigkeiten erzählen.«
    Fidelma hob fragend die Brauen. Die Stimme und das Gebaren der Äbtissin verrieten ihr, dass ihr etwas auf der Seele lag.
    »Was ist los?«, fragte sie. »Dich quält doch etwas.«
    Ballgel verzog das Gesicht.
    »Du hattest schon immer ein scharfes Auge, Fidelma. Mich hat gerade die Nachricht erreicht, dass eine unserer Schwestern im
     Wald von Seneffe ermordet aufgefunden wurde, und ein anderes Mitglied unserer Gemeinschaft wird vermisst. Wir eilen gerade
     zum Fundort, um festzustellen, ob das alles stimmt. Geh also und ruhe dich von den Strapazen der Reise aus. Ich geselle mich
     später zu dir.«
    Fidelma schüttelte den Kopf.
    »Mutter Äbtissin«, sagte sie leise, »es ist wirklich lange her, und vielleicht hast du es vergessen. Ich habe acht Jahre lang
     bei Brehon Morann Recht studiert. Ich verfüge über eine gewisse Begabung, Rätsel zu lösen und Geheimnisse aufzuklären. Lass
     mich mitkommen. Ich will dir alles Talent, was ich besitzen mag, zur Verfügung stellen, um dieser Sache auf den Grund zu gehen.«
    |491| Fidelma und Ballgel waren zusammen Novizinnen im Kloster von Kildare gewesen.
    »Ich erinnere mich sehr wohl an deine Begabung, Fidelma. Ich habe deinen Namen in der Zwischenzeit häufig gehört, denn oft
     beherbergen wir hier Reisende aus Éireann. Du kannst gern mitkommen«, sagte Ballgel erleichtert.
    »Und du kannst mir unterwegs erläutern, was vorgefallen ist«, meinte Fidelma und stellte ihre Reisetasche innerhalb der Klostermauern
     ab, ehe sie sich den drei Frauen anschloss.
    Sie machten sich auf den Weg. Fidelma und Ballgel gingen Seite an Seite, und die beiden anderen Nonnen folgten ihnen.
    »Wer ist denn ermordet worden?«, begann Fidelma.
    »Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass heute Morgen Schwester Cessair und Schwester Della zur Abtei von Fosse aufgebrochen
     sind. Heute ist der siebzehnte März. Deswegen trugen sie die Phiole mit dem Heiligen Blut der Seligen Gertrude zu den Brüdern
     von Fosse, damit sie dort wie jedes Jahr gesegnet würde und …«
    Fidelma legte leicht die Hand auf den Arm ihrer Freundin.
    »Nicht so schnell, Ballgel. Vergiss nicht, ich bin fremd hier.«
    »Dann will ich ganz am Anfang beginnen«, sagte die Äbtissin. »Vor fünfundzwanzig Jahren starb der Herrscher dieses Landes,
     Pippin der Ältere von Landen. Seine Witwe Itta entschied sich, ihr Leben in einem Orden zu beschließen, und kam mit ihrer
     Tochter Gertrude hierher nach Nivelles. Sie ließen unsere Abtei errichten. Als Itta starb, wurde die Selige Gertrude unsere
     Äbtissin.
    Etwa zu dieser Zeit kamen zwei Brüder aus Éireann, Foillan und Ultan, hier auf ihren Wanderungen vorüber und predigten das
     Wort Gottes. Sie beschlossen, sich in der Nähe anzusiedeln. Gertrude schenkte ihnen einige Meilen von hier entfernt Ländereien
     in Fosse, jenseits des Waldes von Seneffe. Foillan und |492| Ultan versammelten zahlreiche irische Ordensleute um sich, und manche kamen auch in unsere Abtei. Es heißt, der heilige Foillan
     hätte der heiligen Gertrude prophezeit, weil sie die irischen Missionare so sehr liebte und förderte, würde sie an dem Tage
     sterben, an dem auch der heilige Patrick verschieden ist. Und es geschah, wie er es vorhergesagt hatte, auf den Tag genau
     vor sieben Jahren.«
    Äbtissin Ballgel schwieg eine Weile, bis Fidelma sie fragte: »Also hatte sich Foillan als Prophet erwiesen?«
    »Er lebte nicht lange genug, um seine Vorhersage erfüllt zu sehen. Er starb nämlich vier Jahre vor seiner geliebten Gertrude.
     Er

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