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Der falsche Apostel

Der falsche Apostel

Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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man, die geweihte Stätte ruchlos zu verletzen
     und die geheiligten Schätze zu stehlen.«
    »Und nun hat es dennoch jemand gewagt?«
    »So ist es. Wir haben den Schuldigen in einer Gefängniszelle festgesetzt.«
    »Und der Täter ist …?«
    »Ailill Flann Esa, der Sohn Donalds, der vor zwanzig Jahren Hochkönig war. Ailill hatte sich im Widerstreit mit seinem Vetter
     Sechnussach um das Amt des Hochkönigs beworben. Offensichtlich sucht er jetzt aus Rache seinen Vetter in Verruf zu bringen,
     denn der Große Rat hat seine Bewerbung abgewiesen.«
    »Gibt es Zeugen für den Diebstahl?«
    »Drei. Zwei Krieger der Palastwache, Congal und Erc, haben ihn nachts allein in der Kapelle angetroffen. Und ich selbst bin
     wenige Augenblicke später dazugekommen.«
    Schwester Fidelma betrachtete den Abt einigermaßen verwirrt. »Wenn er beim Diebstahl ertappt wurde, warum hat man das Schwert
     nicht bei ihm gefunden?«
    Der Abt hatte Mühe, Geduld zu bewahren. »Offenbar hat er es versteckt, bevor man ihn erwischte. Wahrscheinlich hat |63| er die Wachen kommen hören und hat es irgendwo verborgen.«
    »Hat man die Kapelle durchsucht?«
    »Ja, aber gefunden wurde nichts.«
    »Nach dem, was du bisher gesagt hast, kann niemand bezeugen, dass er gesehen hat, wie Ailill das Schwert an sich nahm.«
    Der Abt bedachte sie mit einem väterlichen Lächeln. »Meine liebe Schwester, die Kapelle wird nachts sicher verwahrt. Der Diakon
     hat seinen letzten Rundgang gemacht und sich vergewissert, dass alles in Ordnung war. Die Palastwachen, die draußen patrouillierten,
     haben um Mitternacht festgestellt, dass die Tür verschlossen war. Als sie zwanzig Minuten später wieder dort vorbeikamen,
     stand die Tür offen. Der Riegel, mit dem üblicherweise die Tür von innen zugesperrt wird, war gewaltsam aufgebrochen worden.
     Sie gingen hinein und sahen Ailill beim Altar. Der Altartisch war beiseite geschoben, die Truhe war geöffnet, das Schwert
     war verschwunden. Genügend Fakten, die den Täter offenkundig belasten.«
    »So offenkundig vielleicht doch nicht, Abt Colmán«, erwiderte Schwester Fidelma verhalten.
    »Sechnussach und mir schienen sie offenkundig genug, um Ailill Flann Esa sofort festzunehmen.«
    »Und das Motiv, würdest du meinen, ist reine Böswilligkeit?«
    »Auch daran gibt es nichts zu deuteln. Ailill will die Amtseinführung Sechnussachs als Hochkönig verhindern. Vielleicht malt
     er sich sogar aus, Verwirrung und Gesetzlosigkeit nutzen und die Stämme gegeneinander aufwiegeln zu können. Könnte sein, er
     beabsichtigt, Sechnussach zu stürzen und sich selbst zum Hochkönig zu machen, indem er das heilige Schwert aus seinem Versteck
     holt und sich dem von der Gelben Pest verunsicherten Volk als Retter anbietet.«
    |64| »Wenn ihr euren Schuldigen habt und sein Motiv kennt, warum hast du mich dann holen lassen?«, fragte Schwester Fidelma mit
     leicht ironischem Unterton. »Außerdem gibt es am Hof von Tara bestimmt Anwälte und Richter, die mehr Erfahrung haben als ich.«
    »Doch niemand steht so im Ruf, verzwickte Rätsel lösen zu können, wie du, Schwester Fidelma.«
    »Aber das Schwert muss sich in der Kapelle befinden oder in der unmittelbaren Umgebung davon.«
    »Wir haben gesucht und gesucht und es nicht entdecken können. Die Zeit drängt. Man hat mir versichert, dass du die Gabe besitzt,
     das rätselhafte Verschwinden eines so wesentlichen Gegenstandes aufzuklären. Man spricht davon, wie geschickt du Tatverdächtige
     befragen und ihnen die Wahrheit entlocken kannst. Gewiss hat Ailill das Schwert in nächster Nähe verborgen. Wir müssen vor
     der Amtseinsetzung des Hochkönigs herausbekommen, wo es steckt.«
    Schwester Fidelma schürzte die Lippen und zuckte die Achseln. »Zeig mir, wo das Schwert aufbewahrt wurde, und danach werde
     ich Ailill befragen.«
     
    Ailill Flann Esa war etwa Mitte dreißig, hatte braunes Haar und trug einen Vollbart. Seine Art sich zu geben, war vom Stolz
     geprägt, Sohn eines ehemaligen Hochkönigs zu sein. Das war Donald Mac Aed von den nördlichen Uí Néill gewesen, der zwanzig
     Jahre lang das Land von Tara aus regiert hatte.
    »Ich habe das heilige Schwert nicht gestohlen«, brauste er auf, sobald Schwester Fidelma den Zweck ihres Kommens genannt hatte.
    »Dann erkläre mir, warum du dich zu so ungewöhnlicher Zeit in der Kapelle aufgehalten hast«, forderte sie ihn auf und setzte
     sich auf die Holzbank an einer der grauen Steinwände |65| seiner Zelle. Ailill zögerte

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