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Der falsche Apostel

Der falsche Apostel

Titel: Der falsche Apostel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Tremayne
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werde.«
    »Doch niemand hätte in dem Fall so sichere Aussichten gewählt zu werden wie Ailill?«, fragte Schwester Fidelma nachdrücklich.
    »Niemand.«
    Sie erhob sich, ohne weiter darauf einzugehen. »Das wäre erst einmal alles, Sechnussach«, bedeutete sie ihm.
    Den Hochkönig erstaunte es ziemlich, dass sie die Befragung so rasch beendete. »Verlässt du mich etwa ohne Hoffnung, |73| dass es dir gelingt, das heilige Schwert bis morgen aufzufinden?«
    Sie spürte eine ängstliche Bitte in seinen Worten. »Hoffnung muss man immer haben, Sechnussach. Wenn ich das Rätsel nicht
     bis morgen Mittag gelöst habe, dann dürften uns die nachfolgenden Ereignisse an die Lösung heranführen.«
    »Du meinst, es besteht wenig Aussicht, größere Zwistigkeiten zu vermeiden?«
    »Ich weiß es nicht«, gestand ihm Fidelma offenherzig.
    Sie verließ den Audienzraum und ging einen Korridor entlang, als eine helle Stimme sie leise beim Namen rief. In einer dunklen
     Türöffnung nahm sie die Gestalt eines Mädchens wahr.
    »Komm doch bitte einen Moment herein, Schwester.«
    Fidelma folgte der Einladung. Schwere Türbehänge wurden beiseitegeschoben, und sie trat in eine strahlend erleuchtete Kemenate.
    Ein junges, dunkelhaariges Mädchen in einem aufwendig geschneiderten blauen, mit Edelsteinen besetzten Gewand hatte sie in
     den Raum geleitet und zog die Behänge zu.
    »Ich bin Ornait, die Schwester Sechnussachs«, wurde Fidelma eröffnet.
    Sie neigte das Haupt vor der Schwester des Hochkönigs. »Ich stehe dir zu Diensten, Ornait.«
    »Ich habe eben hinter den Wandteppichen gelauscht«, erklärte die junge Frau und wurde rot. »Ich habe gehört, was du zu meinem
     Bruder gesagt hast. Du glaubst nicht, dass Ailill das heilige Schwert gestohlen hat, stimmt’s?«
    Fidelma schaute dem Mädchen in die flehenden Augen und lächelte sanft.
    »Und du möchtest das schon gar nicht glauben?«, fragte sie mit leichtem Nachdruck.
    |74| Ornait senkte den Blick, und ihre Wangen färbten sich noch stärker. »Ich weiß, das kann er nicht getan haben, er nicht.« Sie
     ergriff Fidelmas Hand. »Wenn jemand beweisen kann, dass er keine Schuld trägt an dieser Entweihung des Heiligtums, dann bist
     nur du es.«
    »Du weißt also, dass ich Anwältin bei den höchsten Gerichten bin?« Der inständige Glaube des Mädchens an ihre Fähigkeiten
     war Fidelma fast peinlich.
    »Ich habe von einer Glaubensschwester aus deinem Orden in Kildare gehört, welchen Ruf du genießt.«
    »Und in der Nacht, als Ailill in der Kapelle verhaftet wurde, da war er auf dem Wege zu dir, nicht wahr? Mir gegenüber das
     nicht zuzugeben war töricht von ihm.«
    Aufmüpfig hob Ornait das kleine Kinn. »Wir lieben einander!«
    »Aber ihr haltet es geheim, verheimlicht es sogar deinem Bruder?«
    »Das soll so bleiben bis nach der Amtseinführung meines Bruders als Hochkönig. Danach dürfte er Ailill freundlicher gesonnen
     sein. Gegenwärtig vergibt er ihm nicht, dass er sich vor dem Großen Rat gegen ihn gestellt hat. Wir werden es ihm sagen, nachdem
     alles vorüber ist.«
    »Und du bist sicher, dass Ailill deinem Bruder nicht grollt? Ein derartiger Groll könnte ihn doch veranlasst haben, das heilige
     Schwert zu verbergen und damit Sechnussach in Verruf zu bringen.«
    »Ailill mag in vielem mit meinem Bruder nicht einer Meinung sein, aber er achtet die Entscheidung des Großen Rats, die sich
     auf die Brehon-Gesetze stützt und die deshalb geheiligt und bindend ist«, erwiderte Ornait mit Überzeugung. »Und mit dieser
     Auffassung steht er nicht allein. Auch mein Vetter Cernach Mac Diarmuid glaubt, dass ihm ein größeres Recht als |75| Sechnussach zukommt, Hochkönig zu werden. Ihm missfällt außerordentlich, dass mein Bruder die Reformen ablehnt, die von Rom
     empfohlen werden. Doch es dauert noch einen Monat, bis Cernach das Alter der Wahl erreicht, und erst dann könnte er dem Gesetz
     nach meinem Bruder das Amt des Hochkönigs streitig machen. Weil Cernach also noch zu jung ist, sich selbst um die Königswürde
     zu bewerben, hat er Ailills Anspruch unterstützt. Bei der Bewerbung um das Königsamt zu unterliegen ist kein Verbrechen. Und
     wenn der Große Rat seine Entscheidung getroffen hat, ist das bindend für alle und kann nicht mehr angefochten werden. Nein,
     und tausendmal nein! Ailill würde so etwas niemals tun.«
     
    »Nun, Schwester?« Der Abt betrachtete Fidelma aus zusammengekniffenen Augen.
    »Zur Zeit habe ich noch nichts zu berichten, nur eine

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