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Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Titel: Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Merten
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als Euren Freund, den Tischler.
    Rendon packte den Korb fester, aus dem der Hals einer Flasche ragte, und schritt mit erhobenem Kopf zum Tisch. Der Drache flog zum Tisch hinüber und auch Alep trat näher.
    Der junge Prinz war von schmächtigem Wuchs, hatte helles Haar und feine Gesichtszüge. Seine Augen glänzten wie Saphire in der Dunkelheit. Eine schmale Nase stach spitz aus dem jugendlich wirkenden Gesicht hervor. Die Wangen waren leicht gerötet, und sein Atem roch nach Wein.
    Rendon warf Alep einen unsicheren Blick zu, straffte aber gleich wieder seine Schultern und widmete sich dem Öffnen der Weinflasche, die er aus dem Korb gezogen hatte. Als er Wein in zwei der mitgebrachten Becher goss, sagte er: „Ich fürchte, ich bin nicht auf die Bewirtung eines Drachen eingestellt, es sei denn, er möchte diesen Wein hier probieren.“
    „Bah.“ Wigget schüttelte sich, hob aber dann die schmale Schnauze, und seine Nasenlöcher öffneten sich zu runden Kreisen. Prüfend sog er die Luft ein. „Gleichwohl, Prinz, nehme ich den Duft gebratener Gänsekeulen wahr, der verführerisch aus Eurem Korb heraufsteigt. Vielleicht ließe sich hiermit die rühmliche Gastfreundschaft der Hornburger Herren beweisen.“
    „Wohl gesprochen, Drache“, erwiderte Rendon und der Anflug eines Lächelns erschien auf seinem Gesicht. „Und du sollst eine Keule haben. Hier.“
    Rendon zog den Korb heran, schlug das Tuch beiseite, nahm eine Schüssel heraus und stellte sie auf den Tisch. Wigget öffnete sein Maul und schlug seine Zähne in die Gänsekeule, die Rendon ihm hinhielt. „Aber der Braten ist ja kalt“, beschwerte sich Wigget schimpfend. Da er die Keule noch immer zwischen den Zähnen hielt, war er kaum zu verstehen.
    „Was?“, fragte Rendon. Er wandte sich an Alep. „Was hat er gesagt?“
    „Nichts weiter. Er hat sich bei Euch bedankt.“
    „Oh. Gut. Keine Ursache.“ Zweifelnd sah Rendon von Alep zu Wigget und wieder zurück.
    Wigget stieß ein leises Knurren aus und legte den Braten auf der Tischplatte ab. Er trat einen Schritt zurück, drehte den Kopf von einer auf die andere Seite, prüfte die Lage und bewegte sich etwas nach links. Dann spie er einen feinen Flammenstrahl und hüllte die Keule gänzlich in rotes Feuer, ohne dass der Tisch in Mitleidenschaft gezogen wurde, bis das Fleisch dampfte. Wigget wirkte zufrieden und probierte einen Bissen. Mit vollem Mund erklärte er: „Ah, köstlich, mein Prinz. Die Hornburger Küche hat in den letzten zweitausend Jahren nichts von ihrem Glanz und ihrer Größe eingebüßt.“
    „Was hat er gesagt?“, wandte sich Rendon fragend an Alep.
    „Noch einmal Danke. Er ist ziemlich freundlich, wenn es etwas zu essen gibt.“
    Nun roch auch Alep den Duft des gegarten Bratens. Sein Magen knurrte vernehmlich.
    „Hungrig?“, fragte Rendon. „Bedien dich“.
    Alep nahm eine Gänsekeule und biss hinein. Er verzog angewidert das Gesicht. Kalte Gans schmeckte wirklich nicht besonders.
    Wigget sah es mit Wohlbehagen. Ja, Magier, wenn Ihr ein gelehriger Schüler gewesen wäret, dann stünde Euch jetzt auch das Element Feuer zur Verfügung und im Handumdrehen wäre Eure Keule warm und wohlschmeckend.
    Alep erwiderte Wiggets Grinsen mit einem herausfordernden Blick. Er nahm den Braten in die Hand, schloss die Augen und stellte sich die helle Kerzenflamme vor, die bis vor wenigen Minuten auf dem Tisch gebrannt hatte. Er erinnerte sich an ihre Wärme, so eindringlich, dass er sie bald darauf in seiner eigenen Hand spürte.
    Plötzlich schrie Wigget auf und Rendon ging hinter einem Stuhl in Deckung. Es roch verbrannt und Alep öffnete beunruhigt die Augen. Von der Gänsekeule war nicht viel mehr als ein verkohlter Rest übriggeblieben. Seine Hand war gleichwohl unverletzt.
    Das war eine beachtliche Vorstellung, Magier, lachte Wigget. Nun ist das Fleisch verdorben und der Prinz verängstigt. Feuer ist gefährlich. Es verzehrt und vernichtet unterschiedslos. Ihr besitzt keine Kontrolle, weder über besagtes Element noch über Eure Fähigkeiten. Seid künftig vorsichtiger. Ist Eure Hand noch an ihrem Platz?
    Das Feuer hat mir nichts getan, sagte Alep. Nun war seine Neugier geweckt. Ich will es gleich noch einmal versuchen.
    Oh, nein, erklärte Wigget empört. Ich verbiete es! Ihr würdet dieses prächtige Mahl vollends ruinieren.
    Rendon erhob sich wachsam. Als er sah, dass vorläufig keine Gefahr mehr drohte, kam er zu Alep und Wigget zurück. „Was macht es für einen Sinn, eine brennende

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