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Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)

Titel: Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Merten
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Schweige oder fehle und du wirst wie wir“, sagte die Eberesche zu seiner linken.
    Kwin atmete heftig aus. Die Anspannung wurde allmählich unerträglich. Unsicher erwiderte er: „Nicht mehr und nicht minder wertvoll als jedes andere Leben auch. Anderes Leben gleich zu achten wie mein eigenes bedeutet aber dennoch nicht, dass ich das meine für irgendein anderes gäbe.“
    Sieben Schritte weiter.
    „Wer liebt dich um deiner selbst willen?“, fragte die Ulme zu seiner Rechten.
    „Sprich, und du bist frei. Schweige oder fehle und du wirst wie wir“, sagte die Ulme zu seiner linken.
    Mit einer fahrigen Bewegung wischte Kwin den Schweiß von der Stirn. Was sollte er mit dieser Frage anfangen. Er kannte zwar die Antwort, oder zumindest konnte er einige Menschen benennen, von denen er glaubte, dass sie ihn um seiner selbst Willen liebten, aber er wusste nicht, was eine Ulme von Liebe verstand und ebenso wenig wusste er nicht, ob seine Mutter, Lisett, Alep oder sein verstorbener Vater Wittlop ihn je um seiner selbst willen geliebt hatten. Auch wenn er sicher war, konnte er doch nicht für andere sprechen und aus seinem Glauben eine Wahrheit machen. Er schüttelte enttäuscht den Kopf. Liebe? War es nicht genug zu wissen, dass er lieben konnte, ganz gleich ob Lisett, Alep oder Twist. „Twist!“, rief Kwin. „Er liebt mich uneigennützig oder gar nicht.“
    Sieben Schritte weiter.
    Kwin schaute voraus. Da standen zwei Erlen und warteten mit der nächsten Frage auf ihn. Aber noch hatten die Ulmen ihm nicht erlaubt, weiterzugehen. Er war erschöpft. Die Belastung war ihm deutlich anzusehen, aber noch war sein Weg nicht zu Ende. Er setzte sich auf den harten Weg und schloss die Augen. Die Melodie, die ihn hergeführt hatte, war verstummt. Eine bedrückende Stille umgab ihn jetzt, die es unmöglich machte, neue Kraft zu sammeln. Als die Ulmen ihn aufforderten, weiterzugehen, stand er schwerfällig auf und trat zwischen die Erlen.
    „Was ist Magie?“, fragte die Erle zu seiner Rechten.
    „Sprich, und du bist frei. Schweige oder fehle und du wirst wie wir“, sagte die Erle zu seiner linken.
    Kwin legte den Kopf zur Seite, als er die Frage hörte und wollte es nicht glauben. Zum fünften Mal hatte er eine Frage erhalten, die über sein zukünftiges Leben entschied und nun sollte er über etwas Auskunft geben, wovon er keine Ahnung hatte. Wut kroch in ihm empor wie Efeuranken an einer Hauswand. Die Prüfung, wertlos ohnehin, schien ihm mehr und mehr zu einer Posse zu verkommen, die scheinbar nicht mehr Sinn machte, als eine gebratene Forelle in einem Apfelkorb. Ein grausames Lächeln umspielte seinen Mund, als er sagte: „Magie ist ein gebackener Fisch inmitten einer endlosen Wüste.“
    „Falsch“, rief die Erle auf der linken Seite.
    „Nein! Nicht falsch!“ entgegnete Kwin heftig. „Die Antwort ist richtig! Und wahr obendrein. Denn wäre ich ein Magier, müsste ich mich nicht von Wurzeln und Beeren nähren, sondern äße Brot und Kartoffeln, Gemüse und - gebackene Forellen. Magie ist die Kunst, das Unmögliche möglich zu machen.“
    „Dein sagenhaftes Glück ist bekannt, Tischler. Deine Antwort gilt. Geh!“
    Vielleicht war es die Müdigkeit, die sich in Kwin festgesetzt hatte, seit er den Weg der Bäume betreten hatte, die ihn hatte aufbegehren lassen. Er musste vorsichtiger sein, Antworten finden, die sein Leben nicht gefährdeten. Ihn schauderte bei dem Gedanken, hier, wie seine Vorgänger zu versagen und schließlich zu scheitern. Doch neben seiner Furcht spürte er auch den Ärger, der mit jeder weiteren Frage, die ihm gestellt wurde, neue Nahrung fand. Niemand hatte das Recht, sein Leben von seinen eigenen Antworten abhängig zu machen. Aber die Wut gab ihm auch neue Kraft gab. Entschlossen schritt er voran und erreichte zwei Weiden, deren tiefhängende Äste fast die Erde berührten. Kwin bückte sich tief, bevor er zwischen ihnen anhielt.
    „Wer steht für dich ein?“, fragte die Weide zu seiner Rechten.
    „Sprich, und du bist frei ...“
    Da war es um seine Fassung geschehen. Die angestaute Angst, verbunden mit seinem gerechten Zorn brach unvermittelt aus ihm heraus. „Ja!“, rief er aufgebracht. „Es ist mir bekannt, dass mein Schweigen oder die falsche Antwort mich zu einer“, Kwin kniff die Augen zusammen und betrachtete kurz den Baum auf der rechten Seite. „... mich zu einer Weide macht. Für den Rest meines Lebens, wie ich annehme.“
    Schweigen senkte sich über das schmale Stück des

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