Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)
Gitternetz war lückenlos. Alep und Wigget ließen sich enttäuscht auf ihren Plätzen nieder, als plötzlich und ohne Vorwarnung die Zellentür aufgestoßen wurde. Pretorius trat in den Raum. Er schloss die Tür und legte augenblicklich jenen Bannzauber über Alep und Wigget, der sie schon in der Schmiede zur Unbeweglichkeit verdammt hatte.
„Wie gehen die Geschäfte, Ränkeschmied?“, fragte Wigget.
Doch diesmal war Pretorius nicht gewillt, die spitze Zunge des Drachen zu ertragen. Es bedurfte nur einer Handbewegung des Magiers und Wigget wurde quer durch den Raum geschleudert. Dann sah Pretorius Alep an. „Wo sind deine Freunde, allen voran der Tischler und der Troll?“
„Woher soll ich das wissen?“, fragte Alep. „Ich habe die vergangenen Tage in diesem Loch gesessen.“
„Was denn?“, fragte Wigget mit gepresster Stimme, „geraten Eure Pläne in Gefahr?“ Mit verzerrtem Gesicht wandte Pretorius sich zu Wigget. Wieder wurde der Drache emporgehoben und durch den Raum geschleudert. Krachend schlug er gegen die Wand und fiel klatschend zu Boden.
„Ich weiß“, begann Pretorius, „dass du in der Nacht, nachdem wir uns das erste Mal begegnet sind, mit Prinz Rendon zusammengetroffen bist. Leugne es nicht. Ich kenne jeden Einzelnen, der an der Verschwörung beteiligt ist. Was habt ihr in jener Nacht ausgeheckt?“
Alep erinnerte sich nur zu gut daran. Rendon, Yanea und ihre Bewahrer hatten versucht, ihn, Kwin und Prak auf ihre Seite zu ziehen, und gemeinsam mit Pail und Taukon sich dem Talikon zu stellen. Alep sah Pretorius an. „Nichts ist dort geschehen, was nicht schon jeder zuvor gewusst hat. Rendon hat mich vor dir gewarnt. Er und Yanea sind hinter dein so gut gehütetes Geheimnis gekommen. Sie wussten von deinen Plänen, oder ahnten es zumindest.“
Pretorius verzog abfällig den Mund. „Ich gebe dir eine Stunde Zeit, dir zu überlegen, ob du mir freiwillig alles sagst, was ich wissen will, oder ob du lieber für deine Freunde leiden willst.“ Pretorius drehte sich um, löste den Zauber, der die beiden gefangen hielt, und verließ den Raum.
Mühsam versuchte Wigget, sich auf seine kurzen Beine zu rollen. Dann kam er torkelnd auf Alep zu, der ihn vom Boden aufhob und auf dem Tisch wieder absetzte. „Du hast eine zu große Klappe, Wigget. Die bringt dich noch mal vorzeitig ins Grab. Und mich mit dir.“
„Das wäre nicht das erste Mal“, schnaufte Wigget unter Schmerzen.
„Lass sehen, was du dir getan hast.“ Alep untersuchte ihn, fand aber zu seiner Überraschung keine Verletzungen, außer ein paar kleineren Schürfwunden. Der kleine Drache war zäh. Wigget stellte sich mühsam auf die kurzen Beine und sagte: „Wir müssen hier heraus. Habt Ihr noch die Drachenschuppe?“
„Ja!“ Alep fingerte an seinem Brustbeutel und holte sie hervor. „Und jetzt?“
„Ihr seid der Magier. Seht zu, was Ihr damit auszurichten vermögt. Alles, was wir brauchen, ist ein Durchlass von Eurer Breite.“
„Warum hast du mich nicht direkt an die Schuppe erinnert.“
„Ihr seid noch in der Ausbildung. Ich hatte gehofft, es fällt Euch alleine ein.“
Alep wog die Schuppe in der Hand. Er setzte sich zurecht und versank augenblicklich in seine Zweitsicht. Das blaue Gitter leuchtete hell vor seinen Augen, als er nach einem der Stränge griff. Diesmal versenkte er sich in das Muster der Drachenschuppe und spürte zum ersten Mal seit langem wieder die Gegenwart der Magie. Die Schuppe ebnete ihm augenblicklich den Weg. Er nahm die Magie in sich auf und schon bald erfüllte sie ihn mit neuer Kraft.
Alep bewegte sich zur Tür. Hier waren die Stränge des Gitters kräftiger und dichter. Doch mit der Magie, die er mit Hilfe der Schuppe beherrschte, fiel es ihm nicht schwer, die Stränge nach oben und nach unten zu drücken, ganz wie es ihm beliebte. Er entschied sich für den Bereich in Fußbodennähe, dort war das Gitter schwächer. Es dauerte einige Zeit, bis er die Stränge soweit verschoben hatte, dass ein Loch entstanden war, groß genug, dass er hindurchschlüpfen konnte. Zuletzt öffnete er die Tür einen Spaltbreit, indem er durch die Maschen des Netzes hindurch griff und die Klinke herabdrückte. Dann kehrte er zu Wigget zurück.
„Ich glaube, ich habe es geschafft! Wie geht es dir?“
„Besser als Euch! Gute Arbeit“, lobte Wigget mit einem Blick auf die Tür. „Ihr habt das mit Euren Händen getan, richtig?“
„Ja“, antwortete Alep. „Wie sonst?“
„Ihr macht es Euch jedes Mal
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