Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)
Tunnel führte, fiel steil ab. Alep hatte Mühe, sein Gleichgewicht zu bewahren. Vor ihm zuckten die Flammen der Fackeln und warfen wilde Bilder von Licht und Schatten an die Tunnelwände. Die feuchte Erde um ihn her hatte die Luft hier unten verdorben. Sie roch abgestanden und muffig und machte jedem das Atmen zur Qual. Alep folgte dem Tunnelverlauf. Plötzlich erlosch das Fackellicht. Nach einem weiteren Schritt prallte er in N’Guchas Rücken. Von vorne ertönte die dumpfe Stimme des Trolls: „Wir sind da. Ich steige jetzt nach oben“
Alep wartete mit angehaltenem Atem. Niemand regte sich. Nach einer endlos scheinende Zeit erklang die Stimme des Trolls von neuem: „Alles ruhig. Kommt herauf.“
Einer nach dem anderen stieg nach oben. Kwin musste Twist von unten anschieben. Als der Kopf des Hundes auftauchte, packte Prak zu und zog ihn herauf.
Als alle im Keller standen, entzündete Prak eine Fackel. Der Raum war leer. Es gab keinen Ausgang. Der Troll ging auf eine Wand zu und führte seine Hand eine unscheinbare Fuge entlang. Es klickte. Prak lehnte sich mit seinem Gewicht gegen die Mauer und schob. Mit einem beständigen, aber leisen Schaben öffnete sich eine Tür in der Wand und schwang auf. Die Gefährten eilten durch die Tür und erkundeten den dahinter liegenden Raum. Alep trat durch die Tür und im Schein von Praks Fackel erkannte er überall Stapel und Ballen und Kisten voller Handelswaren. Sie befanden sich im Keller eines Lagerhauses!
Die Gefährten durchquerten schweigend die Halle und versammelten sich am anderen Ende des Lagers am Fuße einer Treppe. Prak stieg die Stufen als erster hinauf, die anderen folgten.
Oben angekommen bot sich ihnen das gleiche Bild. Vor ihnen erstreckte sich eine weite Lagerhalle, die mit allen möglichen Handelsgütern bis unter die Decke vollgestopft war. Neben der Treppe führte ein breiter Gang zwischen den Regalen hindurch zum Ausgang. Alep nickte dem Troll zu und folgte ihm wachsam.
So viel Glück kann es gar nicht geben, sagte Wigget. Irgendwo hier muss doch zumindest ein Wächter... Still, ich höre jemanden.
„Keiner rührt sich“, zischte Alep.
Dort vorn, in dem Bretterverschlag gleich neben dem Eingang, sagte Wigget.
Mit angehaltenem Atem schlich Alep hinüber. Ein leises Schnarchen kündete von der Anwesenheit eines Wächters. Alep betrat die Unterkunft und erkannte im Licht des durch das kleine Fenster herein scheinenden Mondes einen Mann in der Kleidung eines Hafenarbeiters. Ein Nachtwächter. Alep trat ans Kopfende der Pritsche, hob seinen Eschenstab, richtete die Klinge auf die Kehle des Wächters und ließ sie unverrichteter Dinge wieder sinken.
Was ist mit Euch? Weshalb zögert Ihr?
Das kann ich nicht tun.
Euer Zaudern bringt uns alle in Gefahr. Tretet beiseite, ich tue es.
Nein! Alep drehte den Eschenstab und schlug das stumpfe Ende gegen die Schläfe des Schlafenden. Er beugte sich hinab und presste sein Ohr an die Brust des Wächters. Alep spürte den Herzschlag und richtete sich wieder auf. Er fesselte und knebelte den Fremden mit dessen Kleidern und kehrte zu den anderen zurück.
Ihr seid ein guter Mensch, Magier, und das wird Euer Untergang sein. Was ist, wenn der Wächter aufwacht und sich befreien kann?
Das wird nicht geschehen. Ich habe ihn in einen tiefen Schlaf versetzt. Morgen wird irgendwer ihn finden, ihn befreien und er wird sich an nichts mehr erinnern können.
Alep gab den wartenden Gefährten mit einem Handzeichen zu verstehen, dass alles in Ordnung war. Prak öffnete die nächste Tür und Wigget schlüpfte hindurch. Wenig später meldete er sich bei Alep.
Alles still, Magier, kommt heraus.
Alep trat als erster auf die Straße.
Tallis Lomen
Nahe dem Chetekkenlager wurde Tallis Lomen langsamer und auch sein Lied sang er jetzt mit leiserer Stimme und verstummte schließlich ganz, als ihm ein riesiger Nat Chatka fauchend in den Weg trat. Tallis Lomen blieb stehen, legte seinen Kopf in den Nacken und strahlte das hoch über ihm aufragende Echsenwesen freundlich lächelnd an.
„Fleisch auf zwei Beinen. Totes Fleisch“, sagte der Nat Chatka und hob seine dornenbesetzte Keule. Tallis Lomen streckte seine geöffnete Hand nach oben, sprach ein Wort und das Echsenwesen verharrte in seiner Bewegung. Leblos stand es dort, gekrümmt, die Keule hoch erhoben, die Augen geistlos und stumpf auf sein Opfer gerichtet. Tallis Lomen tätschelte die Hüfte des Chetekken und marschierte ungerührt weiter. Ein Böttcher zu sein
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