Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)
Gegenwart, so wie jeder andere der Familie auch. Wenn es ums Wohlergehen seines Hahns ging, verstand Velde Elders keinen Spaß. Dies war einer der seltenen Augenblicke, in denen Alep seinen Bruder nicht um dessen Stellung als Nachfolger beneidete.
Langsam entspannte Bak sich wieder. Noch immer betrachtete er seinen Vater. „Es tut mir leid“, erklärte er mit zusammengebissenen Zähnen.
Jeder am Tisch wusste, wie viel Qual diese Entschuldigung Bak bereitete. Alep fühlte mit ihm, hatte aber keine Gelegenheit, seinen Bruder zu trösten, ohne sich selbst dem Zorn Veldes auszusetzen. Also hielt er den Mund.
Es war Großmutter, die - wie jedes Mal - den Hausfrieden wieder herstellte. „Aber Bak“, tadelte sie ihn sanft „Unser Hahn ist etwas Besonderes. Er weckt uns nicht nur zur rechten Zeit - bei Sonnenaufgang, sondern schickt uns auch zur rechten Zeit ins Bett.“
Die Stimmung war dahin. Bald darauf zog man sich zurück, um wenigstens noch einige Stunden zu schlafen. Kwin und Borken schliefen im Gästezimmer, Tür an Tür mit Alep und Bak. Als Kwin gerade aus seinen Hosen stieg, womit er vom vielen Wein seine liebe Not hatte, trat Borken vor ihn hin.
„Der Holzdrache, den du dem jungen Elders geschenkt hast - welche Eigenschaften hat er?“
„Ich kann es nicht sagen“, gestand Kwin. „Ich habe alle Figuren während meiner Zeit im Spahnwald geschnitzt. Wenn sie fertig waren, habe ich sie in den Rucksack gelegt und nie wieder hervorgeholt. Erst als ich zurück war und meinem Vater den kleinen Fuchs überreichte, bemerkte ich, dass der Drache aus lebendigem Holz ist. Ich kann mir nicht erklären, wie es dazu gekommen ist. Sicher ist, dass ich für die Figuren kein lebendiges Holz verwendet habe.“
„Merkwürdig.“ Prüfend betrachtete Borken seinen Schüler. Kwin wusste nicht, was seinen Meister so nachdenklich stimmte. Schließlich hatte er den Drachen überprüft. Auch wenn er sich nicht mehr erinnern konnte, welchen Gedanken er bei seiner Herstellung nachgegangen war und welche Eigenschaften somit in die kleine Holzfigur eingeflossen waren, war er doch überzeugt, dass der Drache für Alep nicht gefährlich war.
„Wir wollen es dabei bewenden lassen. Selbst ich könnte jetzt nicht mehr rückgängig machen, was du angerichtet hast. Wir wollen beide hoffen, dass dem jungen Elders daraus kein Schaden entsteht. Von nun an verwendest du totes Holz für deine Schnitzereien. Und beim nächsten Mal fragst du mich, bevor du eigenwillig etwas Neues beginnst.“
Tags darauf begannen die Elders, Velde, Bak und Alep, gemeinsam mit Borken und Kwin die Errichtung von Großmutters neuer Kräuterküche. Nachdem der Anbau fertig war, beauftragte Borken seinen Schüler mit dem Bau der Innenausstattung und machte sich allein auf den Heimweg. Für Kwin war es ein Geschenk, noch ein paar Tage bei den Elders bleiben zu dürfen, und er dankte Borken überschwänglich.
Als er die Kräuterküche einige Tage später an Oma Elders übergab, waren die Elders voll des Lobes für seine ausgezeichneten Arbeiten. Entgegen seinem Versprechen, das Kwin Borken gegeben hatte, hatte er für einige ausgesuchte Regale lebendiges Lindenholz verarbeitet. Das weiße Lindenholz machte sich gut im Kontrast zum hellbraun der aus Lärchenholz gefertigten Wände der kleinen Kräuterküche. Nachdem alle einen ausgiebigen Blick auf Kwins Arbeiten geworfen hatten, wobei anerkennend genickt und gebrummt worden war, bat Kwin Oma Elders für einen kurzen Augenblick nach draußen.
„Ich habe eine kleine Überraschung für Euch. Die Regale, die unter dem Südfenster stehen und jene, die an der Ostwand befestigt sind, haben besondere Eigenschaften. Magische Eigenschaften. Die Ablagen am Fenster trocknen das eingelegte Kraut schneller, wobei alle im Kraut enthaltenen Eigenschaften vollständig erhalten bleiben. Die Regale an der Ostwand bewirken das Gegenteil. Sie halten das hinterlegte Kraut weit über die übliche Zeit frisch. Aber seid vorsichtig, wenn ihr dort Wurzeln aufbewahren wollt. Es kann sein, dass Euch über Tag und Nacht ein Baum oder Strauch wächst, der sich nicht von den Zimmerwänden aufhalten lässt, bevor er durch Euer Dach stößt. Um eins aber möchte ich Euch noch ...“
„Ich kann es mir schon denken. Mach dir keine Sorgen. Ich werde Meister Borken nichts davon sagen. Allerdings, wenn er von selbst dahinterkommt, kann ich auch nichts ändern.“
„Woher wusstet Ihr, worum ich Euch bitten wollte?“
„Ich bin alt, ja, aber
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