Der falsche Auserwählte (Ein Artesian Roman) (German Edition)
und nahm behutsam seinen Kopf. Mit feuchten Augen sah er flehend zu Alep hinüber.
Alep nickte mit ernster Miene. „Ich will es versuchen.“
Prak nahm wortlos zum Waldrand hin Aufstellung und bewachte die Gefährten. Noch immer lagen die Konturen des Ebers über seinem Gesicht.
Alep legte beide Hände auf Twists Körper und tastete vorsichtig darüber. Dann versenkte er seinen Geist, kurz nur und er drang auch nicht so tief ein, wie er es bei Kwin getan hatte.
Der Wolfshund hatte keine innere Verletzungen erlitten, und Alep stellte überrascht fest, dass es bei weitem nicht so schlecht um ihn stand, wie er anfangs befürchtet hatte. Auch spürte er Twists starken Willen, der sich kräftig gegen die Bewusstlosigkeit aufbäumte.
Der Kopf des Hundes war wie durch ein Wunder unverletzt geblieben. Die Schwellungen auf Stirn und Hinterkopf würden von allein vergehen. Einige Rippen und beide Vorderbeine waren gebrochen. Das meiste Blut trat aus einer Fleischwunde am Brustkorb aus, die nicht allzu tief in den Körper reichte. Dort wollte Alep beginnen. Er gab die Zweitsicht auf und löste seine Hände vom Körper des Hundes.
Alep erinnerte er sich an Wiggets Ratschlag in der Höhle und fragte sich, welche Worte hier wohl angebracht wären. Die altehrwürdige Sprache, die der Drache häufig benutze, wäre sicher wirkungsvoll, aber da gab es noch jemand anderen, in dessen Sprache weit mehr Magie lag, als in allen anderen, die Alep je gehört hatte - die Sprache des Golems.
Er sammelte sich und spürte die Energien der Erde, die zu ihm kamen, als er sie rief. Erleichtert, weil er ihr Ausbleiben gefürchtet hatte, formte Alep das Bild eines unverletzten Twist in seiner Vorstellung.
Dann sagte er:
„Verletzungen durch Schlag und Stich,
im Innern und äußerlich
verheilen auf der Stelle, schnell,
und auch das Fell glänzt wieder hell.“
Sofort waren die Blutungen gestillt. Dann schlossen sich nacheinander die Einstichstellen. Haut und Fell wuchsen in wenigen Augenblicken nach. Je weiter die Heilung Twists fortschritt, desto kräftiger spürte Alep das Leben in den malträtierten Körper zurückkehren. Zuletzt hörten sie ein schabendes Geräusch und sahen, wie sich die Vorderläufe des Hundes wieder in ihre natürliche Stellung drehten. Und dann geschah etwas, das Alep und Kwin gleichermaßen in Staunen versetzte. Das dunkelgraue Fell des Hundes änderte seine Farbe, bis es silbergrau in der Mittagssonne glänzte. Dann lag Twist ausgestreckt da als wenn er schliefe. Kwin sah verblüfft auf. Alep hob in ehrlichem Entsetzen seine geöffneten Hände, als wollte er um Entschuldigung für seinen Fehler bitten.
„Wird er leben?“, fragte Kwin ängstlich, bevor Alep etwas sagen konnte.
„Ich weiß es nicht“, erwiderte Alep mitfühlend. „Die Verletzungen waren zum Glück nicht so schwerwiegend, wie es den Anschein gehabt hatte.“ Er zuckte hilflos die Schultern. „Wir müssen abwarten.“
Die Stunden verstrichen langsam. Alep hoffte inständig, nichts übersehen zu haben. Er hatte mit seinen Sinnen alles abgetastet. Nach dem Richten der Knochen war seiner Meinung nach keine Verletzung mehr zurückgeblieben. Und keine Wunde war wirklich lebensbedrohlich gewesen.
Es begann mit einem Zucken der rechten Pfote. Dann folgte eine fahrige Bewegung mit der Rute. Kwin sah freudestrahlend zu Alep hinüber. Beide waren erleichtert. Dann endlich hob Twist seinen Kopf, und nach einigen Versuchen stand er auf allen Vieren, kräftig unterstützt von Kwin. Wieder traten Kwin Tränen in die Augen, diesmal aber waren es Tränen der Freude. Er umarmte Twist überschwänglich und überschüttete ihn mit Vorwürfen und Lobgesängen. Das silberfarbene Fell glänzte prächtig im Sonnenschein. Nun sah Twist wirklich aus wie ein Wolf. „Danke, Alep!“
Alep zuckte die Schultern und erhob sich. Er ging zu Prak hinüber. Alep musste den Kopf in den Nacken legen, um den Troll anschauen zu können. Die Konturen des Ebers waren vollständig verschwunden.
Mit einem boshaften Blick sagte Prak: „Unsere Auseinandersetzung ist nicht aufgehoben, nur unterbrochen. Ich habe die Beleidigung nicht vergessen.“
Alep zuckte resignierend mit den Schultern. Dann fragte er: „Was ist vorhin mit dir geschehen?“
„Du weißt auch das nicht, oder? Nein! Natürlich nicht. Ich bin der Enkel der Schamanin. Als ich geboren wurde, hat sie mich mit meinem Schutzgeist verbunden. Seine Züge hast du gesehen, als wir gekämpft haben.“ Prak
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