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Der falsche Engel

Der falsche Engel

Titel: Der falsche Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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adressiert, sondern an mich. Wegen der Bullen und KGB-Leute hatte er keine Bedenken, aber er hat gewusst,
     bei der Ärztin, die mir helfen will, würde ich weich werden.
    Angela kannte das an sich seit langem: Solange man Druck auf sie ausübte, sie austricksen wollte, hielt sie sich eisern. Aber
     sobald jemand Mitgefühl mit ihr zeigte, war es aus mit ihrer Wachsamkeit. Und was sie selbst von sich wusste, das wusste selbstredend
     auch Schamil Ismailow.
    Nein, ich habe Julia nichts erzählt, dachte sie, bemüht, sich zu beruhigen, trotzdem hab ich ihr fast alles erzählt. Warum
     hab ich den Namen Gerassimow erwähnt? Und dann vor ihren Augen sein Foto zerrissen? Schamil kennt mich in- und auswendig und
     ist beunruhigt wegen der Ärztin. Womöglich arbeitet sie mit denen zusammen. Zumindest weiß sie, mit wem ich befreundet bin.
     Oder nicht? Na schön, angenommen, aus meinen Gesprächen mit ihr lässt sich schließen, dass ich nicht von unbekannten Rowdys
     zusammengeschlagen wurde, sondern von meinem Freund Schamil Ismailow. Und weiter?
    Das Handy klingelte. Es war zwei Uhr nachts. Das verdammte Spielzeug gab nicht nur ein melodisches Klingeln von sich, es vibrierte
     auch noch. Es zappelte in der Schlafanzugtasche herum. Angela kroch aus dem Bett und schlurfte brav ins Bad.
    »Ist es dir eingefallen?«, fragte Schamil leise und einschmeichelnd.
    »Hör mal, wieso nervst du mich, he? Du solltest lieber diesen Idioten Gerassimow nerven!«, herrschte Angela ihn leise an.
    Sie hatte nicht überlegt, was sie sagte, sie verteidigte sich einfach, indem sie ihn angriff. Die Antwort war eine lange,
     ungute Pause. Angela merkte, dass sie etwas Falsches gesagt hatte.
    Tatsächlich, warum hat er Gerassimow nicht angerührt, fuhr es ihr durch den Kopf, und um ihre Unruhe zu übertönen, sagte sie
     so geringschätzig wie möglich: »Bist du ein Mann oder nicht? Dein Mädchen ist furchtbar beleidigt worden. Also, Dshigit, wieso
     liegt dieses Schwein nicht längst im Grab?«
    »Ich hab dich was gefragt: Ist dir wieder eingefallen, worüber du mit der Ärztin gesprochen hast?«, entgegnete Schamil kalt.
    »Was soll mir da wieder einfallen! Im Auto lief Musik. Wertinski. Kennst du natürlich nicht. Jedenfalls, ich hab ihr erzählt,
     dass ich einen Clip aus einem seiner Songs machen wollte. Und nachdem du angerufen hast, hab ich ihr erklärt, das wäre Gena
     gewesen. Das ist alles. Bist du jetzt zufrieden?«
    »Hast du mit ihr über Gerassimow gesprochen?«, fragte Schamil leise.
    Angela bekam eine Gänsehaut. Schamil hatte gute Kontakte zu den drei größten kriminellen Banden in Moskau. Er konnte durchaus
     dafür gesorgt haben, dass alle ihre Gespräche mit der Ärztin abgehört und ihm übermittelt wurden.
    »Du bist wirklich eine Nervensäge«, knurrte Angela und gähnte laut in den Hörer. »Ich habe mit der Ärztin über meine Operationen
     gesprochen und sie gebeten, mir ein Schmerzmittel zu verschreiben, meine Narben jucken, ich kann nicht schlafen. Dann hab
     ich sie gefragt, wie das Fenster aufgeht. Sie hat es mir gezeigt, mich aber ermahnt, ich müsse Zug meiden, ich dürfe mich
     auf keinen Fall erkälten, denn beim Niesen könnten die Nähte aufplatzen. Und, interessiert dich das? Soll ich weiterreden?«
    »Red weiter!«
    »Mein Gott, du bist mehr als bloß eine Nervensäge, du bist der Weltmeister der Nervensägen. Außerdem haben wir noch über Musik
     gesprochen, über Wertinski. Und ich hab mich über Gena beklagt, weil er mich nicht abgeholt und mir nicht mal Geld für ein
     Taxi dagelassen hat.«
    »Aha. Weiter.«
    »Dann hat sie sich die Fotos angesehen, die in meinem Zimmer rumlagen. Kann sein, dass auch eins von Gerassimow dabei war.
     Aber wir haben nicht speziell über ihn gesprochen. Reicht dir das? Und bitte, ich flehe dich an, erinnere mich nicht mehr
     an diesen Idioten. Wenn du ihnschon nicht in Stücke reißen kannst, erwähn ihn mir gegenüber wenigstens nicht mehr, ja?«
    »Gute Nacht«, antwortete Schamil, und gleich darauf tutete es im Hörer.

Achtundzwanzigstes Kapitel
    »Ohne gründliche Untersuchung kann ich gar nichts sagen«, erklärte der Krebsspezialist, nachdem er Wladimirs Bauch abgetastet,
     ihm in den Rachen und unter die Augenlider geschaut hatte. »Waren Sie in Russland beim Arzt?«
    »Sie haben gesagt, ich hätte Magenkrebs und Metastasen in Leber und Lunge.«
    »Vielleicht sollten Sie sich bei uns noch einmal untersuchen lassen?«, fragte der Arzt mit gesenkter Stimme. »In

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