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Der falsche Freund

Titel: Der falsche Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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schloss ich.
    »Haben Sie denn Angst?«
    »Ich?« Ich schüttelte den Kopf. »Es geht dabei nicht mehr um mich. Beim nächsten Mal wird es andere treffen. Oder sehen Sie das nicht so?«
    »Schwer zu sagen.«
    »Sie haben selbst gemeint, dass er gefährlich klingt. Alles deutet darauf hin.«
    »Möglich.«
    »Er hat seine Schule angezündet. Würden Sie das nicht als Symptom einer geistigen Störung werten?«
    »Sie haben mir keine Einzelheiten erzählt. Wurde er wegen der Brandstiftung bestraft? War er danach irgendwie in Behandlung?«
    Ich holte tief Luft.
    »Das Ganze konnte ihm nie nachgewiesen werden.«
    »Hat das seine Schwester gesagt?«
    »Nicht explizit, aber zwischen den Zeilen war es deutlich herauszulesen. Sehen Sie denn nicht, dass hier ein klares Muster vorliegt? Alles passt genau ins Bild. Es stimmt doch, dass Brandstiftung im Kindesalter zu den frühen Anzeichen für späteres psychopathisches Verhalten gehört, oder etwa nicht?«
    Ich hatte inzwischen meinen Kaffee ausgetrunken, und Don nahm mir sanft die Tasse aus der Hand.
    »Diese Unterhaltung läuft ganz und gar nicht so, wie ich das geplant hatte«, bemerkte er.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Eigentlich hatte ich auf eine Gelegenheit gehofft, Ihnen zu sagen, wie sehr ich mich freue, dass Sie hier für mich arbeiten, und wie nett ich es fände, wenn wir mal zusammen auf einen Drink gehen könnten. Ich hatte vorgehabt, gleich hinzuzufügen, dass Sie bestimmt dauernd solche lästigen Angebote bekommen.
    Und dann hätte ich mich wahrscheinlich noch entschuldigt, weil es für eine Frau wie Sie bestimmt unmöglich ist, in Ruhe ihre Arbeit zu machen, ohne ständig von Leuten wie mir belästigt zu werden.«
    Ich konnte mir ein Lächeln über seine Worte nicht verkneifen.
    »Und stattdessen rede ich schon wieder von nichts anderem als diesem Psychopathen.«
    »Genau«, antwortete Don. »Hoffentlich habe ich Sie jetzt nicht gekränkt.«
    »Ich bin nicht so leicht zu kränken.«
    Don sah mich einen Moment an, als versuchte er herauszufinden, ob das der Wahrheit entsprach.
    »Sie machen mir ein bisschen Sorgen. Irgendwie scheinen Sie meine Warnungen vom letzten Mal nicht ganz ernst genommen zu haben.«
    »Warum macht Ihnen das Sorgen?«
    »Sie hätten nicht zu diesen beiden Frauen fahren sollen.«
    »Sie glauben, ich habe mich dadurch in Gefahr gebracht?«
    Er nahm einen Schluck Kaffee und verzog dann angewidert das Gesicht.
    »Kalt«, stellte er fest. »Sie sollten da ein bisschen vorsichtig sein. Es ist meist keine so gute Idee, sich zu sehr in das Leben anderer Menschen einzumischen.«
    »Ich hab Ihnen ja gesagt«, erwiderte ich in etwas heftigerem Ton, »dass Brendan gefährlich ist. Oder sind Sie anderer Meinung?«
    »Manche meiner Kollegen erstellen für Sozialarbeiter Gutachten über gefährdete Kinder. Hin und wieder kommt so ein Kind ums Leben, und dann wird den Sozialarbeitern, den Psychiatern und der Polizei vorgeworfen, sie hätten von der Gefährdung des Kindes gewusst und trotzdem nichts unternommen. Was die Presse in einem solchen Fall nicht erwähnt, sind die unzähligen anderen Kinder, die ebenfalls in dieser Grauzone von Armut, Schutzlosigkeit, Gefährdung und Hoffnungslosigkeit leben. Trotzdem überstehen es die meisten von ihnen mehr oder weniger unbeschadet. Es gibt keine magische Checkliste, Miranda. Sie glauben gar nicht, wie viele von den Leuten, mit denen ich zu tun habe, auf der Kippe stehen. Bei den meisten kann man alle Kästchen ankreuzen. Sie sind als Kinder schikaniert, geschlagen und sexuell missbraucht worden. Und ja, viele von ihnen haben wahrscheinlich auch Brände gelegt. Egal, was die Experten in ihren Profilen schreiben, das macht einen trotzdem noch nicht automatisch zu Jack the Ripper. Das Wichtigste ist doch, dass dieser Typ aus Ihrem Leben verschwunden ist und Sie sich seinetwegen keine Gedanken mehr zu machen brauchen.«
    »Mal angenommen, Sie hätten einen Wagen verkauft und bekämen im Nachhinein eine Mitteilung, dass es lebensgefährlich sei, damit zu fahren, weil die Bremsen nicht mehr richtig funktionierten – würden Sie das Ganze einfach vergessen, Don? Würden Sie sich deswegen keine Gedanken machen?«
    Don wirkte irritiert.
    »Ich weiß nicht, Miranda. Ich muss sagen, dass ich Sie dafür bewundere. Sie verhalten sich in diesem Fall wie eine barmherzige Samariterin. Noch dazu für jemanden, den Sie gar nicht kennen. Zwei Punkte wären mir trotzdem noch wichtig: Erstens: Man kann Menschen nicht mit Autos

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