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Der falsche Freund

Titel: Der falsche Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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Whiskyflasche und vier Gläser aus dem Schrank.
    »Du musst hier gewesen sein«, sagte ich noch einmal.
    »Anders ist es gar nicht möglich.«
    »Ich habe erst mit Kerry das Haus vermessen, und dann war ich beim Einkaufen«, antwortete Brendan. »Danach habe ich mich mit Kerry zum Essen getroffen.« Kerry nickte. Sie wirkte immer noch geschockt über meinen Ausbruch von vorhin.
    »Dann bin ich zu Derek und Marcia, um Troy zu besuchen.« Er legte mir eine Hand auf die Schulter. »Ich habe heute Mittag kein Bad genommen, Mirrie.«
    »Aber …«
    »Hast du selbst vielleicht gebadet, bevor du gegangen bist?«
    »Ich würde niemals den Stöpsel stecken und das Wasser laufen lassen. So etwas passiert mir nicht.«
    »Das passiert so leicht. Wir haben so was in der Art doch alle schon mal gemacht.« Er wandte sich an Ken. »Sind Sie nicht auch dieser Meinung? Ich bin sicher, Miranda wird sich um alles kümmern. Außerdem ist sie ja vom Fach, deswegen kann sie Ihnen bestimmt beim Streichen und all dem helfen. Hmm?«
    »Ich war es nicht«, erwiderte ich hilflos.
    »Miranda«, mischte sich Kerry ein. »Niemand macht dir einen Vorwurf. Aber du hast als Letzte die Wohnung verlassen und vorher ein Bad genommen, oder?«
    »Aber ich …« Ich hielt inne. Eine unendliche Müdigkeit ergriff von mir Besitz. »Ich kann mich genau daran erinnern, dass ich die Wanne geputzt habe.«
    »Keine Sorge«, sagte Brendan in sanftem Ton. »Wir helfen dir, dieses Chaos wieder zu beseitigen.«
    »Ich verstehe das nicht.« Zu meinem eigenen Entsetzen spürte ich, dass mir die Tränen über die Wangen liefen.
    »Miranda! Hör zu …« Kerrys Stimme klang scharf.
    »Schhh!«, machte Brendan. Er nahm sie sogar kurz beiseite.
    Ich sah, wie sie das Gesicht verzog. Einen Moment lang wirkte ihr Mund hart.
    »Ist ja gut, ist ja gut!«, gurrte er anschließend in mein Ohr.
    »Ich bin ja da, Mirrie. Ich bin bei dir!«

    Ich zog die Schlafzimmertür hinter mir zu und griff nach dem Telefon.
    »Laura!« Ich sprach so leise, dass man mich nebenan nicht hören konnte. »Laura, du glaubst nicht, was passiert ist. Ich muss unbedingt mit jemandem darüber reden …«
    »Habe ich das jetzt richtig verstanden?«, fragte Laura, nachdem ich zu Ende erzählt hatte. »Willst du allen Ernstes behaupten, Brendan habe sich in deine Wohnung zurückgeschlichen und sie absichtlich überflutet?«
    »Ja.«
    »Warum um alles in der Welt sollte er das tun?«
    »Weil er ein ganz merkwürdiger Typ ist. Er hat in Bezug auf mich irgendeine Macke.«
    »Jetzt hör aber auf. Ich habe das Bad schon oft überlaufen lassen«, erklärte sie. »So was passiert ganz schnell.«
    »Mir nicht.«
    »Es gibt bei allem ein erstes Mal. Auf jeden Fall ist es eine plausiblere Erklärung als die deine, meinst du nicht auch?«
    »Ich kann mich ganz genau daran erinnern, dass ich die Wanne sauber gemacht habe. Ich sehe es noch richtig vor mir.«
    »Na bitte, da haben wir es ja schon. Du hast den Stöpsel wieder reingeschoben, die Wanne ausgespült und dann das Wasser laufen lassen.«
    Ich gab auf. Ich würde es nicht schaffen, sie zu überzeugen.
    Mittlerweile hielt ich es selbst schon fast für möglich, obwohl ich ganz genau wusste, dass es nicht so passiert war. Abgesehen davon fand ich es einfach zu anstrengend.

    13. KAPITEL
    Das Paar, das in dem Haus in Ealing wohnte, hatte zwei große Müllcontainer gemietet, die inzwischen fast voll waren. Als ich ging, spähte ich hinein. Zwischen alten Teppichen, angeschlagenen Tellern und kaputten Möbeln entdeckte ich einen noch recht neu aussehenden Computer, einen Laserdrucker, zwei Telefone, ein großes Ölgemälde von einem Windhund, mehrere Kochbücher, eine Stehlampe, einen Weidenkorb. Eigentlich müsste ich mich mittlerweile daran gewöhnt haben. Ich bekomme oft mit, dass die Leute Geräte wegwerfen, bei denen noch nicht mal die Garantie abgelaufen ist: Fernsehgeräte, Kochherde, voll funktionstüchtige Kühlschränke. Es gehört zu meinem Beruf, ständig neue Dinge herauszureißen und durch noch neuere zu ersetzen. Was letztes Jahr modern war, ist im nächsten schon wieder out. Ganze Küchen verschwinden in Müllcontainern, ebenso Badewannen, Betten und Schränke, Gartenhäuschen und kilometerweise Regale. In den Wertstoffsammelstellen türmen sich ganze Berge von unmodern gewordenen Möbeln und Elektrogeräten. Die Leute, für die wir arbeiten, sprechen immer davon, ihren Stil von Grund auf ändern zu wollen – als würden die Wohnlandschaften aus

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