Der falsche Freund
Edelstahl und Glas, die im Moment so angesagt sind, nicht bald wieder durch einen neuen Trend zum guten alten Holz abgelöst werden. Alles kehrt zurück.
Irgendwann fällt jedes Jahrzehnt in Ungnade, um dann in leicht veränderter Form wieder aufzuerstehen, genau wie der Schlag meiner Hosen, über die Bill immer lacht, weil sie ihn an die Siebziger erinnern, als er noch ein junger Mann war.
Verstohlen griff ich hinein und zog ein Kochbuch heraus.
Wenigstens das würde ich retten. Rezepte aus Spanien. Ich steckte es in die Tasche zu meinen Pinseln.
Zu Hause spülte Brendan gerade mit großem Brimborium ein paar Schüsseln ab, während Kerry am Herd stand und in einem Topf herumrührte. Sie wirkte gereizt.
»Wir kochen heute für dich«, erklärte sie.
»Das ist nett.«
Ich nahm ein Bier aus dem Kühlschrank und zog mich ins Bad zurück. Heißes Wasser von außen und kühlen Alkohol von innen, genau das brauchte ich jetzt. Ich lag in der Badewanne und fühlte mich angenehm benebelt, als plötzlich die Tür aufging und Brendan hereinkam. Erschrocken fuhr ich hoch und zog die Beine vor den Körper. Als wäre er ganz allein im Raum, stellte er sich vor die Kloschüssel gleich neben der Wanne und pinkelte. Nachdem er seinen Reißverschluss wieder zugezogen und sich die Hände gewaschen hatte, drehte er sich mit einem Lächeln zu mir um.
»Entschuldige mal!«, sagte ich in scharfem Ton.
»Ja?« Er baute sich vor mir auf.
»Raus hier!«
»Bitte?«
»Beweg sofort deinen Arsch hier aus! Ich bade gerade.«
»Dann hättest du die Tür zusperren sollen.«
»Du weißt genau, dass sie sich nicht absperren lässt.«
»Tja, so ein Pech.«
»Und runtergespült hast du auch nicht. Lieber Himmel!«
Ich stand auf und wollte nach dem Handtuch greifen, aber Brendan war schneller. Er zog es von der Stange und hielt es mir so hin, dass ich es gerade nicht erreichen konnte. Mit einem seltsamen Gesichtsausdruck, einer Art triumphierendem Grinsen, betrachtete er meinen nackten Körper. Er kam mir vor wie ein kleiner Junge, der noch nie eine nackte Frau gesehen hatte.
»Gib mir das verdammte Handtuch, Brendan.«
»Sei nicht so prüde, ich habe dich schließlich schon öfter nackt gesehen.«
Er gab mir das Handtuch, und ich wickelte mich darin ein.
In dem Moment ging die Tür auf, und Kerry kam herein.
Überrascht starrte sie uns an.
»Was ist denn hier los?«, fragte sie in scharfem Ton.
»Miranda hat die Tür nicht abgesperrt«, antwortete Brendan.
»Ich wusste nicht, dass sie im Bad ist.«
»Oh. Verstehe.« Sie sah mich an. Ich spürte, wie mir die Röte ins Gesicht stieg, und zog das Handtuch noch fester um meinen Körper.
»Die Tür hat kein Schloss«, erklärte ich, aber sie schien mir gar nicht zuzuhören.
»Das Essen ist gleich fertig«, sagte sie nach einer kurzen Pause. »Brendan? Kann ich mal kurz mit dir sprechen?«
»Oje«, antwortete Brendan mit einem Zwinkern in meine Richtung. »Nun kriege ich wohl eine auf den Deckel.«
Während ich mich anzog, sagte ich mir, dass es nun ja nicht mehr lange dauern konnte. Ein paar Tage würde ich es schon noch aushalten, dann konnte ich endlich wieder mein normales Leben führen.
Kerry hatte alles allein zubereitet, und das, obwohl sie mit Kochen eigentlich nicht viel am Hut hatte. Es gab Makkaroni mit Käse, Erbsen und Hackfleisch. Das Ganze war ziemlich pampig und leicht versalzen. Während meine Schwester mir eine riesige Portion auf den Teller lud, entkorkte Brendan schwungvoll eine Flasche Rotwein. Er schenkte mein Glas viel zu voll. Was soll’s, dachte ich. Vielleicht würde es mir gut tun, mich ein bisschen zu betrinken. Brendan hob sein Glas.
»Auf die Köchin!«, sagte er.
»Auf die Köchin!«, stimmte ich ein und nahm einen kleinen Schluck.
»Und auf dich«, antwortete Kerry und sah mich an.
»Unsere Gastgeberin. Danke, dass du uns Unterschlupf gewährst.«
Sie stießen beide mit mir an.
»Ist mir ein Vergnügen«, sagte ich, weil ich das Gefühl hatte, dass sie darauf eine Antwort erwarteten.
»Es freut uns, das zu hören«, sagte Brendan. »Vor allem in Anbetracht der Umstände.«
»Wie meinst du das?«
»Wir wollten dich etwas fragen«, antwortete Kerry.
»Was denn?«
»Na ja, also … das mit unserer neuen Wohnung hat nicht geklappt.«
Mein Gesicht fühlte sich plötzlich an wie eine Maske aus angetrocknetem Ton.
»Wieso denn das, um Gottes willen? Ihr hattet doch gesagt, es sei nur noch eine Frage von Tagen, bis ihr einziehen
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