Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der falsche Freund

Titel: Der falsche Freund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
Vom Netzwerk:
hier.«
    »Wirklich lieb von dir, aber ich habe trotzdem das Gefühl zu stören. Ich möchte deine Geduld auf keinen Fall überstrapazieren.«
    »Soll ich uns heute Abend was Schönes kochen?«
    »Ich bring was mit«, antwortete ich. »Curry und Bier.«

    Nachdem Laura in die Arbeit aufgebrochen war und ich den Frühstückstisch abgeräumt hatte, schaltete ich die Waschmaschine ein und saugte das Wohnzimmer. Ich nahm mir vor, ein großes Geschenk für Laura zu besorgen, wenn ich ihre Wohnung verließ.
    Dann fuhr ich in Bills Büro, das nur ein paar hundert Meter von seinem Haus entfernt lag, und begann herumzutelefonieren.
    Die Familie mit den Haustieren hatte bereits jemanden organisiert, der auf das Haus aufpassen würde. Die junge Frau, die in Shoreditch wohnte, wollte niemand Fremden in der Wohnung haben. Das Paar mit dem schönen Wintergarten hatte seine Pläne geändert und würde erst in ein paar Monaten ins Ausland gehen, aber die beiden Männer mit dem kleinen Haus in London Fields waren interessiert. Sie würden mich zurückrufen, sobald sie es miteinander besprochen hatten.
    Während ich wartete, begann ich mit der Buchhaltung. Es dauerte nicht lange, bis das Telefon klingelte. Sie würden in acht Tagen nach Amerika aufbrechen, voraussichtlich für drei Monate, möglicherweise aber auch länger, wenn alles gut lief.
    Sie hatten eigentlich nicht vorgehabt, sich jemanden ins Haus zu holen, aber nachdem es sich um eine persönliche Empfehlung handelte, hielten sie es eigentlich für eine gute Idee, vorausgesetzt, die neue Küche wurde während ihrer Abwesenheit trotzdem eingebaut, Kerry und Brendan zahlten eine kleine Miete, hielten das Haus sauber und gossen die Dattelpalme und den Orangenbaum im Bad.
    »In acht Tagen?«, fragte ich.
    »Ja.«
    Es handelte sich um ein sehr schönes Haus, viel größer als meine Wohnung und mit einem wunderbaren Blick auf einen Park. Es war mit einem runden Bad und dicken Teppichen ausgestattet, und sobald wir mit dem Einbau fertig waren, konnten Kerry und Brendan auch noch über eine neue Küche mit Edelstahlherd und Ceranfeld, schönen Fliesen und einem riesigen Sonnendach verfügen. Nicht einmal Brendan könnte etwas daran auszusetzen haben. In acht Tagen wäre meine Wohnung wieder frei. Ich würde mein Schlafzimmer gelb streichen und sämtliche Möbel austauschen, die Fenster putzen und alles rauswerfen, was mir nicht mehr gefiel.
    »Großartig«, antwortete ich. »Einfach großartig. Sie glauben gar nicht, was für einen Gefallen Sie mir damit tun.«
    Sofort rief ich Troy an und erzählte ihm die Neuigkeit. Durchs Telefon hörte ich ihn lächeln.

    Ich traf ein wenig früher als angekündigt in meiner Wohnung ein. Es brannte Licht, obwohl ich Kerrys Wagen nirgendwo entdecken konnte. Auf der Straße war es dunkel. Mühsam fummelte ich den Schlüssel ins Schloss und schob die Haustür auf. Ich hoffte, dass niemand da sein würde, aber wenn doch, würde ich ihnen von dem Haus in London Fields erzählen und versuchen, mit Kerry zu reden. Am Tag zuvor hatte ich das Gefühl gehabt, dass sie mir niemals verzeihen würde, aber heute sah die Sache ganz anders aus. Dabei hatte sich eigentlich nichts geändert, außer in meinem Kopf.
    Während ich die Treppe hinaufging, stieg mir ein Geruch in die Nase, der mich wütend vor mich hinmurmeln ließ. Es war schon schlimm genug, dass sie mich aus meinem Zuhause vertrieben hatten, da konnte man doch zumindest erwarten, dass sie die Wohnung sauber hielten. Als ich die Tür aufschob, stieß sie gegen etwas, das aber nachgab, als ich ein wenig fester drückte.
    Was ich als Erstes sah? Was ich als Erstes fühlte? Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Ich werde es nie wissen. Das alles bildet in meinem Kopf einen dicken, verworrenen Knoten schrecklicher Erinnerungen, von denen ich mich niemals werde befreien können.
    Stiefel mit abgestoßenen Spitzen, die ich schon Hunderte von Malen gesehen hatte, nur dass sie diesmal dreißig Zentimeter über dem Boden baumelten, darüber seine Segeltuchhose mit einem Fleck am Knie, in der Taille von einem Gürtel mit Schnalle zusammengehalten. In der Luft hing der Geruch von Kot. Auf dem Boden lag ein umgekippter Stuhl. In meinem Hals steckte wie ein dicker Aal die Angst.
    Ich schaffte es nicht hochzublicken. Aber ich musste. Ich musste ihm ins Gesicht sehen. Sein Kopf hing schief, sein Mund stand leicht offen. Ich konnte die Zungenspitze sehen. Um die Lippen war seine Haut bläulich verfärbt. Seine Augen

Weitere Kostenlose Bücher