Der falsche Mann
überspielen, den Eindruck abmildern, die andere Seite habe einen Treffer erzielt, und wenn ich dann mit meinen anschließenden Ausführungen am Ende bin, hat die Jury diesen Augenblick hoffentlich vergessen.
Nur war ich diesmal wirklich froh. » Der Park liegt nördlich vom Tatort, richtig?«
» Richtig.«
» Und Kathy Rubinkowskis Mörder hat sie aus südlicher Richtung erschossen. Er stand südlich von Kathy, als er abdrückte, richtig?«
» Einspruch«, sagte Wendy. » Diese Annahme ist noch nicht bewiesen.«
Ich schlackerte mit den Armen. » Euer Ehren, ich glaube nicht, dass irgendjemand diesen Umstand bezweifelt. Kathy Rubinkowski stand nach Süden gewandt, als sie frontal von einer Kugel getroffen wurde. Ihr Mörder muss also südlich von ihr gestanden haben. Die Anklage wird das später selbst ausführen, und ich werde dem nicht widersprechen. Muss ich deswegen wirklich eigens den Zeugen aufrufen, oder können wir in diesem Punkt übereinkommen?«
Dem Richter gefiel meine Idee. » Ms. Kotowski?«
» Einverstanden, einigen wir uns darauf«, sagte sie.
» Verzichten wir auf eine schriftliche Übereinkunft zugunsten einer mündlichen Aussage?«, fragte der Richter. Wird eine Übereinkunft nicht durch eine Zeugenaussage bestätigt, muss sie der Jury in Schriftform ausgehändigt werden. Der Richter schlug vor, dieses Prozedere durch eine Bestätigung der Anklage zu vermeiden.
» Absolut, Herr Richter«, sagte sie.
Ich stimmte ebenfalls zu. Dann wandte ich mich wieder an den Officer. Nach dieser Unterbrechung musste ich neuen Schwung holen. » Officer, sofern Ihre Aussage zutrifft, müsste mein Mandant, nachdem er seinen Unterschlupf im Park verlassen hatte, also zunächst in südlicher Richtung an dem Opfer vorbeigelaufen sein, um dann in nördlicher Richtung zurückzukehren und es zu erschießen. Ist das richtig?«
» Nun, vielleicht hat er sich zunächst um sie herumgeschlichen und beobachtet, ob sie wirklich ein leichtes Opfer war. Und als er das bestätigt fand, kam er zurück und griff sie an.«
Das war eine ziemlich gute Antwort. Vielleicht hätte ich diesen Kurs besser nicht eingeschlagen. Aber es war immer noch Zeit, aus sauren Zitronen süße Limonade zu machen.
» Das würde aber wohl Vorausdenken erfordern? Ein gewisses Maß an Planung?«
Er kicherte. » Nicht allzu viel.«
Er hatte recht. Er war ein würdigerer Gegner als erwartet. Trotzdem, die Limonade war in Reichweite. » Also, Ihrer Theorie nach raubt er sie aus und läuft dann in Richtung Süden – entfernt sich demnach vom Park –, bevor er sich umdreht und sie erschießt?«
Normalerweise probiere ich bei einem Zeugen nicht einfach spontane Ideen aus – bei einem guten Kreuzverhör geht es um Kontrolle, man will ein klares Ja oder Nein als Antwort, und kennt die Erwiderungen bereits, bevor sie gegeben werden –, aber in diesem Fall konnte ich nur darauf abzielen, dass die Anklage selbst den genauen Ablauf der Tat nicht kannte. Also war ich bereit, diesen Punkt den ganzen Tag immer wieder durchzukauen, solange Wendy keinen Einspruch erhob.
Doch das tat sie. Sie sprang auf. » Das führt jetzt aber deutlich zu weit«, sagte sie. » Das ist reine Spekulation, die jeglicher Grundlage entbehrt, und wir sind zu keiner Übereinkunft bereit.«
» Herr Richter«, sagte ich, » behauptet die Anklage nun, das Opfer wurde erst erschossen und dann ausgeraubt oder erst ausgeraubt und dann erschossen? Wenn die Staatsanwaltschaft sich bitte auf einen genauen Tathergang festlegen könnte, dann könnte ich meine Frage dementsprechend stellen. Andernfalls muss ich davon ausgehen – und bin da auch zu einer Übereinkunft bereit –, dass die Theorie der Anklage absolut spekulativ ist.«
» Euer Ehren, das ist lächerlich …«
Der Richter hob eine Hand. » Dem Einspruch wird stattgegeben. Meine Damen und Herren der Jury, bitte betrachten Sie Mr. Kolarichs Ansprache an Sie als gegenstandslos. Die Schlussplädoyers werden erst in ein paar Tagen gehalten. Fahren Sie fort, Herr Anwalt.«
» Ja, Euer Ehren. Nur noch ein paar kurze Fragen. Officer, sie haben Tom zugerufen, er solle die Hände aus der Handtasche nehmen, richtig? Sie haben sich als Polizeibeamter zu erkennen gegeben und ihn angewiesen, die Hände zu zeigen, stimmt das?«
» Das ist korrekt.«
» Aber er hat nicht darauf reagiert, oder?«
» Nein.«
» Ich gehe davon aus, dass ihr Stimme laut und befehlend war?«
» Das will ich doch hoffen.«
» Richtig, denn wenn Sie
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